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"Weihnachtszauber" mit Bach
Von Gerhard Menzel
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Fotos: Klaus Rudolph
Acht mit Lichterketten bestückte Weihnachtsbäume leisteten Hélène Grimaud bei ihrem Klavierabend auf dem Podium der Philharmonie Essen Gesellschaft und deuteten unmissverständlich die nahende Weihnachtszeit an. Was das in Massen erschienene Publikum an diesem Abend erleben durfte, ließ wirklich an ein Geschenk des Himmels denken und ließ den Glauben an ein "Weihnachtswunder" für gute zwei Stunden Wirklichkeit werden. Hélène Grimaud gehört jedenfalls zu den Menschen, die schon allein durch ihre Anwesenheit einen Raum mit spannungsvoller Energie füllen und alle Aufmerksamkeit auf sich richten. Dabei gibt sie sich gänzlich unmanieriert, schlicht, einfach und ausschließlich auf ihr Spiel und ihr Publikum konzentriert (im Anschluss an das Konzert nahm sie sich auch noch viel Zeit für das durch die gesamte Wandelhalle der Philharmonie Schlange stehende und auf sie wartende Publikum). Foto: © Klaus RudolphSchon die ersten Töne des c-Moll-Präludiums von Johann Sebastian Bach fesselten Gehör, Geist und Gemüt und ließen sie während des gesamten Konzertes nicht mehr los. Bei dem ganz Johann Sebastian Bach gewidmeten Programm - in Beethovens E-Dur-Sonate op. 109 sind immerhin deutliche Beziehungen zu Bach hörbar - bildeten seine Präludien und Fugen aus dem "Wohltemperierten Klavier" das tragende Gerüst. Hélène Grimaud, für die Bachs Musik "das Bewusstsein der Musik schlechthin" bedeutet, spielte die von Strenge und Klarheit geprägten, kurz und bündig komponierten Marksteine der Klaviermusik deutlich akzentuiert und gegliedert sowie je nach Tonart anders in Klang und Charakter. So durchsichtig und trotzdem musikalisch aufmerksam gestaltet hört man Dux und Comes sowie deren Weiterführung - selbst bei der fünfstimmigen cis-Moll Fuge - selten. Alles klang logisch und einfach nachvollziehbar, was dennoch so ausgeklügelt und künstlerisch anspruchsvoll komponiert ist. Ganz anders ertönten dagegen die die klar strukturierte Harmonik Bachs (selbst die des a-Moll-Paares) verlassenden Transkriptionen von Ferruccio Busoni, Franz Liszt und Sergej Rachmaninow. In all diesen gewaltigen und opulent ausgestalteten Kompositionen finden sich alle zur Verfügung stehenden klavier- und spieltechnischen Möglichkeiten ihrer Zeit, die bei einer Aufführung vollständig beherrscht und adäquat umgesetzt werden müssen. Hier erwies sich Hélène Grimaud nicht nur erneut als eine äußerst sensible Klangfarbenspielerin, sondern auch als exzellente Technikerin in puncto Anschlags- und Phrasierungskunst. Da ihr charismatisches Spiel mit einer ungeheuren Ausstrahlung einhergeht (die nichts mit äußerlichem Aktionismus zu tun hat) und immer eine spannungsvolle Balance zwischen Intellekt und Intuition aufweist, konzentriert sie alle Aufmerksamkeit des Publikums auf die Musik und ermöglicht so ein unmittelbar erlebbares Wahrnehmungsereignis, dass keine noch so "perfekte" Klangkonserve vermitteln kann (auch wenn auf ihrer aktuellen "Bach" CD-Einspielung die Stücke dieses Konzerts in der Philharmonie Essen ebenfalls eindrucksvoll verewigt sind). Foto: © Klaus Rudolph In diesem Zusammenhang muss auch einmal der Konzertflügel in der Philharmonie Essen (und dessen Betreuer) gelobt werden, der alle Anforderungen phänomenal und mit Bravour bestanden hat. Wer dieses Konzert gehört hat kann dann auch verstehen, warum Hélène Grimaud nicht bereit ist, Kompromisse bei ihrem Arbeitsgerät einzugehen und lieber ein Konzert absagt, als auf einem "für sie unbrauchbaren" Instrument zu spielen, auf dem sie ihre musikalischen Vorstellungen nicht verwirklichen kann (so geschehen im September 2007 in Prag). Mit ihrem letzten Programmstück schon bei Sergei Rachmaninow angekommen, bedankte sich Hélène Grimaud beim hörbar begeisterten Publikum noch mit zwei seiner phantasievollen Études-Tableaux.
Ein einzigartiges und überwältigendes Konzerterlebnis wurde zu Recht mit großem Jubel und Standing Ovations gefeiert. Hélène Grimaud: ein himmlisches Geschenk - nicht nur zur Weihnachtszeit. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Hélène Grimaud Klavier Johann Sebastian Bach Präludium und Fuge Nr. 2 c-Moll, BWV 847 Johann Sebastian Bach Präludium und Fuge Nr. 4 cis-Moll, BWV 849 Johann Sebastian Bach Präludium und Fuge Nr. 6 d-Moll, BWV 875 Johann Sebastian Bach / Ferruccio Busoni Chaconne d-Moll aus der Partita Nr. 2 für Violine solo, BWV 1004 (Transkription) Johann Sebastian Bach Präludium und Fuge Nr. 20 a-Moll, BWV 889 Johann Sebastian Bach / Franz Liszt Präludium und Fuge a-Moll, BWV 543 (Transkription) Ludwig van Beethoven Sonate Nr. 30 E-Dur, op. 109 Johann Sebastian Bach Präludium und Fuge Nr. 9 E-Dur, BWV 878 Johann Sebastian Bach / Sergej Rachmaninow Präludium E-Dur aus der Partita Nr. 3 für Violine solo, BWV 1006 (Transkription) Gefördert von der Kulturstiftung Essen
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