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Bayreuth, Richard Wagners 200. Geburtstag


Geburtstagskonzert
im Bayreuther Festspielhaus

und anschließende Geburtstagsfeier in der Stadthalle Bayreuth



22. Mai 2013







Wagnerjahr 2013





Bayreuther Festspiele
(Homepage)

Herzlichen Glückwunsch, Richard Wagner!

Von Bernd Stopka

Allüberall wagnert es im Jahr 2013. Am 22. Mai 1813 erblickte Richard Wagner in Leipzig das Licht der Welt. "Im wunderschönen Monat Mai / kroch Richard Wagner aus dem Ei; / ihm wünschen, die zumeist ihn lieben, / er wäre lieber drin geblieben." - spöttelte der Dichterkomponist über sich selbst. Viel geliebt und viel verachtet, aber immer präsent hat sich der rüstige Jubilar ausgesprochen lebendig gehalten. Und das will etwas heißen, wenn man nicht nur  als Komponist bewundert und geliebt wird, sondern auch als Dichter verspottet und im Ganzen, auch als politisch angreifbar aktiver Mensch, immer wieder  ausgiebig hinterfragt, gegen den Strich gebürstet, politisch ge- und missbraucht oder geradezu erdrückend verehrt wird. Das Wagner-Jahr nehmen Opernbühnen und Orchester zum Anlass, Wagner-Schwerpunkte zu setzen, Werke neu zu inszenieren oder Vorhandenes aus dem Fundus zu holen. Allein mit den zahlreichen Ringen könnte man ein halbes Kettenhemd schmieden. In der Bayreuther Oberfrankenhalle werden im Juli die drei frühen, selten gespielten Opern Das Liebesverbot, Die Feen und Rienzi aufgeführt. Die Bayreuther Festspiele, die Oper Leipzig und das Gewandhausorchester Leipzig realisieren dieses Projekt in einer  "Kooperation zwischen Geburts- und Wirkungsstadt".

Den 200. Geburtstag Wagners feierte man aber doch taggenau: im Leipziger Opernhaus mit einem  vormittäglichen Festakt, in Bayreuth mit einem Geburtstagskonzert im Festspielhaus sowie, im Anschluss daran, mit einer großen Geburtstagsfeier in der Bayreuther Stadthalle. Nicht ganz so frisch wie der Jubilar hat sich die Fassade des Bayreuther Festspielhauses gehalten. Sie muss dringend saniert werden, weshalb sie – vorerst teilweise – eingerüstet und mit entsprechenden Foto-Planen geschickt verhangen ist. Der Platz vor dem Festspielhaus wurde  drei Tage zuvor zu Ehren des ehemaligen Festspieleiters zum „Wolfgang-Wagner-Platz“. Diverse Übertragungswagen des Bayerischen Rundfunks, die für die Prominenten-Auffahrt teilweise Absperrung und die Fanfaren vor Beginn der Aufführung zeigten, dass es sich um ein besonderes Ereignis  handelte und manches erinnerte an Festspieltage im  Juli und August, die allerdings stimmungsvoller sind und in der Regel auch bei wärmeren Temperaturen stattfinden.

Zum Geburtstagskonzert (zu Festspielpreisen) setzte man auf Bewährtes und gab die üblichen Verdächtigen, wenn es um konzertanten Wagner geht. Auch mit dem Orchester auf der Bühne kann das Festspielhaus mit einer außergewöhnlich guten Akustik bestechen, wenngleich sich der „Zauber“, der „mystische Mischklang“, der doch das Besondere und Typische des Festspielhauses ist, so nicht einstellen kann. Mit dem Orchester im Graben und den Sängern allein auf der leeren Bühne hätte sich ein ganz besonderer Eindruck eingestellt, der auch Wagner als Erfinder des verdeckten Orchesters geehrt hätte. Das wäre aber kaum für die visuelle Aufzeichnung und zeitversetzte Live-Sendung im Fernsehen tauglich gewesen.

