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Iolanta (Jolanthe)

Oper in einem Akt
Libretto von Modest Tschaikowsky nach dem dänischen Schauspiel Kong Renés Datter (König Renés Tochter) von Henrik Hertz
Musik von Peter I. Tschaikowsky

Aufführungsdauer: ca. 1h 45' (keine Pause)

Konzertante Aufführung am Dienstag, 27.11.2012, 20.00 Uhr
Alfried Krupp Saal in der Philharmonie Essen

 

 



Philharmonie Essen
(Homepage)

Durch Mitleid sehend

Von Thomas Molke

Während Tschaikowskys lyrischer Operneinakter Iolanta in Russland durchaus zum Standardrepertoire der Opernhäuser zählt, ist das Werk in Westeuropa eher selten auf den Bühnen zu erleben. Ein Grund dafür mag die recht abstruse Handlung sein, die bei weitem nicht an die Dramaturgie eines Eugen Onegin, Mazeppa oder einer Pique Dame heranreicht. Dennoch kämpft Anna Netrebko seit einigen Jahren dafür, Tschaikowskys letzte Oper auch im Westen zu etablieren. Nachdem sie 2009 mit dem Orchester des Mariinsky Theaters unter der Leitung von Valery Gergiev die Titelpartie im Rahmen der Sommerfestspiele in Baden-Baden präsentierte (siehe auch unsere Rezension) und 2011 bei den Salzburger Festspielen ebenfalls durchsetzen konnte, dass dieses Werk auf den Spielplan gestellt wurde (siehe auch unsere Rezension), tourt sie nun seit Anfang November durch insgesamt zehn westeuropäische Städte, um gemeinsam mit einem hochkarätigen Ensemble dieses musikalische Juwel erneut konzertant zu Gehör zu bringen. Und so strömen die Fans auch in die Philharmonie Essen, Bekanntheitsgrad des Werkes hin oder her. Denn schließlich wollen sie die Netrebko sehen und hören.

Dabei ist die Partie im Vergleich zu anderen Heroinen in Operneinaktern wie beispielsweise Richard Strauss' Salome oder Elektra verhältnismäßig klein. So tritt Jolanthe lediglich in den ersten drei Szenen auf, in denen sie neben der Unterhaltung mit ihren Freundinnen gerade mal ein Arioso zu singen hat, um dann erst wieder zum Ende der Oper zum großen Duett mit dem Tenor, Graf Tristan Vaudemont, aufzutauchen, was relativ schnell ins Finale übergeht. Aber die Netrebko wäre nicht der Superstar der Opernszene, wenn sie nicht auch mit diesen beiden Auftritten das Publikum elektrisieren könnte, und nach ihrem großen Duett mit Sergey Skorokhodov fegt ein regelrechter Orkan der Begeisterung durch den Alfried Krupp Saal, dass Netrebko einige Minuten mit Skorokhodov in einer Umarmung verharren muss, bis schließlich der musikalische Leiter Emmanuel Villaume mit einer Handbewegung dem Publikum klar macht, dass er gerne weiter dirigieren würde, und damit dem frenetischen Beifall ein Ende setzt.

Aber auch zwischen den Auftritten Netrebkos kommen die Zuschauer voll auf ihre Kosten, was zum einen dem hohen Niveau der anderen Solisten zu verdanken ist und zum anderen zeigt, dass Tschaikowskys Musik in jeder Hinsicht über die dürftige Handlung hinwegtröstet. Doch worum geht es eigentlich? König René hält seine blinde Tochter Jolanthe vor der Außenwelt verborgen und verbietet seinem Gefolge unter Androhung der Todesstrafe, Jolanthe über ihre Blindheit und die Schönheit des Sehens aufzuklären. Ebn-Hakia, ein maurischer Arzt, lehnt es ab, Jolanthe durch eine Operation zu heilen, da er sie für wenig Erfolg versprechend hält, solange Jolanthe nicht das Bedürfnis hat, sehen zu können. Robert, der Herzog von Burgund, verirrt sich mit seinem Freund, Graf Tristan Vaudemont, in den Garten, in dem sich Jolanthe aufhält. Tristan verliebt sich sofort in Jolanthe und klärt sie über ihre Blindheit auf. René will Tristan zur Strafe töten. Da bittet Jolanthe darum, durch eine Operation das Augenlicht zu erlangen. Die Operation ist erfolgreich. Robert entpuppt sich zwar als der Mann, dem Jolanthe bereits im Kindesalter als Braut versprochen worden ist, hat sich aber inzwischen in eine andere Frau verliebt und bittet König René daher, ihn vom Eheversprechen zu entbinden. So steht einer Verbindung zwischen Tristan und Jolanthe nichts mehr im Wege.

