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Bodo Wartke
Was, wenn doch?

Klavierkabarettprogramm

Aufführungsdauer: ca. 2 h 50' (eine Pause)

Veranstaltung der Emschertainment GmbH

Aufführung im Großen Haus im MiR am 25. September 2017



emschertainment GmbH
(Homepage)

Auf der Klaviatur der Gefühle

Von Thomas Molke / Fotos: © Sebastian Niehoff

"Klavierkabarett in Reimkultur" nennt der Pianist, Chansonnier und Entertainer Bodo Wartke selbst seine Kunst und beschreibt damit hervorragend, womit er im virtuosen Spiel am Flügel sein Publikum begeistert. Nach zehn Semestern Musikstudium auf Lehramt hat er nach eigenem Bekunden erkannt, dass ihm Musik mehr Spaß bereitet, wenn er sie auf seine eigene unnachahmliche Weise interpretiert, und blickt mittlerweile auf eine über 20-jährige erfolgreiche Bühnenkarriere zurück, die mit seinem ersten abendfüllenden Konzert am 16. November 1996 im Alter von 19 Jahren ihren Anfang nahm. Dabei stellt er sein vielfältiges Talent nicht nur mit Klavierkabarettprogrammen unter Beweis, sondern verfasste auch 2002 ein neues deutsches Libretto zu Offenbachs Orpheus in der Unterwelt, das 2003 in Norderstedt seine Erstaufführung erlebte. Mit seinem Solotheaterstück König Ödipus, einer Neudichtung frei nach Sophokles, feiert er seit 2009 große Erfolge. Mittlerweile wurde das Stück von mehreren Theatern auf den Spielplan gestellt. Im September 2015 hat Wartke sein fünftes Klavierkabarettprogramm unter dem Titel Was, wenn doch? herausgebracht und ist damit nun an einem Montag im nahezu ausverkauften Musiktheater im Revier zu erleben.

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Bodo Wartke, hier ganz nachdenklich...

Der Titel nimmt dabei Bezug auf die zahlreichen Fragen, die Wartke an diesem Abend sinnend und singend im Gepäck hat und mit denen er das Publikum zum Perspektivwechsel einlädt. Was wäre, wenn man doch andere Wege eingeschlagen hätte, wenn man nicht der Vernunft, sondern der Liebe gefolgt wäre? Mit diesen Fragen liefert Wartke in Reimkultur verblüffende Denkanstöße und wirft dabei einen augenzwinkernden Blick auf zwischenmenschliche Beziehungen. Dabei findet er sehr melancholische Töne, wenn im Song "Es reicht nicht" Mann und Frau schweren Herzens erkennen müssen, dass sie trotz aller Bemühungen nicht zueinander finden können, oder in "Happy End" festgestellt wird, dass es die glückliche Liebe nur im Kino gibt. Mit sprachlicher Akrobatik bewegt er sich dabei durch das Alphabet und findet in großartigen Reimen Erklärungen dafür, wieso B nicht zu A passt und Z nicht zu Y. Auch "Der Clown" ist ein trauriges Chanson, in dem Wartke die Frage stellt, wem gegenüber der Spaßmacher eigentlich sein wahres Gesicht zeigen kann. Als verträumte Utopie kommt sein Song "Das Land, in dem ich leben will" daher, in dem er eine Welt zeichnet, die von Liebe und Akzeptanz geprägt wird und in der kein Platz für Ausgrenzung existiert. Dieser Song ist als Download auf seiner Homepage zu erwerben, wobei die Erträge für den Verkauf Amnesty International zugute kommen sollen.

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... dann verschmitzt

Doch Wartke beweist an diesem Abend, dass er auch ganz andere Töne anschlagen kann. Neben den zwei gefühlvoll interpretierten Nummern "Mein Gefühl", mit dem der Abend eröffnet wird, und "Bei dir heute Nacht" sorgt er das erste Mal für ausgelassene Stimmung im Saal, wenn er leicht ironisch die Schwierigkeiten bei einer "Ménage à trois" offenlegt und die häufig damit verbundenen erotischen Phantasien entzaubert. Der Ausdruck "Schritt halten" bekomme dabei eine ganz neue Bedeutung. Von überbordender Komik sprudelt auch der Song "Kompromissbereit", der Wartke laut eigener Erzählung im Wartezimmer eines Arztes eingefallen sei und mit pointierter Bissigkeit dokumentiert, worüber "Mann" alles hinwegsehen kann, wenn er eine Frau erobern will, und wie schnell er sie als unattraktiv abstempelt, wenn sie ihm einen Korb gibt. Das schwierige Verhältnis zwischen Mann und Frau behandelt er auch mit den typischen Vorurteilen in dem Song "Unkompliziert", wobei er einräumt, dass Männer im Umgang mit Frauen genauso kompliziert seien, was ihn als Mann jedoch weniger störe. Einen weiteren musikalischen und sprachlichen Höhepunkt stellt sein Song "Blues, Baby! Blues" dar, der, wie er es selbst beschreibt, "der vertikale Ausdruck eines horizontalen Verlangens" sei.

