Veranstaltungen & Kritiken Musiktheater |
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Konzert mit
Unterbrechungen Von Thomas Molke / Foto von Christoph Nagler
Auch das restliche Programm, auf das das Ensemble des Hauses einen Vorgeschmack gibt, zeichnet die große Bandbreite des Musiktheaters im Revier aus. So ist man sich der Tatsache bewusst, dass Gelsenkirchen mit dem FC Schalke 04 eine Fußballstadt ist, und widmet in dieser Spielzeit die erste große Premiere der 111-jährigen Geschichte dieses Vereins mit einem Schalke-OraTORium unter dem Titel Kennst du den Mythos...?, das Heribert Feckler und Dieter Falk eigens für diesen Anlass komponiert haben und das mit eindrucksvollen Bildern des Filmemachers Jan Peter die bewegende Geschichte dieses Vereins am 10. und 11. September 2015 in der Veltins-Arena und ab 17. September 2015 im Großen Haus auf die Bühne bringt. Anke Sieloff, Petra Schmidt, Joachim G. Maaß und Lars-Oliver Rühl präsentieren gemeinsam mit dem Opern- und Extrachor das Lied "Der Widerstand der Bürger", in dem die Bürger der Stadt verhindern wollen, dass die "Kohlekinder" die Fußballplätze der Stadt benutzen. Musikalisch erinnert der Stil an Georg Kreisler. Die anschließend von Rühl angestimmte Hymne "So lang ich lebe" klingt dagegen schon etwas kitschiger, mag dem wahren Schalke-Fan in ihrer Leidenschaft allerdings wirklich aus dem Herzen sprechen. Mit diesem OraTORium dürften sich das Theater sicherlich neue Besucherkreise erschließen. Doch auch das klassische Opernpublikum wird mit insgesamt drei großen italienischen Opern in dieser Spielzeit bedient. Amilchare Ponchiellis La Gioconda dürfte dabei zwar nicht gerade zu den bekanntesten Werken des Repertoires zählen, aber auch hier versteht es Schulz mit einem geschickten Schachzug das Interesse an dieser Oper zu wecken. So stellt er nämlich nach dem von der Neuen Philharmonie Westfalen unter der Leitung von Rasmus Baumann eindrucksvoll interpretierten "Tanz der Stunden" die Preisfrage, woher das Publikum dieses Stück vor allem kenne. Der Gewinner erhält dann auch eine Originaltorte der Firma Coppenrath & Wiese, die hauptsächlich dafür verantwortlich sein dürfte, dass diese Melodie von nahezu jedem im Publikum mitgesummt werden kann. Das hohe musikalische Niveau des Hauses belegen Petra Schmidt, Almuth Herbst, Piotr Prochera und Dong-Won Seo mit zwei Auszügen aus dieser Oper. Vorgestellt werden auch die neuen Tänzerinnen und Tänzer des Ballett im Revier, die Ausschnitte aus dem Ballettabend Bł vertanzt präsentieren, der sich aus Choreographien der Ballettdirektorin Bridget Breiner, David Dawson und Benvindo Fonseca zusammensetzt. Die Musik von Ludwig van Beethoven und Johann Sebastian Bach wird beim Ballettabend dann live erklingen, während sie in dem vorgestellten Auszug aus Hold lightly noch vom Band erklang. Breiner hat diese Choreographie auf das 3. Klavierkonzert von Beethoven bereits 2009 kreiert und erarbeitet mit dem Ballett im Revier nun eine neue Fassung. Des Weiteren deutet Schulz an, dass Breiner mit dem Ballett im Revier in der kommenden Spielzeit auch bei den Ruhrfestspielen auftreten werde. Weitere Informationen dürften dazu allerdings zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht gegeben werden. Die diesjährigen Preisträger: von links: Dorin Rahardja, Britta Tönne und E. Mark Murphy mit dem Leiter der Jury Klaus Hermandung (rechts) und dem Vorsitzenden des Vorstands der Sparkasse Gelsenkirchen, Bernhard Lukas (ganz links) (im Hintergrund: Mitglieder der Neuen Philharmonie Westfalen) Ein weiterer wichtiger Programmpunkt der Eröffnungsgala ist die Verleihung des Gelsenkirchener Theaterpreises, der mittlerweile zum 18. Mal von der Sparkasse Gelsenkirchen für herausragende Leistungen in der