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Basilikakonzerte St. Aposteln

Köln, Basilika St. Aposteln, 17. Juni 2017


Maria

Das Leben der Maria als Musical-Oratorium

Von Claudia Jahn

Maria – so nennt sich das Oratorium im Musical-Stil, das der Chor der Pfarrei St. Theodor und St. Elisabeth (Köln) am 17. Juni in der Kirche St. Aposteln am Neumarkt aufführte. Es ist eine Komposition des Kirchenmusikers Dirk-Johannes Neumann, die in Zusammenarbeit mit dem Hagener Autor und Gemeindereferenten Markus Erhardt im Jahr 2016 entstand. Mit dem Ziel, die biblische Geschichte in einer heutigen Musiksprache zu erzählen und diese damit in die Gegenwart zu projizieren, schufen sie ein gut zweistündiges, konzertantes Musical, das das Leben der Gottesmutter Maria bewusst in den Vordergrund rückt. Das Werk für Soli, Chor und Orchester spannt einen geschichtlichen Bogen von der Erschaffung des Menschen durch Gott, bis zur Auferstehung Christi und Marias Tod. Was auf den ersten Blick wie ein biblischer Schnelldurchlauf wirkt, wird durch das Hervorheben zentraler Schlüsselmomente und die lenkende Moderation des Engels Gabriel dramaturgisch geschickt gelöst.

Der Gospel-Sänger Ron White verkörperte den Engel sehr charismatisch und humorvoll. Maria und Josef, gespielt von Angela Stüttgen und Jörg Schleifer, freuen sich mit den Dorfbewohnern auf ihre bevorstehende Hochzeit. Als Gabriel hinzukommt, wird die Feierlaune jedoch unterbrochen und Gottes Plan verkündet: Maria soll die Mutter des Gottessohnes werden. Darauf folgt das Lied „Ich bin bereit“ mit der für den Abend einprägsamsten Melodie. Wenn Josef in seinem Lied „In aller Stille“, eingeleitet von einem melancholischen Flötensolo, von Trennungsgedanken spricht, kommt eine neue Facette der biblischen Geschichte zum Vorschein. Es ist ein moderner Aspekt, der im herkömmlichen liturgischen Kontext kaum Beachtung findet. Josef, gequält von der Erkenntnis betrogen worden zu sein, erscheint hier als ein Mann, der auch in der heutigen Zeit leben könnte. So bedient sich der Autor auch bei Maria keiner der stereotypen Muster, die in ihr vor allem die leidende Mutter sehen. Hier wird eine junge Frau dargestellt, deren Lebensplanung von den Plänen Gottes auf den Kopf gestellt wird. Bereitwillig gibt sie sich ihrer Aufgabe hin und zieht ihren Sohn mit liebevoller Fürsorge auf. Auch die Verzweiflung bei der Suche ihres vermissten 12-jährigen Sohnes oder das wehmütige Zurückblicken auf die Zeit, in der ihr schon erwachsener Sohn, der durch die Welt zieht, noch zu Hause lebte, stellen Maria neben jede andere Mutter, die das Heranwachsen ihres Kindes miterlebt.

Während im ersten Teil Gottes Plan, der sich wie ein roter Faden durch das Werk zieht, lobend besungen wird, kommen im zweiten Teil Zweifel auf. Gabriel verkündet vorausschauend, dass es von einem „Hosanna!“ zu einem Ausruf wie „Ans Kreuz!“ nur ein kleiner Schritt sei. So hat das Drängen des Volkes, das die Todesstrafe verlangt, eine bedrückende Wirkung. Maria besingt ihr Leid in einem Duett mit Violoncello und der Wille Gottes scheint unbegreiflich zu sein. Erst nach der Auferstehung Christi fügt sich das Bild zusammen und Gabriel erklärt, dass Maria ein Mensch in dem großen Plan gewesen ist. Sie wird damit zur Leitfigur des Musical-Oratoriums, während Christus und sein Wirken eher im Hintergrund bleiben.

Die musikalisch abwechslungsreichen Nummern bieten sowohl schwungvolle, rhythmische Lieder als auch ruhige Balladen. Trotz einiger Intonationsschwierigkeiten konnten die Soli in Hinblick darauf, dass es (ausgenommen Ron White) Laien waren, eine ordentliche Leistung abliefern. Stellenweise überdeckte das verstärkte Schlagzeug die harmonischen Verläufe, die oftmals kompliziert modulierten und die Ausführenden herausforderten. Durch die Omnipräsenz des Engels Gabriel, der wie ein gut gelaunter Entertainer durch das Programm führt, sind Witz und Leichtigkeit die dominanten Merkmale des Musical-Oratoriums. Das Aufkommen eines heiligen Ernstes, der für die Gattung des Oratoriums typisch ist, wird eher unterbunden.

Die Idee, die Geschichte in die Gegenwart zu verlegen ist sehr erfrischend, allerdings stellt sich bezüglich des Textes die Frage, ob es dafür notwendig ist, derbe Schimpfwörter und einen jugendlich wirkenden Jargon zu verwenden. Befürworter der „klassischen“ Oratorien werden sich in ihren Erwartungen höchstwahrscheinlich getäuscht sehen, während Freunde des Musicals durchaus auf ihre Kosten kommen. Das Publikum jedenfalls, spendete begeisterten Applaus und bedankte sich mit stehenden Ovationen.




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Basilika St. Aposteln, Köln
17. Juni 2017


Programm

Maria
Ein Musical-Oratorium
Text von Markus Erhardt
Musik von Dirk-Johannes Neumann


Ausführende

Maria
Angela Stüttgen

Josef
Jörg Schleifer

Gabriel
Ron White

Gott
Nicolai Grund

Herodes/Pilatus
Martin Wagner

1. Sterndeuter
Max Pilger

2. Sterndeuter
Simon Schäfer

3. Sterndeuter
Simon Horz


Chor der Pfarrei St. Theodor
und St. Elisabeth, Köln

Musikalische Leitung
Dirk-Johannes Neumann











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