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Il barbiere di Siviglia


Opera buffa in zwei Akten
Libretto von
Cesare Sterbini nach der Komödie Le barbier de Séville ou La précaution inutile
von Pierre-Augustin Caron de Beaumarchais

Musik von Gioachino Rossini

in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Produktion des Théâtre des Champs-Élysées

Aufführungsdauer: ca. 3h 10' (eine Pause)

Konzertante Aufführung am Dienstag, 19. Dezember 2017, 19.00 Uhr
Großer Saal im Konzerthaus Dortmund

 


(Homepage)

Rossinis Meisterwerk in einer großartigen Besetzung

Von Thomas Molke / Fotos: © Pascal Amos Rest

Rossinis Il barbiere di Siviglia gilt laut Philip Gossett als die älteste italienische Oper, die seit ihrer Premiere nie aus dem Opernrepertoire verschwunden ist. Zwar wurde die Uraufführung am 20. Februar 1816 im Teatro Torre Argentina in Rom noch mit Pfiffen bedacht. Doch ab der zweiten Vorstellung konnte das Werk das Publikum für sich gewinnen und verbreitete sich sehr schnell innerhalb und außerhalb Italiens. Bereits drei Jahre später feierte die Oper in New York große Erfolge, und in Braunschweig kam sie 1820 in deutscher Sprache heraus. Die unzähligen Barbiere-Produktionen führten jedoch auch zu einer Menge Bearbeitungen, die die ursprüngliche Form bisweilen stark entstellten. Am bekanntesten ist wohl die Transponierung der Partie der Rosina von einer Mezzo- in eine Sopranstimme, so dass die berühmte Arie "Una voce poco fa" heute bei zahlreichen namhaften Koloratursopranistinnen zum Standardrepertoire gehört. Erst Alberto Zeddas 1969 erschienene kritische Edition des Meisterwerkes führte dazu, dass der ursprünglichen Fassung wieder mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird. So hat auch Jérémie Rhorer, der sich mit dem von ihm 2005 gegründeten Orchester Le Cercle de L'Harmonie der historischen Aufführungspraxis verschrieben hat, für seine Tournee mit Rossinis Meisterwerk die Partie mit einer Mezzosopranistin besetzt und lässt auch ansonsten einiges hören, was einem aus den zahlreichen Repertoire-Vorstellungen des Barbiere nicht unbedingt vertraut ist.

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Almaviva (Michele Angelini) liebt Rosina (Catherine Trottmann) (im Hintergrund: Berta (Annunziata Vestri)).

Da ist zunächst einmal Almavivas große Schluss-Arie im zweiten Akt, "Cessa di più resistere" zu nennen, die bei der Uraufführung dem berühmten spanischen Tenor Manuel García in die Kehle gelegt worden war, so dass das Werk ursprünglich sogar den Titel Almaviva o sia L'inutile precauzione trug. Darin gibt sich Almaviva Don Bartolo als Graf und Ehemann Rosinas zu erkennen und rät dem gehörnten Vormund, seinen Widerstand dagegen aufzugeben. Auch wenn die Arie relativ selten gespielt wird, mag sie dennoch einem Großteil des Publikums sehr vertraut klingen. Rossini verwendete die Melodie nämlich für das berühmte Schluss-Rondo der Cenerentola, "Non più mesta". Im Barbiere hingegen wird diese Arie häufig gestrichen, weil sie zum einen als ein unnötiger Einschub vor dem Finale betrachtet wird und zum anderen sehr große stimmliche Anforderungen stellt, denen die Interpreten der Partie oft nicht gewachsen sind. Diese Sorge braucht man in Dortmund nicht zu haben. Mit Michele Angelini hat man einen Tenor verpflichtet, der sich mit seiner beweglichen Stimme im Rossini-Fach sehr wohl fühlt und mit strahlenden Höhen punktet. Auch bei seiner Auftrittskavatine "Ecco, ridente in cielo", die Almaviva als erstes Ständchen unter Rosinas Fenster bringt, stellt Angelini seine tenoralen Qualitäten unter Beweis und begeistert mit sauberer und beweglicher Stimmführung. Mit großartiger Mimik und Gestik macht er deutlich, dass der Graf ein überzeugender Verführer ist.

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Don Basilio (Robert Gleadow, Mitte) weiht Don Bartolo (Peter Kálmán, links) in die "Kraft der Verleumdung" ein.

Auch das begeisterte Spiel der übrigen Solisten lässt vergessen, dass Bühnenbild und Kostüme fehlen und es sich "nur" um eine konzertante Aufführung handelt. Catherine Trottmann legt die Partie der Rosina in ihrem roten Kleid kokett und verführerisch an. Dabei verfügt sie über einen samtweichen Mezzosopran, der sich in den Koloraturen durch große Flexibilität auszeichnet und in den Höhen große Durchschlagskraft besitzt. Die große Auftrittsarie der Rosina "Una voce poco fa", in der sie ihre Liebe zu "Lindoro" besingt, lässt sie einerseits als träumerisch verliebtes Mädchen erscheinen, gibt ihr andererseits in der tieferen Lage eine gewisse Abgeklärtheit und zeichnet Rosina als selbstbewusste Frau, die es versteht, sich gegen ihren Vormund Don Bartolo zur Wehr zu setzen. Sehr deutlich macht Trottmann dies auch im zweiten Akt, wenn Almaviva als vermeintlicher Musiklehrer Don Alonso sie das Lied aus der "vergeblichen Vorsicht" ("L'inutile precauzione") vortragen lässt. Trottmann punktet auch hier mit flexiblen Läufen und mädchenhaftem Spiel. Im Gegensatz zu ihrem Vormund hat sie ihren Geliebten natürlich sofort erkannt, und es bereitet ihr sichtlich Vergnügen, Don Bartolo an der Nase herumzuführen. Peter Kálmán gestaltet die Partie des Bartolo mit komödiantischem Buffo-Talent und begeistert durch einen flexiblen Bassbariton. Seine große Arie "A un dottor della mia sorte" stellt musikalisch und szenisch einen weiteren Glanzpunkt des Abends dar, da Kálmán zum einen mit fundierten Tiefen begeistert und zum anderen irrwitzige Komik versprüht, wenn er seinem Mündel die Leviten liest und dabei nicht merkt, dass sie sich heimlich über ihn lustig macht.