Auch die Klassik kommt in seinem Konzert nicht zu kurz. So wendet er sich zunächst Bachs "Praeludium Nr. 2 c-moll" aus dem wohltemperierten Klavier zu und besingt eine Sehnenscheidenentzündung, die beim Studium der Musik nur allzu gern vom praktizierenden Musiker Besitz ergreift. Recht hart geht er mit dem Text zu Mozarts Zauberflöte um, indem er die berühmte Arie der Königin der Nacht, "Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen", wörtlich aus dem Libretto inklusive der Koloraturen rezitiert. Aus diesem Grund hat er die Arie umgedichtet. Die neue Version wird von Melanie Haupt vorgetragen, die als Special Guest den Abend begleitet, bei jedem Auftritt in neuem Kleid erscheint und neben ihren stimmlichen Fähigkeiten auch ihr komisches Talent unter Beweis stellt, wenn sie beispielsweise die Koloraturen der Königin der Nacht als Lachattacken interpretiert. Viel versprechend ist auch der Auszug, den die beiden aus Wartkes Bearbeitung der Antigone präsentieren, die am 9. April 2018 im Schmidt Theater in Hamburg Premiere feiern wird. Haupt spielt dabei die Geschichte des Königs Theseus, der im Labyrinth auf Kreta mit Ariadnes Hilfe den Minotaurus besiegt. Dass Haupt den Minotaurus mit einem Schaf als Handpuppe darstellt, ist nur so lange ein Problem, bis Wartke den Text der Vorlage entsprechend umgedichtet hat. Auch das Wortspiel mit dem verlorenen Faden, der Theseus den Weg aus dem Labyrinth weisen soll, wird von den beiden großartig umgesetzt.

In den Zugaben beweisen Wartke und Haupt erneut, dass sie ein wunderbar eingespieltes Team sind. In der ersten Zugabe tritt Haupt als französische Chansonsängerin Melanie auf, die ein gefühlvolles Lied auf Französisch vorträgt, bis Wartke einwirft, dass das Lied ja absolut sinnlos sei, solange man den Text nicht verstehe. Man sei ja schließlich nicht in der Oper und deswegen wolle er simultan übersetzen. Dabei macht Melanie dem Pianisten recht eindeutige Avancen und räkelt sich auf dem Flügel, bis Wartke ihr nach einem kurzen Moment des Überlegens klar macht: "Es reicht nicht". Und damit beginnt eine Art Schnelldurchlauf durch die unterschiedlichen Songs des Abends. Im Anschluss folgt dann noch ein "Gangster-Rap", in dem Wartke Insekten jeglicher Art beschimpft und das Publikum einlädt, den Song mit den typischen Rapper-Bewegungen oder dem klassischen Rapper-Sound, der entsteht, wenn man bei dem Wort "Pizzakatze" die Vokale auslässt, zu untermalen. Zum Abschluss tritt dann noch einmal Haupt auf und präsentiert mit Wartke eine neue Fassung des Duetts "Papagena-Papageno" aus der Zauberflöte, wobei die beiden in einem gelungenen Crossover bei "Kiss" von Prince und der "Bohemian Rhapsody" von Queen landen. Das Publikum bedankt sich für diesen kurzweiligen Abend mit großem Applaus.

FAZIT

Bodo Wartke präsentiert sich nicht nur als Virtuose am Flügel, sondern begeistert auch als Sprachgenie und bietet ein breites Spektrum von leisen bis zu komischen Tönen. Mit Melanie Haupt hat er eine kongeniale Partnerin an seiner Seite.


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Bodo Wartke

Melanie Haupt

 


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Da capo al Fine

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