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Es sprühen die Funken
Von Thomas Molke / Fotos von Marco Borggreve, Hayrapet Arakelyan und Anneliese Schürer Neben den Philharmonischen Konzerten gibt es im Konzerthaus auch noch eine Reihe unter dem Titel "Wiener Klassik", in der sich die Dortmunder Philharmoniker auf große Komponisten konzentrieren, die zum Ende des 18. Jahrhunderts und am Beginn des 19. Jahrhunderts die Musikszene in Europa beherrscht und Wien im Vergleich zu den Musikmetropolen Paris und London den Vorzug gegeben haben. Im dritten Konzert unter dem Titel feuer_werk lässt man mit der ausgewählten Musik regelrecht die Funken sprühen. Dazu hat man unter anderem den russischen Violinisten Sergey Dogadin eingeladen, der nicht nur Stipendiat der Dortmunder Mozart-Gesellschaft ist, sondern auf seinem bisherigen Weg über St. Petersburg, Köln, Graz und Wien mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurde, zuletzt mit dem 1. Preis beim Internationalen Joseph Joachim-Wettbewerb in Hannover. Der für dieses Konzert eingeladene Dirigent Lorenzo Viotti musste seine Teilnahme kurzfristig absagen. Doch mit Andreas Spering, einem führenden Spezialisten für Alte Musik, hat man einen adäquaten Ersatz für die musikalische Leitung gefunden. So kommt das Publikum in dem nahezu ausverkauften Konzerthaus vollends auf seine Kosten und erlebt auch ein Feuerwerk der Emotionen. Andreas Spering (© Marco Borggreve) Zu Beginn begibt sich Spering mit den Dortmunder Philharmonikern auf einen regelrechten Höllenritt. Aus Christoph Willibald Glucks tragischer Ballett-Pantomime Don Juan werden drei Auszüge präsentiert. Gluck gilt nicht nur mit seiner berühmten Oper Orfeo ed Euridice als Reformator der Oper, sondern schuf auch 1760 mit seinem Ballett Don Juan am Wiener Burgtheater einen wichtigen Meilenstein des Genres. Erstmals befreite er damit den Tanz von seiner Funktion als barocke Einlage und kreierte gemeinsam mit dem Choreographen Gasparo Angiolini und dem Textdichter Ranieri de' Calzabigi eine dramatische musikalische Handlung. Große Berühmtheit erlangte vor allem Don Juans Höllenfahrt, das "Allegro non troppo", am Ende des Stückes. Gluck übernahm diesen Auszug später in seine Pariser Fassung von Orphée et Eurydice als "Air des Furies", um Orphées Abstieg in die Unterwelt und seine Konfrontation mit den Furien zu beschreiben. Schon in der Ouvertüre der Ballett-Pantomime klingt dieses Thema leicht an. Es folgt das ruhige, aber leicht bedrohlich wirkende "Larghetto", in dem der steinerne Gast - im Ballett ist es Donna Elviras Vater, den Don Juan getötet hat - seinen Auftritt hat, um Don Juan in die Hölle zu holen. Dann folgt die Höllenfahrt, die von den Dortmunder Streichern mit vibrierendem Klang lautmalerisch umgesetzt wird. Mit wahnsinnig schnellen Läufen bewegt man sich wie auf einer Achterbahnfahrt, wobei bedrohliche Hornfanfaren das Inferno spürbar machen. Direkt im Anschluss gibt es den 3. Satz aus Luigi Boccherinis Sinfonie d-moll op. 12 Nr. 4, die im "Allegro con moto" Glucks Motiv übernimmt und das Publikum erneut auf eine Höllenfahrt mitnimmt. Nachdem man nach Gluck eigentlich das Gefühl hatte, im Inferno angekommen zu sein, zeigt Boccherinis mit Variationen der Tempi und der Läufe gespickte Musik, dass die "Casa del Diavolo" noch viele weitere Räume hat. Solo-Violinist Sergey Dogadin (© Hayrapet Arakelyan) Nach diesen beiden Auszügen, die musikalisch und thematisch eine Einheit bilden, gibt es Mozarts Violinkonzert Nr. 3 mit dem Solo-Violinisten Sergey Dogadin, der mit diesem Konzert auch im Halbfinale des Internationalen Joseph Joachim-Wettbewerbs in Hannover im letzten Jahr punktete. Besonders hervorzuheben ist an diesem Konzert, dass der Solist nicht nur im zweiten Satz Gelegenheit zur individuellen Entfaltung erhält, sondern bereits im ersten Satz, dem Allegro, ein ausgedehntes Solo präsentiert. Hier macht Dogadin mit seinem eindringlichen Spiel deutlich, wieso er bereits für seine Mozart-Interpretation mit einem Spezialpreis ausgezeichnet worden ist. Die Dortmunder Philharmoniker geben mit differenziertem Klang Dogadin die Möglichkeit, sich in allen drei Sätzen expressiv zu entfalten. Zunächst werden im "Allegro" einige Themen und Motive vorgegeben, die dann von Dogadin mit der Solovioline ausgebaut werden. Dabei bleibt der Tonfall stets leicht und gewissermaßen schwebend. Vom Höllenfeuer hat man sich also in lichtere Gegenden bewegt. Im Anschluss an das Violinkonzert begeistert Dogadin noch mit einem kurzen Stück von Paganini, in dem er mit der Violine Töne erzeugt, die man kaum für möglich hält. Die Dortmunder Philharmoniker mit Andreas Spering (Musikalische Leitung) und Sergey Dogadin bei Mozarts Violinkonzert Im Teil nach der Pause folgt dann Beethovens 4. Sinfonie B-Dur. Obwohl Beethoven zum Zeitpunkt der Komposition anders als bei der Eroica, die er Napoleon Bonaparte widmete, bereits von dem einst so verehrten Herrscher sehr enttäuscht war, verwendet er auch in dieser Sinfonie die großen heroischen Dimensionen, die sich unter anderem im fulminanten Ausbruch der Pauken im 1. Satz bemerkbar machen. Dabei dauert es allerdings einige Zeit, bis sich nach einem kurzen "Adagio" das Thema des "Allegro vivace" seinen Weg bahnt. Hervorzuheben ist hierbei das eindringliche Spiel von Fagott und Oboe, die einen großen Kontrast zu den Hörnern und Trompeten bilden. Mit sicherer Hand führt Spering die Dortmunder Philharmoniker durch die weiteren drei Sätze, die thematisch allerlei Überraschungsmomente beinhalten. So vergeht auch die letzte halbe Stunde wie im Flug, und alle Beteiligten werden mit großem Applaus bedacht. FAZIT Bei diesem musikalischen Feuerwerk springt die Funke auf den nahezu voll besetzten Saal über.
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Produktionsteam
Musikalische Leitung Dortmunder Philharmoniker Violine
Werke
Christoph Willibald Gluck
Luigi Boccherini
Wolfgang Amadeus Mozart
Ludwig van Beethoven |
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