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Cecilia Bartoli - Händels Heroinen

Les Musiciens du Prince - Monaco
Ada Pesch, Konzertmeisterin

Aufführungsdauer: ca. 2h 20' (eine Pause)

Aufführung in der Kölner Philharmonie am Dienstag, 06.12.2016, 20.00 Uhr

 



Kölner Philharmonie
(Homepage)

Vielfalt der Gefühle

Von Thomas Molke / Foto: © Decca Classics / Uli Weber

Das war eine große Enttäuschung am 19. November 2016, als Cecilia Bartoli kurzfristig das Konzert in der Kölner Philharmonie aus gesundheitlichen Gründen absagen musste. Doch während im Konzerthaus Dortmund im Juni 2014 die konzertante Aufführung von Rossinis L'Italiana in Algeri mit der Bartoli ersatzlos gestrichen werden musste, hatte man in Köln das Glück, dass ein Ersatztermin für das Konzert gefunden werden konnte. Und so reisten die zahlreichen Bartoli-Fans am 6. Dezember erneut in Köln an, um sich ein Nikolaus-Geschenk der besonderen Art zu machen. Mit dem auf eine Initiative der Bartoli hin im Frühjahr 2016 im Fürstentum Monaco gegründeten Barockensemble Les Musiciens du Prince gab es unter dem Titel Händels Heroinen ein Arienfeuerwerk der ganz besonderen Art, wobei Bartoli mit bekannten und weniger bekannten Auszügen aus Händels Opern und Oratorien die ganze Vielfalt der Emotionen mit der ihr ganz eigenen Bühnenpräsenz und selbstverständlich ohne Textbuch zum Besten gab.

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Cecilia Bartoli

Nachdem das Barockensemble Les Musiciens du Prince unter der musikalischen Leiterin von Ada Pesch, die auch die erste Violine spielt, der Bartoli mit "Arrival of the Queen of Sheeba" aus Händels Oratorium Solomon einen würdigen Auftritt beschert hat, gibt es zunächst einige Arien aus Händels 1707 für Rom komponierten Oratorium Il trionfo del Tempo e del Disinganno, in dem die allegorischen Figuren Schönheit (Belleza) und Vergnügen (Piacere) der Zeit (Tempo) und der Enttäuschung (Disinganno) in einem Diskurs unterliegen. Bartoli präsentiert drei Arien des Piacere, wobei die letzte Arie, "Lascia la spina", später unter dem Titel "Lascia ch'io pianga" in seiner ersten Oper für London, Rinaldo, zu Weltruhm gelangen sollte. Hier gibt sich, anders als bei Rinaldo, niemand seiner Trauer hin, sondern Piacere warnt vor den Dornen, die beim Pflücken der Rose die Hand verletzen. Bartoli findet dabei zu einer unter die Haut gehenden Wärme in der Stimme und kostet besonders die leisen Stellen durch intensives Gefühl aus. Noch eindringlicher gelingt die folgende Arie des Aci aus der ein Jahr später komponierten Serenata Aci, Galatea e Polifemo. Der junge Hirte, der unsterblich in die wunderschöne Nymphe Galatea verliebt ist, ist gerade von einem Stein, den der eifersüchtige Zyklop Polifemo auf ihn geworfen hat, tödlich verwundet worden und haucht in der Arie "Verso già l'alma col sangue" sein Leben aus. Das Barockensemble Les Musiciens du Monaco untermalt mit leisen Staccato-Tönen das pulsierende Blut, das langsam Acis Körper entweicht. Bartolis Interpretation des sterbenden Aci lässt die Zuhörer den Atem stocken und rührt zu Tränen.

Im Anschluss präsentiert sich Bartoli ganz von ihrer komödiantischen Seite. Aus dem Oratorium Semele, in dem sie bereits im letzten Jahr bei den Salzburger Pfingstfestspielen in der Titelpartie glänzte, präsentiert sie zwei Arien. Nachdem sie die erste Arie, "Oh sleep, why dost thou leave me?", mit einem herzlichen Gähnen beendet hat, holt sie in der berühmten Arie "Myself I shall adore" zu einem stimmlichen Koloraturfeuerwerk aus, das sie darstellerisch mit großartigem Spiel in Szene setzt. Semele hat von der Göttin Juno, die sich als ihre alte Amme verkleidet hat, einen Zauberspiegel erhalten, in dem sie noch schöner aussieht, und lässt sich damit überreden, ihren Geliebten Jupiter aufzufordern, sich ihr in seiner göttlichen Pracht zu zeigen. Ada Pesch reicht Bartoli zunächst einen Spiegel, vor dem Bartoli nicht nur die unterschiedlichsten Posen einnimmt, sondern ihn auch noch an den Lautenspieler übergibt, um sich darin aus einiger Entfernung noch besser betrachten zu können. Dann überträgt sie diese Selbstverliebtheit auf ein Handy, mit dem sie unzählige Selfies schießt und zwischendurch bei sprudelnden Koloraturen zu telefonieren scheint. Nach einem Selfie mit dem kompletten Publikum am Ende der Arie tobt der Saal.

