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junge deutsch-französische philharmonie

19. April 2009
Stadthalle Bayreuth
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Stadthalle Bayreuth

Mahlers „Totenfeier“ und Bruckners „Romantische“:
Ein bemerkenswertes Konzert der jungen deutsch-französischen philharmonie

Von Sina Baumgart


Anziehend klang das Programm, das in der Bayreuther Stadthalle von der der jungen deutsch-französische philharmonie präsentiert wurde: Gustav Mahlers symphonische Dichtung „Totenfeier“ von 1888, die vor allem als Kopfsatz seiner „Auferstehungssymphonie“ bekannt ist, sowie Anton Bruckners vierte Symphonie, die auch als „Romantische“ geläufig in der 1878/80er Fassung gespielt wurde. Zur Aufführung kamen dementsprechend Werke zweier Symphonie-Giganten, die im heutigen Konzertrepertoire erfolgreich etabliert sind: Der eine als Komponist, der über die Symphonie „mit allen Mitteln der vorhandenen Technik eine Welt auf[zu]bauen“ gedachte und dabei unglaublich formschöpferische Weltanschauungssymphonien konzipierte, der andere, weil er die Weltlage als „geistig gesehen[e] Schwäche“ ansah und dem entgegengesetzt geradezu kraftstrotzende Werke schuf. Angesichts der Aufführung zweier Werke solcher Komponisten-Größen war die geringe Besucherzahl des Konzertes überraschend, die trotz einiger Bayreuther Politprominenz kaum mehr als die Hälfte der Sitzplätze füllte. War es das schwer-düster zu vermutende Programm, das den frühlingsgestimmten Besucher abhielt? Oder gar das jugendliche Alter der Musiker, die eine passable Interpretation zweier außerordentlich imposanter Kompositionen bezweifeln ließ? Erweist sich erstere Überlegung bereits bei genauerer Kenntnis der Werke als allzu plakativ, so entpuppte sich auch letztere Vermutung als fehlgeleitet.

Unter Leitung von Nicolaus Richter hatte die junge deutsch-französische philharmonie das Abschlusskonzert einer Tournee mit Stationen in Paris, Strasbourg, Berlin und Leipzig zu bestreiten, das zugleich vom Bayerischen Rundfunk aufgenommen wurde. Die Jungendlichen bis jung Erwachsenen verschiedener Nationen zeigten nach einer Woche gemeinsamen Probens eine Leistung, die sich wirklich hören ließ und bestätigten damit den Erfolg der jungen deutsch-französische philharmonie als Initiation des deutsch-französischen forum junger kunst, das mit diversen Projekten die berufliche Weiterbildung junger Künstler fördert. Klar und präzise akzentuiert begannen die tiefen Bässe Mahlers „Totenfeier“ und sauber intoniert erklangen in den Bläsern Trauermarsch- und Choralthema. Zarte Violinenstimmen, ein leise kanonischer Horneinsatz und es-Moll-Intensität berührten im lyrisch-pathetischen Seitensatz, und Englischhorn, Oboe und Klarinette trafen ganz den pastoralen Ton, bevor klangrasant die komponierten Zusammenbrüche auf den Zuhörer einstürzten. Fast schon schien das Leben des Helden, den Mahler aus seiner ersten Sinfonie in der „Totenfeier“ zu Grabe trug, an einem vorbeizuziehen. Durchaus hätte es sich da angeboten den Mahler-Extremen nachzugeben, die sich seinerzeit auch im Leben des Komponisten widerspiegelten. Alma Mahlers nannte so ihren Gatten einen „überhitzten Motor oder Amokläufer“ und Mahler selbst schrieb: „Die höchste Glut der freudigsten Lebenskraft und die verzehrendste Todessehnsucht: beide thronen abwechselnd in meinem Herzen; ja oft wechseln sie mit der Stunde […].“ Doch Nicolaus Richter, der als studierter Geiger selbst unter Größen wie Karl Böhm und Pierre Boulez spielte und sich seit mehr als 20 Jahren für den Musikernachwuchs stark macht, dirigierte ausgleichend und fast schon verhalten. Ruhig gesetzt führte er die Wechsel vom Dramatischen ins Lyrische, wurde nur zu den Höhepunkten des Werkes energisch und gab der Interpretation des Werkes einen geradezu besonnenen Anstrich, ohne dass es seiner Interpretation an Leidenschaft gemangelt hätte. Schade war es da nur um den ein wenig überhasteten chromatische Absturz zum Abschluss des Werkes und die allzu intensiven Becken-Einsätze.

Ganz andere Ansprüche als die „Totenfeier“ stellte Bruckners „Romantische“ an den Dirigenten und seine Jungmusiker. Statt Zusammenbrüche und eine für Mahler so typisch subtile Instrumentation, die sich auch anhand des differenzierteren Orchesters zeigte (bei Bruckner sind unter anderem weder Englischhorn noch Harfe gefragt), zeichnet sich die Brucknersche Musiksprache besonders durch majestätische Kraft, große Spannungsbögen und Klangkontraste aus. Treffend gelang es hierbei Richter das Kraftvolle und Große der vierten Symphonie herauszuarbeiten. Ohne das Gleichgewicht zwischen den Instrumentalgruppen aus den Augen zu verlieren, schenkte er besonderes den Blechbläsern Aufmerksamkeit, denen nicht nur aufgrund Bruckners Vorliebe für geballte Klanggewalt eine zentrale Bedeutung zukommt, sondern auch über ihren emanzipierten Einsatz. Zu nennen ist hier die geradezu ungeschlachte Wucht alleiniger Blechbläsereinsätze mit mehr als zehn Stimmen, als auch der thematische Einsatz der Hörner, die der „Romantischen“ zu ihrem Titel verhalfen. Hörner eröffnen so nicht nur über tremolierende Streicher den ersten Satz der Bruckner Symphonie, sondern prägen auch das Jagdthema des dritten Satzes. Nicht selten der Schrecken eines Dirigenten glänzten sie in dem Konzert der jungen deutsch-französischen philharmonie durch eine äußerst saubere Intonation. Den Glanz der Aufführung schmälerten allerdings (wenn auch kaum merklich) an vereinzelten Stellen sowohl der Bruckner-Rhythmus, dessen Duolen-Triolen-Wechsel das Orchester auseinander zu reißen drohte, als auch der nicht ganz treffsicherer Einsatz der Violinen im Scherzo des Symphonie. Klangwarm gelang den Streichern allerdings das Andante der „Romantischen“, das Bruckners Vorliebe für tiefe Lagen erkennen lässt und auch das Trio des dritten Satzes mit seinen beständigen Bordunquinten und der fließenden Melodik der Holzbläser und Streicher konnte sich mehr als hören lassen. Zielsicher nahm das Orchester schließlich zum Finale ihrem Dirigenten das Tempo „Bewegt, doch nicht zu schnell“ ab, breitete die Höhepunkte üppig, aber klanglich austariert aus und beendete das Konzert mit schmetterndem Blech.


FAZIT

Angesichts der bemerkenswerten und leidenschaftlichen Leistung zollte das Publikum den jungen deutsch-französischen philharmonikern mit starkem Applaus Respekt.




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junge deutsch-französische
philharmonie


Nicolaus Richter,
Dirigent


Gustav Mahler:
Totenfeier

Anton Bruckner:
Symphonie Nr. 4 Es-Dur
"Romantische"



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deutsch-französisches
forum junger kunst
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www.forum-forum.org

Stadthalle Bayreuth
www.stadthalle-bayreuth.de









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