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Giulio Cesare in Egitto

Oper in drei Akten (HVW 17)
Libretto von Nicola Francesco Haym nach dem Libretto von Giacomo Francesco Bussani zur Oper Giulio Cesare in Egitto von Antonio Sartorio
Musik von Georg Friedrich Händel

in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3h 30' (eine Pause)

Samstag, 14. Oktober 2017, 19.00 Uhr
Alfried Krupp Saal in der Philharmonie Essen

 



Philharmonie Essen
(Homepage)

Barockgenuss pur

Von Thomas Molke / Fotos folgen

Georg Friedrich Händels Giulio Cesare in Egitto zählt nicht nur zu den erfolgreichsten Opernproduktionen des Hallenser Komponisten, mit der er in London 1724 eine Sonderstellung erlangte, die ihn weit über das übrige Opernschaffen der Zeit hob, was nicht zuletzt der Besetzung bei der Uraufführung am 20. Februar 1724 im King's Theatre am Londoner Haymarket mit Senesino in der Titelpartie und Francesca Cuzzoni als Cleopatra zu verdanken war. Auch heute zählt das Stück noch zu den am meisten gespielten Händel-Opern auf internationalen Bühnen. Dies verdankt das Werk zum einen den zahlreichen hervorragenden Arien, die in der musikalischen Ausgestaltung einen außerordentlichen Einfallsreichtum aufweisen. Zum anderen stellt Giulio Cesare instrumental die am aufwändigsten besetzte Oper des Komponisten dar. Im Rahmen der Reihe Alte Musik bei Kerzenschein ist dieses Werk nun in einer hochkarätigen Besetzung unter der künstlerischen Leitung von Ottavio Dantone in der Philharmonie Essen zu erleben. Dass einige Plätze frei blieben, mag dem unglücklichen Umstand geschuldet sein, dass im benachbarten Aalto-Theater zeitgleich die Premiere von Bedřich Smetanas Die verkaufte Braut stattfand.

Die Oper handelt von der berühmten Liebesgeschichte zwischen Gaius Julius Caesar (Giulio Cesare) und der ägyptischen Königin Kleopatra (Cleopatra) am Ende des römischen Bürgerkriegs. Cesare hat seinen Gegner Pompeo besiegt und ist diesem nach Ägypten gefolgt. Tolomeo, der dort mit seiner Schwester Cleopatra um die Königskrone streitet, sucht in Cesare einen Verbündeten, indem er ihm das abgeschlagene Haupt Pompeos als Geschenk überreicht. Doch dieses Geschenk zeigt nicht die erhoffte Wirkung. Des Weiteren ist Cesare den Reizen Cleopatras zugetan, so dass Tolomeo einen Anschlag auf den römischen Feldherrn verübt, dem dieser mit einem Sprung ins Meer entgeht, und anschließend seine Schwester Cleopatra einsperren lässt. Doch Cesare entkommt den Fluten des Meeres und fügt Tolomeos Truppen eine entscheidende Niederlage zu. Tolomeo selbst wird von Pompeos Sohn Sesto aus Rache für den Vatermord getötet. Cornelia, Pompeos Witwe, und Cleopatra werden aus der Gefangenschaft befreit. Cleopatra und Cesare schwören sich ewige Liebe. Dafür darf sie als tributpflichtige Königin von Roms Gnaden den ägyptischen Thron besteigen.

Ottavio Dantone hat die Partitur um die Chorpassagen und einzelne Stellen in den Rezitativen gekürzt. Außerdem sind die Partien des römischen Tribuns Curio und des Kammerdieners Nireno gestrichen. Riccardo Novaro, der die Partie des ägyptischen Generals Achilla interpretiert, schlüpft an einer Stelle des zweiten Aktes in die Rolle des Curio, wenn er Cesare warnt, dass er von Tolomeos Truppen umstellt sei und ihn nur noch ein Sprung ins Meer retten könne. Diesen Rollenwechsel macht Novaro deutlich, indem er hinter den Musikern auf die linke Seite wechselt, von der ansonsten nur die Römer Cesare, Cornelia und Sesto auftreten, während die Ägypter Cleopatra, Tolomeo und Achilla auf der rechten Seite der Bühne platziert sind. Auch wenn es sich um eine konzertante Aufführung handelt und die Solisten mit Textbuch auftreten, gelingt es den Interpreten, durch ausdrucksstarke Mimik den Figuren auch ohne Regie Leben einzuhauchen. Lawrence Zazzo geht in der Titelpartie dabei so weit, dass er als Cesare nach seinen Auftritten stets die Bühne verlässt und den Platz vor dem Orchester für seine Szenen mit ausdrucksstarkem Spiel nutzt.

Musikalisch bietet der Abend puren Barockgenuss. Das Ensemble Accademia Bizantina erweist sich unter ihrem Leiter Ottavio Dantone als Spezialist der Barockmusik und arbeitet die vielschichtige Instrumentierung des Werkes präzise und mit feinem Gespür für die Zwischentöne heraus. Besonders hervorzuheben sind die großartigen Solopassagen des Waldhorns in Cesares Arie "Va tacito e nascosto" am Ende des ersten Aktes und der Traversflöte in Cleopatras Arie "Se pietà di me non senti" am Ende des zweiten Aktes, wenn sie glaubt, dass Cesare tot sei. Ottavio Dantone, der einzelne Passagen am Cembalo begleitet, führt die Musiker und Sänger mit sicherer Hand durch die Partitur.