Nach Tragik und Komik darf natürlich auch die berühmte Rache-Arie nicht fehlen. Dafür hat Bartoli die Arie der Zauberin Melissa aus Amadigi di Gaula ausgewählt, in der Melissa die Mächte der Unterwelt heraufbeschwört, um Amadigi und seine Geliebte Oriana zu quälen. Auch hier wartet Bartoli mit halsbrecherischen Koloraturen auf, die einen regelrechten Wettstreit mit der Trompete eingehen. Nach der Pause startet sie dann wieder sehr ruhig mit der Arie der Dafne aus der Kantate La terra è liberata (Apollo e Dafne), in der bukolischen Klänge durch imitiertes Vogelgezwitscher und das Fließen eines Baches imitiert werden. Mit dem berühmten "Scherza infida" aus Ariodante macht Bartoli bereits ein bisschen Werbung für die kommenden Salzburger Pfingstfestspiele 2017, da sie diese Oper aufs Programm gestellt hat dort in der Titelpartie zu erleben sein wird. Auch hier verleiht sie Ariodantes Enttäuschung über die vermeintliche Untreue seiner Geliebten Ginevra glaubhaft Ausdruck. Mit dem Liebesbekenntnis der Agilea aus Teseo endet das offizielle Programm, wobei Bartoli erneut durch eindringliche Interpretation und innige Wärme begeistert.

Doch damit lässt das Publikum die Bartoli und das Barockensemble Les Musiciens du Monaco, das mit differenziertem Spiel einen kongenialen Begleiter abgibt und durch zahlreiche solistische Einlagen punktet, nicht ziehen. So gibt es neben zahlreichen Blumen für die Bartoli noch insgesamt drei Zugaben, dieses Mal aber nicht von Händel. Bartoli greift hier auf ältere Programme zurück. Zunächst gibt es die Arie der Leocasta aus Antonio Vivaldis Giustino, "Sventurate navicella", die Bartoli neben den leicht angesetzten Läufen auch noch mit einem Tamburin begleitet. Es folgt das berühmte "Sol da te, mio dolce amore" aus Vivaldis Orlando furioso. Zum Abschluss gibt es dann noch einmal einen ganz besonderen Höhepunkt mit der Arie "A facile vittoria" aus Agostino Steffanis Tassilone. Hier liefert sich Bartoli mit dem Trompeter Thibaud Robinne einen äußerst witzigen Wettstreit, wobei es ihr jeweils gelingt, mit ihrer beweglichen Stimme der Trompete Paroli zu bieten, egal welche Melodieführung Robinne auch vorgibt. Wenn Robinne dann zu einem jazzigen Blues-Sound ausholt, kontert Bartoli nach kurzer Überlegung mit Gershwins "Summertime", so dass sich Robinne schließlich geschlagen gibt. Unter stehenden Ovationen verabschiedet sich Bartoli von ihren Fans.

FAZIT

Cecilia Bartoli wird in diesem Konzert ihrem Ruf als Ausnahme-Künstlerin mehr als gerecht und begeistert nicht nur durch ausdrucksstarken Gesang und bewegliche Koloraturen, sondern auch durch unbändiges Temperament und riesige Spielfreude.



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Ausführende

Cecilia Bartoli, Mezzosopran

Les Musiciens du Prince - Monaco

Ada Pesch, Konzertmeisterin

Pier Luigi Fabretti, Oboe

 

Werke

Georg Friedrich Händel
Arrival of the Queen of Sheeba aus
Solomon
HWV 67 (1748)

"Chiudi, chiudi"
Arie des Piacere
"Questa è la reggia mia"
Rezitativ des Piacere
"Un leggiadro giovinetto"
Arie des Piacere
"Lascia la spina"
Arie des Piacere aus
Il trionfo del Tempo e del Disinganno HWV 46a (1707)

Grave
Allegro
aus Concerto g-Moll HWV 287 (1711 -1712?)
für Oboe, Streicher und Basso continuo

"Verso già l'alma col sangue"
Arie des Aci aus
Aci, Galatea e Polifemo
HWV 72 (1708)

Ouvertüre aus Rinaldo HWV 7a/7b (1710-1711)

"Oh sleep, why dost thou leave me?"
Arie der Semele
"Oh ecstasy of happiness!" -  "Myself I shall adore"
Rezitativ und Arie der Semele aus
Semele HWV 58 (1743)

Battaglia. 3. Akt aus Rinaldo HWV 7a/7b (1710-1711)

"Mi deride" - "Desterò dall' empia Dite"
Rezitativ und Arie der Melissa aus
Amadigi di Gaula HWV 11 (1715)

"Felicissima quest' alma"
Arie der Dafne aus
La terra è liberata (Apollo e Dafne
) HWV 122 (1709-1710)

Ouvertüre
Ballo: Entré des songes funestes, 2. Akt
"E vivo ancora?" - "Scherza infida in grembo al drudo"
Rezitativ und Arie des Ariodante aus
Ariodante HWV 33 (1734)

Largo
Allegro aus
Concerto grosso B-Dur op. 3,2 HWV 313
für zwei Oboen, Fagott, Streicher und Basso continuo

"Ah, che sol per te, Teseo" - "M'adora l'idol mio"
Rezitativ und Arie der Agilea aus Teseo HWV 9

 

 


Weitere Informationen
erhalten Sie von der

Kölner Philharmonie
(Homepage)



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