Das Orchester der Bayreuther Festspiele war am Tag der Aufführung angereist und zeigte sich vor allem im ersten Akt der Walküre fast in gewohnt hoher Qualität (und in Frack und Abendkleid – was beim Spielen im verdeckten Orchestergraben sonst nicht notwendig ist). Für die zahlreichen, großartigen solistischen Leistungen sei hier stellvertretend das Solo-Cello für seine intensive Ausdrucksstärke, gepaart mit technischer Perfektion genannt.
Kwangchul Youn setzt bei seiner Gestaltung des Hunding mit klar fokussiertem Bass stärker auf subtile denn auf plakative Dämonie, lässt sich nicht zum Prahlen mit satten Tiefen verleiten und zeichnet ein sehr prägnantes Charakterbild dieser Figur. Johan Botha geht den Siegmund fast liedhaft-lyrisch, nicht wirklich heldisch an. Ganz feinnervig, fast verhalten gestaltet er einen eher zurückhaltenden Siegmund, der nicht auf Glanz und Strahlkraft setzt - auch nicht in den „Wälse“-Rufen und beim finalen „Wälsungenblut“. Für beides bringt er aber einen langen Atem mit. Eva-Maria-Westbroek  durchlebt die Partie der Sieglinde auch in der konzertanten Aufführung musikalisch, mimisch und gestisch mit größter Intensität und vielfarbig blühendem Sopran. Das Aufblitzen des Schwertes im Stamm der Esche kann man regelrecht in ihrem Gesicht sehen. Zuweilen, gerade zu Beginn, wirkt sie fast wie in Trance, gibt sich ganz in die Musik hinein und holt  aus der Partie heraus, was Noten und Stimme hergeben. Dabei gibt sie zuweilen dem Ausdruck Vorrang vor der Stimmkultur, was bei einer so eindringlichen Interpretation  grundsätzlich in Ordnung ist, aber nicht zu häufig vorkommen sollte. Das gilt insbesondere auch für den Liebestod aus Tristan und Isolde, im zweiten Teil dieses Konzertes. Aber ganz ohne Zweifel: Hier ist eine Ausnahmesängerin zu erleben, von der man noch viel hören möchte und wird.

Christian Thielemann leuchtet die Partitur sehr subtil aus, analysiert, ja seziert zuweilen die Musik und lässt faszinierende Details hören. Das Leidenschaftliche, Mitreißende gerade dieses Aktes, der ja gut als Geschichte für sich allein stehen kann, zeigt sich in den oftmals sehr breit gewählten Tempi aber weniger. Im zweiten Teil beginnt er das Tristan-Vorspiel recht irdisch, steigert die Musik dann aber in tobende Leidenschaft und beendet das Vorspiel in einem unerhört spannungsreichen feinsten Pianissimo, bevor sich der Liebestod anschließt. Eher klang- als stimmungsvoll erklingt Siegfrieds Rheinfahrt, gewaltig tönend, pathetisch, geradezu bombastisch der Trauermarsch. Als festlicher Ausklang erklingt das Meistersinger-Vorspiel in hier sonst nicht gehörtem Glanz, von dem der verdeckte Graben doch immer ein bisschen schluckt. Am Ende gibt es viel Jubel für alle Beteiligten, vor allem für Thielemann, der in Bayreuth wohl seine leidenschaftlichste Fangemeinde hat.

Der musikalische Abschluss im Festspielhaus bereitete eine festliche Einstimmung auf die anschließende Geburtstagsfeier in der Bayreuther Stadthalle, bei der Klaus Florian Vogt mit  Am stillen Herd“ und dem Preislied aus den Meistersingern sowie der Gralserzählung aus Lohengrin mit Klavierbegleitung seinen persönlichen Geburtstagsgruß in ungewohnter Atmosphäre zwischen feierlich gedeckten Tischen und nach körperlicher Labung Lechzenden überbringt.     

Mit seiner kurzen Ansprache vor Beginn des Konzerts im Festspielhaus ehrte der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer Richard Wagner als eine „Legende schon zu Lebzeiten“, befasste sich humorig aus bayerischer Sicht mit der Frage „Wem gehört Wagner eigentlich?“ und lobte den „Erschaffer des Mythos Bayreuth“ als „kulturelle Kronjuwele, die uns lieb und teuer ist“ – ja, auch teuer. Das  Bekenntnis, dass Kunst und Kultur „nicht Luxus, sondern Lebenselixier“ sei, hätte auch Wagner sicher gern gehört. 

Aber hätte dieser außergewöhnliche Künstler zu seinem 200. Geburtstag nicht auch und gerade in Bayreuth eine außergewöhnliche musikalische Ehrung verdient? Die Tatsache, dass es sich um das bisher erste Konzert außerhalb der Festspiele überhaupt handelte, ist da, auch mit allem Respekt vor dem logistischen Aufwand, künstlerisch ein bisschen wenig.

 


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Programm
im Festspielhaus


Richard Wagner

Die Walküre
1. Aufzug

Tristan und Isolde
Vorspiel und Liebestod

Götterdämmerung
Rheinfahrt und Trauermarsch

Die Meistersinger
von Nürnberg
Vorspiel

Sieglinde, Isolde
Eva-Maria Westbroek

Siegmund
Johan Botha

Hunding
Kwangchul Youn

Musikalische Leitung
Christian Thielemann

Orchester
der Bayreuther Festspiele 


Programm
in der Stadthalle

Richard Wagner

Die Meistersinger
von Nürnberg
"Am stillen Herd"
"Morgenlich leuchtend"


Lohengrin

"In fernem Land"
Gralserzählung

Klaus Florian Vogt, Tenor


Weitere
Informationen
:
Wagnerjahr 2013
(Homepage)




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