Lawrence Zazzo, der bereits vor zwei Jahren in der Philharmonie Essen als Arsace in Händels Partenope große Erfolge feierte, als er kurzfristig für Philippe Jaroussky eingesprungen war, begeistert auch als römischer Feldherr Giulio Cesare mit beweglichem Countertenor. Mit halsbrecherischen Koloraturen schleudert er in seiner großen Arie "Empio, dirò, tu sei, togliti" zu Beginn des ersten Aktes Tolomeo seine ganze Verachtung entgegen, wenn dieser ihm den abgeschlagenen Kopf des Pompeo als Geschenk präsentiert. Zazzo macht dabei auch mimisch Cesares Entsetzen deutlich und verlässt im Anschluss empört den Saal. Großartig spielt er auch die Gefühle für Cleopatra aus, die ihn zunächst inkognito als Dienerin Lydia umgarnt. Einen weiteren musikalischen Höhepunkt stellt die Gleichnisarie "Va tacito e nascosto" im ersten Akt dar, wenn Cesare seinen Plan, gegen Tolomeo vorzugehen, mit einem Jäger vergleicht, der die Beute geschickt in die Falle lockt. Hier tritt Zazzo in einen großartigen Dialog mit dem Horn. Auch im zweiten Akt kann Zazzo glänzen. Zunächst lässt er sich sanft von den Reizen Cleopatras einlullen und entfaltet dann mit beweglichen Koloraturen große Dramatik, wenn er plötzlich von den Feinden umstellt ist. Im dritten Akt begeistert er dann nach seiner Rettung aus den Fluten mit einem bewegend interpretierten und weich angesetzten "Quel torrente, che cade dal monte".

Mit Emöke Baráth steht ihm eine Cleopatra zur Seite, die nicht nur optisch der ägyptischen Königin mehr als gerecht wird. Auch stimmlich gelingt es ihr, mit ihrem glockenklaren Sopran in den insgesamt acht Arien die Vielschichtigkeit dieser Figur differenziert herauszuarbeiten. Großartig zeichnet Baráth dabei die unterschiedlichen Gefühle nach, die Cleopatra jeweils bewegen. Wirkt sie zu Beginn noch siegesgewiss, wenn sie glaubt, ihren Bruder Tolomeo vom Thron stürzen zu können und Cesare durch ihre weiblichen Reize für sich einnehmen zu können, wird sie im zweiten Akt Opfer ihrer Gefühle und muss erkennen, dass sie sich wirklich in Cesare verliebt hat. Umso tiefer ist der Fall, wenn sie glaubt, dass ihr Geliebter gestorben ist, und sie schließlich von ihrem Bruder gefangen genommen wird. Wenn sie am Schluss von Cesare gerettet wird, bringt sie ihre Freude dann mit leicht fließenden Koloraturen zum Ausdruck. Baráth punktet in all diesen Passagen mit flexiblen Höhen und wechselnder Färbung.

Filippo Mineccia arbeitet den psychopathischen Charakter des Tolomeo mit dramatischen Koloraturen und bewusst scharf angesetzten Höhen hervorragend heraus. In seiner Darstellung macht er mehr als deutlich, dass man ihn als Gegner nicht unterschätzen darf. Dennoch lässt er sich von Cornelias Reiz überwältigen und schlägt der unglücklichen Frau gegenüber sehr sanfte Töne an, die diese natürlich nicht erhört. Delphine Galou stattet die Partie der Cornelia mit warmem Mezzosopran aus, der die Leiden der jungen Frau unterstreicht. Julie Boulianne punktet als ihr Sohn Sesto mit rundem Sopran, der in den Höhen enorme Durchschlagskraft besitzt und in der Mittellage über ein großes Volumen verfügt. Ein weiterer Glanzpunkt des Abends ist das große Abschiedsduett der beiden am Ende des ersten Aktes, "Son nata a lagrimar", wenn Sesto vor den Augen der Mutter in den Kerker zur Hinrichtung geführt und Cornelia in Tolomeos Harem gebracht wird. Hier erreichen Bouliannes Sopran und Galous Mezzo eine bewegende Innigkeit. Riccardo Novaro rundet die Solistenriege als Achilla mit beweglichem Bariton und profunden Tiefen wunderbar ab, so dass es für alle Beteiligten stehende Ovationen am Ende des Abends gibt.

FAZIT

Auch wenn es sich um eine konzertante Aufführung handelt, hat man szenisch eigentlich nichts vermisst. Man hätte die Vorstellung aber vielleicht nicht zur gleichen Zeit wie die Premiere im Aalto-Theater laufen lassen sollen. Dann wären sicherlich weniger Plätze frei geblieben.



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Produktionsteam

Künstlerische Leitung
Ottavio Dantone

Accademia Bizantina


Solisten

Giulio Cesare
Lawrence Zazzo

Cleopatra
Emöke Baráth

Sesto
Julie Boulianne

Cornelia
Delphine Galou

Tolomeo
Filippo Mineccia

Achilla
Riccardo Novaro


Weitere Informationen
erhalten Sie von der

Philharmonie Essen
(Homepage)



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