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Liederabend Dame Kiri Te Kanawa




Aufführungsdauer: ca. 2h 15' (eine Pause)

Liederabend in der Oper Köln am 24. April 2010

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Oper Köln
(Homepage)

Abschied

von Thomas Tillmann

Neben ihren beiden Auftritten als Marschallin im Rosenkavalier und zwei Meisterkursen (seit einigen Jahren bemüht die Sopranistin sich intensiv um die Förderung junger Sängerinnen und Sänger, hat in ihrer Heimat eine Stiftung zu diesem Zweck gegründet, einen Radiowettbewerb bei der BBC ins Leben gerufen, sie unterrichtet im Sommer bei der Solti Te Kanawa Accademia in Italien) hatte sich Dame Kiri Te Kanawa auch Zeit für einen Liederabend genommen. Wie sympathisch, dass die wie stets umwerfend gewandete Künstlerin noch vor dem ersten Lied das Publikum begrüßt, sich für zwei wunderbare Wochen in der Domstadt bedankt und auch ihren Pianisten vorstellt, ebenso sympathisch, dass sie nicht verärgert reagiert, als trotz entsprechender Bitte zwischen den Titeln der Liedgruppen geklatscht wird, sondern es den Zuhörern freistellt, zu applaudieren oder zu schweigen.

Natürlich hat Kiri Te Kanawas lyrischer Sopran an Cremigkeit, tonlicher Üppigkeit und Glanz eingebüßt, besonders in der Mittellage fehlt es der Stimme an Volumen und Fülle, und so hört man wie schon vor Wochenfrist kaum je einen Ton, der über ein gepflegtes Mezzoforte hinausgeht, aber eben auch keinen, der wirklich daneben gehen würde, die Intonation ist tadellos, ebenso die Phrasierung, die Atemkontrolle, das reich schattierte Piano, die vielen vollendet ausgesponnenen Morendi (etwa auf "mir" im letzten Vers von Mozarts "An Chloe"), und auch beweglich ist die Stimme immer noch in ausreichendem Maße (etwa für die Einlagearie der Susanna, "Un moto di gioia"). An Kiri Te Kanawas Textverständlichkeit und auch an ihrer Durchdringung des gesungenen Wortes ist immer Kritik formuliert worden, sie erreicht nicht die Intensität, die eine Muttersprachlerin erreicht, die sich um Feinheiten des Textes bemüht, was man nicht erst bemerkt, wenn man Teile des Programms mit den Interpretationen etwa einer Elisabeth Schwarzkopf oder einer Elisabeth Grümmer und anderen mehr vergleicht. Trotzdem war das mit größer Kontrolle und ohne jede falsche Weinerlichkeit gesungene "Abendempfindung" einer der Höhepunkte des Abends.

Neben Mozart waren es die großen lyrischen Frauenrollen von Richard Strauss, in denen Kiri Te Kanawa ihr Publikum in der ganzen Welt verzaubert hat, und von diesem Komponisten erklangen auch an diesem Abend die meisten Lieder, so etwa das tadellos phrasierte, mit geschmackvoller messa di voce und silbrigen Höhen bestrittene "Nacht", ein sehr konzentriert und verinnerlicht vorgetragenes "Morgen", in dessen Vorspiel Julian Reynolds seinen vollendeten Anschlag demonstrieren konnte (nach diesem Lied wandte sie sich ans Publikum und bat um Verständnis dafür, dass sie die Besitzerin des Mobiltelefons, das während ihres Vortrags mehrfach Töne absonderte, hätte umbringen können, zumal es ohnehin eine komplexe Angelegenheit für eine Neuseeländerin sei, vor einem deutschen Publikum deutsche Lieder zu singen; dem Wunsch eines Zuschauers, sie möge das Lied wiederholen, entsprach die Künstlerin zurecht nicht), ein mit superben Schwelltönen versehenes "Ständchen", das herrlich zur Stimme passende "Malven", das mit viel Schwung genommene "Cäcilie".

