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Operngala Camilla Nylund -
Richard Strauss zum 150. Geburtstag



Samstag, 8. März 2014, 20 Uhr
Philharmonie Essen
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Artist in absence ...

Von Thomas Tillmann

Anja Harteros ist in dieser Spielzeit "Artist in residence" in der Essener Philharmonie - und musste leider auch den zweiten von vier Terminen absagen (der französische Abend soll immerhin am 1. Juni nachgeholt werden). Intendant Hein Mulders trat vor der Operngala anlässlich des 150. Geburtstags von Richard Strauss selber vors Publikum und entschuldigte die erneute Absage (eine Bronchitis habe inzwischen die ursprüngliche Erkrankung verschlimmert) - und präsentierte mit Camilla Nylund zweifellos einen adäquaten Ersatz, denn die Finnin hat sich in den letzten Jahren einen großen Namen als jungendlich-dramatischer Wagner- und Strausssopran gemacht. Zwischen der Generalprobe am Vorabend und der Premiere des Lohengrin an der Wiener Staatsoper habe die Künstlerin den Abend in Essen gerettet - das war natürlich geflunkert, denn die erste Vorstellung der Koproduktion mit der Oper Zürich findet ja erst am 12. 4. statt.

Und es war kein kurzes, leichtes Programm, das die Einspringerin zu stemmen hatte: Beide Szenen der Ariadne, der Schlussmonolog der Capriccio-Gräfin, der Monolog der Marschallin aus dem ersten Aufzug des Rosenkavalier sowie "Mein Elemer" und "Das war sehr gut, Mandryka" aus Arabella standen auf dem Programm. Ich habe Camilla Nylund häufig gehört, zuerst wohl an der Vlaamse Opera als Arabella, aber auch als Salome, Elsa und zuletzt sehr gut als Ariadne in Frankfurt. Die Finnin ist eine hervorragende Sängerin, die kaum etwas falsch macht, die auch richtig in diesem Fach ist, die ausreichend Reserven hat für die großen Ausbrüche, eine tragfähige Mittellage, eine strahlende, wenn auch für meinen Geschmack mitunter etwas zu sehr sich spreizende, zu wenig fokussierte Höhe, eine Sängerin aber auch, die mich mit ihrer Kunst nicht wirklich erreicht, nicht berührt, vielleicht auch weil ihr dieses letzte bisschen Eleganz und Finish fehlt, dass die ganz großen Sopranistinnen der Vergangenheit für diese Partien mitbrachten (und sie hat ja wie diese etwa an der Wiener Staatsoper und anderen wichtigen Häusern dieses Repertoire gesungen), ein bisschen Wärme mehr dürfte es sein in der makellos geführten Stimme, ein bisschen mehr Raffinesse und mehr Nuancen etwa für die Schlussszene der Madeleine, bei der ihr am Ende die zarten Piani ein wenig Mühe machten. Eine interessante Alternative zur (von mir sehr geliebten) Mondscheinmusik war hier vorweg die "Träumerei am Kamin" aus Intermezzo.

Als Ariadne fand ich die Künstlerin im letzten Herbst in Frankfurt eindringlicher ("Camilla Nylund hätte ich eine so kraftvolle, auch in Mittellage und Tiefe bei natürlich grundsätzlich schlankem Material durchaus substanzreiche Ariadne nicht zugetraut, und auch das mitunter störende Höhenvibrato hatte die Schwedin viel besser im Griff als früher, und den Mangel an Farben und Zwischentönen, die einige Premierenberichterstatter beklagt hatten, kann ich auch nicht bestätigen", lautete mein Urteil damals), ihre Arabella war tadellos, aber hier hatte ich bei aller Leidenschaftlichkeit doch den Eindruck, dass sie bereits ein wenig über die Partie und die Figur an sich hinaus ist. Am eindringlichsten, persönlichsten und bewegendsten geriet Frau Nylund der (kurze) Monolog der Marschallin (da hätte man natürlich auch gern noch den Zeit-Monolog gehört, der ja auch ohne einen Octavian gegangen wäre, so wie die Einwürfe der Figuren in den übrigen Ausschnitten weggelassen wurden), hier arbeitete sie viel intensiver am Text, ging mehr aus sich heraus, fand auch mehr vokale Farben.