vergangenen Spielzeit vergeben wird, wobei man bei den diesjährigen Preisträgern eigentlich von mehreren Spielzeiten reden müsste. In diesem Jahr wird der mit 9.000,- Euro dotierte Preis in drei gleichwertige Hauptpreise geteilt. Ein Hauptpreis wird der jungen Sopranistin Dorin Rahardja verliehen, die in den vergangenen Jahren eine beachtliche Karriere am Haus gemacht hat. Von ihrem Engagement im Jungen Ensemble im Musiktheater im Revier wurde sie 2012 in das Solisten-Ensemble übernommen und interpretierte hier zahlreiche Rollen ihres Faches. Zu nennen sind hier vor allem die Dorothy im Zauberer von Oz und Pamina in Mozarts Zauberflöte. So stellte Rahardja in den vergangenen Spielzeiten ihre Vielseitigkeit sowohl in der großen Oper als auch in der sogenannten leichten Muse unter Beweis. Zum Beginn der jetzigen Spielzeit wechselt Rahardja an das Staatstheater Mainz, wird aber als Dorothy noch als Gast ans Musiktheater im Revier zurückkehren. Ein weiterer Hauptpreis geht an die Ausstatterin Britta Tönne, die in der vergangenen Spielzeit vor allem mit ihren Bühnenbildern für die Produktionen Der Zauberer von Oz, Männer und Heute Abend: Lola Blau das Publikum begeistert hat. Mit dem dritten Hauptpreis wird der kanadische Tenor E. Mark Murphy ausgezeichnet. Mit seinem Spielwitz und seinen großartigen tänzerischen Fähigkeiten ist der lyrische Tenor schon seit einigen Jahren zum Publikumsliebling avanciert. Aus der vergangenen Spielzeit wurden vor allem seine Interpretation des Blechmanns in Der Zauberer von Oz, des Monostatos in Der Zauberflöte und seine Darstellung als Biker in der Revue Männer hervorgehoben. Bei der Erinnerung an seine Darstellung des Conférencier aus Cabaret gab es spontanen Beifall aus dem Publikum. Auch eine ehemalige Preisträgerin kehrt als Gast an das Musiktheater im Revier zurück: Hrachuhí Bassénz präsentiert die berühmte Arie der Norma, "Casta Diva", aus der gleichnamigen Oper und sorgt mit ihrer eindringlichen Interpretation und ihrem leuchtenden Sopran für großen Publikumsjubel. Schulz verkündet stolz, dass in Gelsenkirchen die Urfassung der Bellini-Oper zu erleben sein werde, in der auch die Partie der Adalgisa mit einem Sopran besetzt sei, und verspricht einen musikalischen Primadonnen-Wettstreit zwischen Bassénz und dem Ensemble-Mitglied Alfia Kamalova. Bassénz wechselte damals mit Schulz' Vorgänger an das Staatstheater Nürnberg, und Schulz deutet an, dass sie Theiler vielleicht demnächst auch an die Semper-Oper nach Dresden folgen werde.
Zum Abschluss des Abends gibt es Auszüge aus dem
Kultmusical The Rocky Horror Show, wobei Murphy beim "Time
Warp" mit einer großartigen Stepp-Einlage noch einmal belegt, wofür er den
diesjährigen Theaterpreis verdient hat. Da
stellt man sich jetzt schon die Frage, welche Partie er in diesem Kult-Musical
wohl übernehmen wird. Die Partie des Riff Raff wird sicherlich mit Rüdiger Frank
besetzt, und für Frank 'n' Furter wird der charismatische Henrik Wager
engagiert, der die Rolle auch schon am Theater Hagen gespielt hat und an diesem
Abend mit "Sweet Transvestite" einen großartigen Einstieg gibt. Sollte er in die
Rolle des Brad Majors schlüpfen, der in der Gala von Peter Rembold, einem neuen
Mitglied des Jungen Ensembles, wunderbar verklemmt dargestellt wird? Jedenfalls
ist eine Rocky Horror Show in Gelsenkirchen ohne Murphy undenkbar. Wenn
Rüdiger Frank das Publikum dann fragt, ob es eine Zugabe will, gibt es dann noch
einmal den "Time Warp", wobei das Publikum des Abends sich von den Künstlern auf
der Bühne allerdings nicht dazu überreden lässt, ebenfalls mitzutanzen. Das
dürfte bei den Aufführungen im Kleinen Haus dann sicherlich anders werden. Am
Ausgang gibt es dann wieder die obligatorische Rose für die weiblichen
Zuschauer.
