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Auftakt mit BachTon Koopman leitet das erste Kaisersaalkonzert
Von Dr. Ingo Negwer
Die Kaisersaalkonzerte der Saison 2016 stehen ganz im Zeichen der Großmeister. Man darf sich in Frankfurts guter Stube auf Johann Sebastian Bachs Sakral-, Orchester- und Kammermusik ebenso freuen wie auf Georg Friedrich Händels Jephta und Dixit Dominum. Mut zum Risiko bei der Programmauswahl kann man dem Forum Alte Musik dieses Mal also nicht gerade unterstellen. Dennoch wird die Fangemeinde barocker Klänge auch in diesem Jahr auf ihre Kosten kommen, zumal wieder renommierte Künstlerinnen und Künstler, wie Petra Müllejans, Michael Schneider, Konrad Junghänel u.a. für die Aufführungen verantwortlich zeichnen.
Dass ausgerechnet das Eröffnungskonzert nicht im Kaisersaal stattfinden konnte, war dem Termin geschuldet: Am Fastnachtssonntag herrschen die Narren im Römer (kein Scherz!). Da muss selbst Johann Sebastian Bach weichen. Asyl fand man in der Heiliggeistkirche, die angesichts des rein geistlichen Programms der durchaus geeignetere Ort war. Ein positiver Nebeneffekt dieses Ortswechsels war, dass deutlich mehr Zuhörer das Konzert erleben konnten.
Ton Koopman im Kreis der Akteure (Foto: Ingo Negwer)
Der niederländische Dirigent Ton Koopman, auch als Cembalist, Organist und Wissenschaftler einer der international angesehensten Bach-Spezialisten, hatte mit dem Ensemble Barock Vokal der Hochschule für Musik Mainz zwei Kantaten und die Messe G-Dur von Johann Sebastian Bach einstudiert. Die Vokalbesetzung mit je drei Sänger/innen pro Stimme entspricht dem aufführungspraktischen Ideal Koopmans, wie er es in Abgrenzung zur solistischen Praxis u.a. in seinen musikwissenschaftlichen Ausführungen begründet hat. Und tatsächlich beeindruckte insbesondere in den Chören der Messe BWV 236, aber auch in den Eingangschören der Kantaten Alles nur nach Gottes Willen BWV 72 und Ich hab in Gottes Herz und Sinn BWV 92 die schlanke, jedoch nie spartanisch wirkende Transparenz der Stimmführung. Das hatte Kraft und Anmut, war bis ins kleinste Detail differenziert und ausgewogen herausgearbeitet. Alle quellenkundigen und akademischen Diskurse beiseite lassend sprachen diese Interpretationen für sich.
Angesichts der jungen, noch in der Ausbildung befindlichen Stimmen von Barock Vokal ist es nachvollziehbar und insgesamt zu verschmerzen, dass in den Rezitativen und Arien dieses hohe Niveau nicht immer zu halten war. So wurde eine angenehme, aber dezente Altstimme schon mal von zwei konzertierenden Violinen zu sehr in den Hintergrund gedrängt, fanden die drei Bässe im Choral nicht immer homogen zusammen. Nichtsdestotrotz ließ auch hier so mancher Beitrag aufhorchen, etwa Jonas Boys heller, bestens deklamierender Tenor oder Johannes Hills präsenter, virtuoser Bass. Meneka Senn überzeugte mit klarem Sopran in der wunderbaren nur von einer Solo-Oboe und dem Pizzicato der Streicher begleiteten Arie Meinem Hirten bleib ich treu aus BWV 92. Das wieder hervorragend aufspielende Neumeyer Consort stand den Sängerinnen und Sängern gewohnt zuverlässig und aufmerksam zur Seite.
Zum Schluss wurden die Akteure mit lang anhaltendem begeisterten Applaus gefeiert, so dass Ton Koopmann noch einmal das Gloria aus der Messe wiederholen ließ. - Nun glänzte im Kreis der Instrumentalisten (wie soll man es einem Barockorchester aus Mainz verdenken) eine leuchtend rote Nase auf...
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Kaisersaalkonzert in der Heiliggeistkirche Frankfurt am Main, 06. Februar 2016 AusführendeEnsemble Barock Vokal:Sopran: Natasha Hogarth, Sopran Cecilia Rodríguez-Morán, Sopran Meneka Senn, Sopran Larissa Boto, Alt Katarina van Droogenbroeck, Alt Ruth Katharina Peeck, Alt Jonas Boy, Tenor Fabian Kelly, Tenor Diego Neira Sinde, Tenor Johannes Hill, Bass Tohru Iguchi, Bass Christian Wagner, Bass Neumeyer Consort Leitung: Ton Koopman ProgrammJohann Sebastian Bach:Alles nur nach Gottes Willen BWV 72 Ich hab in Gottes Herz und Sinn BWV 92 Messe G-Dur BWV 236
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