Eine gute Idee war es, zwischen den großen Opernszenen von Strauss Werke von Zeitgenossen zu präsentieren. Den Anfang machte Gustav Mahlers "Blumine", jener sinfonische Satz aus der Urfassung seiner ersten Sinfonie, die der Reduktion von fünf auf vier Sätze zum Opfer gefallen war und erst 1966 durch den Fund einer Abschrift wieder verfügbar wurde, wie Johannes Jansen im lesenswerten Programmheftartikel erläutert. Duftig, rauschend und sehr atmosphärisch präsentierten die Essener Philharmoniker dieses Kleinod (die Nervosität des ersten Trompeters legte sich glücklicherweise sehr schnell). Gastdirigent Friedrich Haider ist Fan der Werke von Ermanno Wolf-Ferrari, und so gelangten einige reizvolle Auszüge aus dessen Werken ins Programm, namentlich das entzückende Präludium zu den Quattro rusteghi, mit dem der zweite Teil eröffnet wurde; der ausgelassene Ton der Ouvertüre zu Il segreto di Susanna erinnerte natürlich an das Gewusel im Schlafzimmer der Feldmarschallin.

Man freute sich, dass die mit den Werken von Richard Strauss sehr vertrauten Essener Philharmoniker hörbar unbeschwerter musizierten als unter ihrem ehemaligen Chef, dass manche Passage wärmer und nicht so funkelnd-kühl klang wie damals. Umso ärgerlicher war es aber an vielen Stellen, dass Haider in erster Linie auf überrumpelnde Lautstärke setzte, es damit vor allem der nicht mit einer kleinen Stimme daherkommenden Solistin mitunter sehr schwer machte (die aber klug genug war, sich nicht zum Forcieren verleiten zu lassen) und überhaupt eher mit dem dicken Pinsel malte, so dass vor allem die süffige Walzerfolge aus dem Rosenkavalier und die I gioielli della Madonna-Suite unnötig derb, knallig und gewöhnlich klangen, auch wenn große Teile des Publikums (traurigerweise waren übrigens nicht einmal die Hälfte der Plätze besetzt, trotz des angekündigten Stars und des attraktiven Programms!) ihre Begeisterung nicht zügeln konnten und zwischen den vier Sätzen meinten applaudieren zu müssen. Ein wenig mehr Raffinesse, Transparenz und Bemühen um Details wären hier von Nöten gewesen, um das ganz große Strauss-Glück perfekt zu machen.




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Ausführende

Camilla Nylund, Sopran

Essener Philharmoniker
Friedrich Haider, Dirigent


Werke


Gustav Mahler
"Blumine", Sinfonischer Satz
Richard Strauss
Szene der Ariadne
aus "Ariadne auf Naxos"
Richard Strauss
"Träumerei am Kamin",
Orchesterzwischenspiel aus "Intermezzo"
Richard Strauss
Monolog der Gräfin
aus "Capriccio"
Ermanno Wolf-Ferrari
Präludium zu "I quattro rusteghi"
Ermanno Wolf-Ferrari
Ouvertüre zu "Il segreto di Susanna"
Richard Strauss
Monolog der Marschallin
und Zweite Walzerfolge
aus "Der Rosenkavalier"
Richard Strauss
Szene der Arabella, Ende 1. Akt
aus "Arabella"
Ermanno Wolf-Ferrari
Suite aus
"I gioielli della Madonna"
Richard Strauss
Szene der Arabella, Ende 3. Akt
aus "Arabella"




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