FAZIT Michael Schulz macht mit einem
abwechslungsreichen Programm Lust auf die kommende Spielzeit. Programm des Konzertes
Carl Orff: Carmina burana: "O Fortuna" (Opern- und Extrachor, Dirigent:
Rasmus Baumann)
Heribert Feckler, Dieter Falk, Ulf Schmidt: Kennst du den Mythos...?:
"Der Widerstand der Bürger" (Anke Sieloff, Petra Schmidt, Joachim G. Maaß,
Lars-Oliver Rühl, Opern- und Extrachor), "So lang ich lebe" (Lars-Oliver
Rühl, Dirigent: Heribert Feckler)
Amilchare Ponchielli: La Gioconda: "Figlia che reggi"
(Almuth Herbst, Petra Schmidt, Piotr Prochera), "Là turbini e farnetichi"
(Dong-Won Seo), "Tanz der Stunden" (Neue Philharmonie Westfalen,
Dirigent: Rasmus Baumann) Benjamin Britten: A Midsummer
Night's Dream: "Now, my Titania"
(Bele Kumberger, Matthias Rexroth), "Through the house give glimm'ring
light" (Sina Jacka, Bele Kumberger, Lisa Maria Laccisaglia, Katrin Stösel,
Matthias Rexroth, Damen des Opern- und Extrachores, Gelsenkirchener Kinderchor, Dirigent:
Thomas Rimes) Vincenzo Bellini: Norma:
"Casta Diva" (Hrachuhí Bassénz, Opern- und Extrachor, Dirigent: Valtteri Rauhalammi)
Johann Strauß: Die Fledermaus:
"Ich seh', dass sich die Paare gefunden" (Alfia Kamalova,
Noriko Ogawa-Yatake, Michael Dahmen, Joachim G. Maaß, Peter Rembold, Opern- und
Extrachor, Dirigent: Thomas Rimes)
Ausschnitte aus der Werkstatt: Hold lightly: Choreographie: Bridget
Breiner (Francesca Berruto, Valentin Juteau mit Sara Zinna), Pale:
Choreographie: Bridget Breiner (Francesca Berruto, Rita Duclos, Tessa
Vanheusden, Ayako Kikuchi, Sara Zinna, Carlos Contreras, Junior Demitre,
Valentin Juteau, Louiz Rogridues, Ledian Soto, José Urrutia)
Coppelius & Sebastian Schwab: Klein Zaches, genannt Zinnober: "Risiko",
"Butterblume" (Rüdiger Frank, Coppelius, Dirigent: Thomas Rimes)
Giacomo Puccini: Tosca: "Vissi d'arte"
(Petra Schmidt, Dirigent: Rasmus Baumann) Michelle DiBucci:
Charlotte Salomon: Der Tod und die Malerin: "Der Tod und das Mädchen" (Joachim
G. Maaß, Dirigent: Valtteri Rauhalammi)
Richard O'Brien: The Rocky Horror Show: "Sweet Transvestite" (Henrik
Wager, Sina Jacka, Katrin Stösel, E. Mark Murphy, Peter Rembold), "Time Warp" (Sina
Jacka, Katrin Stösel, Rüdiger Frank, Joachim G. Maaß, E. Mark Murphy & Ensemble, Dirigent:
Wolfgang Wilger)
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Produktionsteam
Moderation Dirigenten
Ballett im Revier Opern- und Extrachor des MiR Gelsenkirchener Kinderchor Neue Philharmonie Westfalen
SolistenHrachuhí Bassénz Michael Dahmen
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