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Romantische und exotische Liedkunst
Die Bedingungen im Konzerthaus Dortmund sind für Liederabende geradezu ideal, weil der Konzertsaal - mal abgesehen von seiner hervorragenden, transparenten Akustik - dank variabler Raumgröße ganz den kammermusikalischen, intimeren Aufführungsbedingungen angepasst werden kann. Wenn dann noch ein anspruchsvolles Programm mit drei umfangreichen, historisch und interpretatorisch sehr unterschiedlichen Liederzyklen zum Thema Liebe in Aussicht steht, verspricht der Abend ein Traum zu werden. Schumanns im Liederjahr 1840 komponierter Zyklus Frauenliebe und -leben ist der Monolog einer Frau von schicksalhafter Liebesbegegnung, pubertärem Anhimmeln, über Hochzeit, Mutterglück bis zum Verlust des Ehepartners. Was im 19 Jahrhundert als eine Art allgemeingültige, musikalische Lebensweisheit geschätzt wurde, mutet in seiner schwärmenden Ergebenheit vor allem des zweiten Liedes „Er ist der herrlichste von Allen“ im 21. Jahrhundert eher naiv und wirklichkeitsfremd an. Und doch zeichnet die Schumannsche Poetik ein differenzierteres Bild, wenn bspw. im Sturm der Leidenschaften die Anfangsworte des dritten Liedes quasi deklamiert und mit kurz angeschlagenen Moll-Akkorden begleitet werden oder wenn sich am Schluss des letzten Liedes im feierlichen Sarabandenrhythmus der Lebenskreis schließt. Was man zunächst als angenehme, leicht distanzierte Vortragsweise der Sopranistin interpretieren konnte, stellte sich schon im Laufe des Schumann-Zyklus als Problem heraus. Christiane Oelze litt hörbar unter den Folgen einer Erkältung. Und die Zuhörer litten dank der fantastischen Akustik mit. In der Höhe wollte sich die Stimme nur selten klanglich entfalten, in der Tiefe kratzte es. Dynamisch-klangliche Gestaltung lag vor allem in der Hand Pierre-Laurent Aimards. der ausdrucksvoll die zwischen höchsten Höhen und tiefsten Tiefen, zwischen starren Akkorden und lyrischen Arpeggien wechselnden, manchmal geheimnisvoll kreisenden Klangwelten Debussys vor Augen führte.
Nach der
Pause hatten sich die Reihen leicht gelichtet. Mag
sein, dass einigen Zuhörern Olivier Messiaens
1945 komponierter Zyklus Harawi zu modern
erschien. Die 12 Gesänge thematisieren mithilfe
des Leitmotivs der „Colombe verte“ Liebe, Abschied und
Tod. Stimme und Klavier ergänzen sich hier
virtuos zu einer klangvollen, mystischen
Atmosphäre, dialogisieren in einer von Natur- und
Vogelmotiven durchzogenen, surrealistisch anmutenden
Kunstsprache. Ein faszinierendes, den Zuhörer
eigentlich fesselndes Werk. Das war
an diesem Abend nicht so. Nach einiger Zeit
verließen immer mal wieder Konzertbesucher auch
während eines Liedes den Saal. Schließlich
unterbrach Frau Oelze ihren Vortrag, beschwerte sich
über die Ungehörigkeit und schob zu guter
Letzt die Modernität der Kunst vor anstatt das
Publikum um Verständnis für ihre hörbar
mitgenommene Stimme zu bitten. „Ich habe es
geübt“ reicht nicht, um das Publikum für die
exotischen Klangbilder Messiaens zu begeistern. Und so
gab es diesmal verständlicherweise keine Zugaben. |
Ausführende Christiane Oelze, Sopran
Pierre-Laurent Aimard, Klavier
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