Dank Julian Reynolds exzellentem Spiel vermisste man bei den Auszügen aus den "Chants d'Auvergne" den üppig-farbigen Orchesterklang nur kurzzeitig und konzentrierte sich auf die tonliche Schönheit des Soprans in den vokalisenähnlichen Passagen und die herzzerreißende Schlichtheit, mit denen die Sopranistin die Trauer der Verlassenen in "La Delaissàdo" nachzeichnete und später das Weinen der Weide in Guastavinos "La rosa y el sauce" in Klang umsetzte. Pure Lebensfreude indes versprühte die Künstlerin in "Qué linda, la madreselva!" vom selben Komponisten. Insgeheim allerdings fragte man sich, warum sie keinen einzigen Titel in englischer Sprache ausgewählt hatte (das Wiederhören des bei Chandos aufgenommenen Eugen Onegin hinterließ bei mir den Eindruck, dass sie im vertrauten Idiom einen noch größeren Eindruck hinterlässt), warum nicht auch ein paar Nummern aus ihrem reichen Cross-over-Repertoire eingebunden wurden, das sie doch immer neben der so genannten E-Musik gepflegt und mit ihrer Stimme geadelt hat. Am Ende des offiziellen Programms assistierte schließlich Julian Reynolds bei seinem "Cologne debut" bei der Schlussphrase von Puccinis "Sole e amore" (die Zuschauer erkannten natürlich, dass der Komponist Material aus dem dritten Akt seiner Bohème zweitverwertet hat), sein "Morire?" servierte die Sopranistin mit derselben Gelassenheit und ruhigen Heiterkeit, mit der sie ihren letzten Auftritt als Marschallin gestaltet und so allzu großer Sentimentalität entgegengewirkt hatte.

Und auch auf ein paar Zugaben aus Dame Kiris Opernrepertoire musste das dankbare Publikum nicht verzichten: In Adriana Lecouvreurs "Io son l'umile ancella" bewunderte man einmal mehr die vollendete messa di voce und die Pianokultur der Sopranistin, die übrigens im Mai in der Royal Albert Hall bei den Classical Brits Awards einen "lifetime achievement award" erhalten wird, bei Mariettas Lied aus Die tote Stadt die problemlos attackierten hohen Töne (und Julian Reynolds, der viel von dem Originalklang des Orchesters auf die Klaviertasten zu übertragen wusste), so dass kleinere Textfehler zur Nebensache wurden, Laurettas "O mio babbino caro", über das das Publikum sich am meisten freute, geriet zu einer delikaten Miniatur einer Künstlerin, die um ihr aktuelles Können und die Grenzen ihrer Mittel sehr wohl weiß. Und natürlich durfte als letzter Titel auch ein kleines a cappella vorgetragenes Maori-Lied nicht fehlen.


FAZIT

Was bleibt? Die große Dankbarkeit nicht nur für diesen Abend, sondern für eine lange, wunderbare Karriere, die übrigens keineswegs zuende ist, sondern dem Vernehmen nach im Konzertsaal fortgesetzt werden soll.




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Dame Kiri Te Kanawa, Sopran

Klavier:
Julian Reynolds



Programm:

Wolfgang Amadeus Mozart:
"Ridente la calma" (KV 152)
"An Chloe" (KV 524)
"Abendempfindung" (KV 523)
"Un moto di gioia" (KV 579)

Richard Strauss:
"Die Nacht" (op. 10 Nr. 3)
"All meine Gedanken" (op. 21 Nr. 1)
"Morgen" (op. 27 Nr. 4)
"Das Rosenband" (op. 36 Nr. 1)
"Ständchen" (op. 17 Nr. 2)
"Allerseelen" (op. 10 Nr. 8)
"Malven" (AV 304)
"Cäcilie" (op. 27 Nr. 2)

Joseph Canteloube:
"Bailero"
"Lo Fiolaire"
"La Delaissàdo"
"Malurous qu'o uno fenno"

Carlos Guastavino:
"La rosa y el sauce"
"Qué linda, la madreselva!"
"El clavel del aire blanco"

Alberto Ginastera:
Cancion al arbol del Olvido

Giacomo Puccini:
"Sole e amore" (Mattinata)
"Morire"



Weitere Informationen
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Da capo al Fine

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