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Figaro (Florian Sempey, rechts), Almaviva (Michele Angelini, 2. von rechts), Rosina (Catherine Trottmann, 2. von links), Berta (Annunziata Vestri, links) und Bartolo (Peter Kálmán, Mitte links) versuchen, Don Basilio (Robert Gleadow, Mitte rechts) loszuwerden (im Hintergrund: ChorWerk Ruhr und Le Cercle de L'Harmonie).

Robert Gleadow punktet als windiger Musiklehrer Don Basilio ebenfalls mit markantem Bassbariton und herrlich komischem Spiel. Seine berühmte Arie "La calunnia è un venticello" avanciert zu einem weiteren musikalischen Glanzpunkt des Abends. Wie Gleadow aus dem lauen Lüftchen, als das die Verleumdung beginnt, mit fulminantem Bass einen orkanartigen Sturm entstehen lässt, ist ganz großes Theater. Großartig setzt Gleadow auch Don Basilios Auftauchen im zweiten Akt in Szene. Almaviva hat sich als vermeintlicher Gesangslehrer Don Alonso Don Bartolos Vertrauen erschlichen und vorgegeben, dass Basilio erkrankt sei. Als letzterer jedoch völlig unerwartet bei Bartolo auftaucht, gilt es, diesen möglichst unauffällig loszuwerden. Bereits an dieser Stelle lässt Gleadow mit großem Spielwitz die Bestechlichkeit des Musiklehrers durchblicken, bleibt dabei jedoch stets unberechenbar. Nachdem er auf der rechten Seite abgegangen ist, und sich Rosina, Almaviva und Figaro bereits in Sicherheit wiegen, taucht er völlig unerwartet auf der anderen Seite wieder auf, um sich noch einmal zu verabschieden. Humorvolle Akzente setzt auch Annunziata Vestri in der Rolle der Hausangestellten Berta. In ihrer Arie im zweiten Akt, "Il vecchiotto cerca moglie", in der sie sich darüber amüsiert, dass Bartolo sein Mündel heiraten will, brilliert Vestri stimmlich mit sattem Mezzo und lebhaftem Spiel. Die kleineren Partien des Dieners Ambrogio und des Notars werden von Mitgliedern des ChorWerk Ruhr interpretiert.

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Ein eingespieltes Team: Figaro (Florian Sempey, rechts) und Almaviva (Michele Angelini)

Wenn es zu diesen ganzen hochkarätigen Leistungen noch eine Steigerung gibt, gelingt sie Florian Sempey in der Titelpartie. Schon bei der berühmten Auftrittsarie des Figaro, "Largo al factotum", begeistert Sempey mit kräftigem, sauber geführtem Bariton und selbstbewusstem Spiel. Dass dieser Figaro ein absoluter Lebenskünstler ist, macht Sempey mit überragender Bühnenpräsenz deutlich. In halsbrecherischen Tempi wetteifert er mit dem Orchester Le Cercle de L'Harmonie und zeigt auch im Zusammenspiel mit den übrigen Protagonisten, dass er als Drahtzieher die Fäden in der Hand hält. Ein weiterer musikalischer Höhepunkt ist das Duett mit dem Grafen im ersten Akt, "All'idea di quel metallo", in dem sich Figaro gegen reiche Belohnung überreden lässt, dem Grafen Zugang zu Bartolos Haus zu verschaffen. Angelinis Tenor und Sempeys Bariton finden dabei stimmlich wunderbar zueinander. Gleiches gilt für Sempeys Duett mit Trottmann, wenn Figaro Rosina erzählt, dass ihr geliebter "Lindoro" auf ein Zeichen von ihr wartet, um sie in Bartolos Haus aufzusuchen. Auch das Finale im ersten Akt wird von den Solisten mit großartiger Komik umgesetzt. Im zweiten Akt drohen an einer Stelle leichte Tempo-Ungenauigkeiten zwischen dem Solisten-Ensemble und dem Orchester, aber da greift Rhorer sofort rettend ein und bringt mit Konzentration des Dirigats auf die Solisten diese wieder auf die richtige Spur. Mit dem Orchester Le Cercle de L'Harmonie sorgt er für einen leichtfüßigen Rossini-Sound, der vom Publikum am Ende mit großem und verdientem Beifall belohnt wird.

FAZIT

Bei einer so inspirierenden Interpretation und großartigen Besetzung hat die konzertante Aufführung durchaus szenischen Charakter.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Jérémie Rhorer

Le Cercle de L'Harmonie

ChorWerk Ruhr



Solisten

Figaro
Florian Sempey

Rosina
Catherine Trottmann

Il Conte d'Almaviva
Michele Angelini

Don Bartolo
Peter Kálmán

Don Basilio
Robert Gleadow

Berta
Annunziata Vestri

Fiorello
Louis de Lavignère



Weitere Informationen
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Konzerthaus Dortmund
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