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Klangzauber am Rande der Stille
Von Stefan Schmöe
Die ersten Klarinettentöne des Konzerts sind kaum zu orten, kommen von irgendwo aus der Ferne und nähern sich allmählich. Zuvor hat das Streichorchester Internationale Symphoniker Deutschland die Concert Overture von Ora Bat Chaim gespielt, und nahtlos knüpft Giora Feidman an den Schlussakkord an, noch bevor das Publikum applaudieren kann. Es ist ein magischer Moment, wenn er mit fast unhörbar leisen und dennoch Raum füllenden Tönen durch den großen Saal der Wuppertaler Stadthalle schreitet. Feidman sucht immer wieder den Kontakt zum Publikum, fordert zwischendurch auch zum Mitsingen auf (was das Publikum auch folgsam tut). Musik ist hier immer auch ein aktiver Kommunikationsprozess zwischen Musiker und Zuhörer. Und Feidman weiß genau, wie er sein Publikum in den Griff bekommt. Da hat die Veranstaltung etwas durchaus Familiäres. Feidman kann natürlich alles auf der Klarinette, und neben dem genannten magischen Pianissimo beherrscht er eine schier unglaubliche Palette an Farbnuancen. Da gibt es nicht nur die schönen Töne, mit Quieken und Kreischen streift er zwischendurch auch schon mal vorsichtig die Ränder des (Free) Jazz. Er spielt an diesem Abend mehrere Stücke der israelischen Komponistin Ora Bat Chaim (die in Deutschland vor allem durch die - von Feidman eingespielte - Filmmusik für Caroline Links Jenseits der Stille bekannt geworden ist), dazu drei Stücke von Astor Piazzolla (darunter, ebenso schön wie unvermeidlich, Libertango) und Gershwins Porgy and Bess-Suite in Arrangement für Klarinette und Streichorchester. Das deckt also ganz gut den Bereich von jüdischer (Klezmer-)Musik über Tango bis zum symphonischen Jazz ab. Fast ist man geneigt, von einem Best of-Programm zu sprechen aber durch die Art, wie Feidman spielt, weicht er allen Klischees aus. Allen Stücken gewinnt er eine eigene Note ab, fügt etwas Besonderes hinzu. Nie hat man den Eindruck, hier der kitschigen Seite von Weltmusik zu begegnen. Feidman überwältigende Musikalität verhindert jeden Anflug von Sentimentalität. Selbst ein volkstümliches Lied wie Hava Nagila (das auf den Komponisten Avraham Idelsohn zurück geht), das jahrzehntelang zum friedensstiftenden Gemeingut deutscher Kirchentage gehörte, klingt bei ihm frisch und unverbraucht. Die Internationalen Symphoniker Deutschland, die als Veranstalter auftreten und Feidman begleiten, sind ein unabhängiges heißt auch: sich selbst finanzierendes - Orchester mit Sitz in Dortmund, gegründet 2003. Das Programm reicht von Klassik bis Pop, Leiter ist der weißrussische Dirigent Arkady Berin, der das Ensemble auch gegründet hat. An diesem Abend präsentiert sich das Orchester in reiner Streicherbesetzung als versierter Begleiter mit schönem Piano, manchmal allzu zurückhaltend und wenig prägnant im (seltenen) Forte. Lausig allerdings war die Organisation dieses Konzerts: Kein Programmheft (nur ein Handzettel mit der Programmfolge), weder Informationen zu den Komponisten noch zu den Ausführenden, die Konzertmeisterin, die immerhin fulminant den Finalsatz aus Vivaldis Sommer-Konzert aus den Vier Jahreszeiten spielte, ist nicht einmal namentlich genannt.
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Giora Feidman, Klarinette Internationale Symphoniker Deutschland Arkady Berin Dirigent Werke von Ora Bat Chain, Giora Feidman, Avraham Idelsohn, Gil Aldema, Antonio Vivaldi, Astor Piazzolla und George Gershwin
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