Emmanuel Villaume führt das Orchester der Slowenischen Philharmonie nach leichten Unsicherheiten in der Ouvertüre zielstrebig durch die großen romantischen Bögen, die stellenweise stark an Lenskis Musik im Eugen Onegin erinnern. Von den drei Freundinnen macht vor allem Monika Bohinec als Martha mit dunklem Mezzo auf sich aufmerksam. Im Zusammenspiel mit Netrebko gelingen ihr bewegende Momente. Netrebko zeigt direkt am Anfang, dass für sie auch eine konzertante Aufführung nicht ohne Spiel abläuft. So bewegt sie sich als blinde Jolanthe langsam auf den hinter dem Orchester positionierten Slowenischen Kammerchor zu und macht deutlich, dass die Königstochter sich nur nach ihrem Gehör orientiert. Wie majestätisch sie von der Bühne schreitet, während ihre Freundinnen sie sanft in den Schlaf singen, vermag zu bewegen. Es folgt der Auftritt des Königs René, der in einem Arioso darüber sinniert, ob der Arzt Ebn-Hakia Jolanthe wohl heilen kann, was musikalisch der erste richtige Höhepunkt des Abends darstellt, der vom Publikum mit großem Applaus belohnt wird. Vitalij Kowaljow stattet René mit markantem Bass aus, der zum einen die Verzweiflung und Sorge des liebenden Vaters hörbar macht, zum anderen ihm jedoch auch eine gewisse Härte und Unnachgiebigkeit verleiht.

Alexey Markov scheint mit der Oper ähnlich verbunden zu sein wie Netrebko, hat er doch die Partie des Robert bereits sowohl in Baden-Baden als auch in Salzburg gesungen. Mit kräftigem Bariton präsentiert er seine Arie, in der er die Vorzüge seiner neuen Liebe Mathilde beschreibt und sich wünscht, die Verlobung mit Jolanthe lösen zu können. Sergey Skorokhodov antwortet darauf als Tristan mit einer großartigen Romanze, in der dieser seine eigenen Vorstellungen von Liebe beschreibt. Skorokhodov begeistert dabei mit lyrischem Tenor, der sich scheinbar mühelos in die Höhen emporschwingt, ohne dabei zu forcieren. Danach kommt es zu dem oben erwähnten großartigen Duett zwischen Netrebko und Skorokhodov, in dem Jolanthe und Tristan ihre Zuneigung zueinander entdecken. Der Rest der Oper trieft ein bisschen vor übertriebenem Pathos, so dass das Happy End mit der Lobpreisung des allmächtigen Schöpfers dann wirklich doch extrem dick aufgetragen klingt. Musikalisch ist daran aber nichts zu beanstanden, so dass es auch am Ende frenetischen Applaus für alle Beteiligten gibt.

FAZIT

Tschaikowskys Iolanta hat musikalisch sicherlich seine Meriten und ist in dieser Besetzung für eine konzertante Fassung hervorragend geeignet. Ob man sich allerdings szenische Umsetzungen dieses Werkes auf deutschen Bühnen wünschen soll, bleibt diskutabel.



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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Emmanuel Villaume

 

Slowenischer Kammerchor

Orchester der
Slowenischen Philharmonie

 

 

Solisten

*rezensierte Aufführung

Jolanthe, Renés blinde Tochter
Anna Netrebko

König René, König der Provence
Vitalij Kowaljow

Robert, Herzog von Burgund
*Alexey Markov /
Lucas Meachem

Graf Tristan Vaudemont, ein burgundischer Ritter
Sergey Skorokhodov

Ebn-Hakia, ein maurischer Arzt
*Lucas Meachem /
Vladislav Sulimsky

Almerich, Waffenträger des Königs
JunHo You

Bertram, Pförtner des Schlosses
Luka Debevec Mayer

Martha, Bertrams Frau und Jolanthes Amme
Monika Bohinec

Brigitte, Jolanthes Freundin
Theresa Plut

Laura, Jolanthes Freundin
Nu
ška Rojko


Weitere Informationen
erhalten Sie von der

Philharmonie Essen
(Homepage)



Da capo al Fine

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