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3. Sinfoniekonzert

6., 7. November 2007

Großes Haus der Städtischen Bühnen Münster
Homepage Sinfonieorchester Münster
(Homepage)
Möglichkeiten musikalischer Wirkung

Von Ursula Decker-Bönniger
(Abbildungen aus dem Isenheimer Altar von Mathis Grünewald/Sinfonieorchester Münster)

Musik kann darstellen, kommentieren, berauschen, Phantasie anregen..., aber kann sie auch "die Seele öffnen?" Was damit gemeint sein könnte, wenn jede Note "ein Schmerz, eine Geißel" (Kommentar Venturas zum zweiten Satz) ist, konnte man im zweiten Teil des dritten Sinfoniekonzertes, in der Aufführung der Hindemith-Sinfonie "Mathis der Maler" eindrucksvoll erleben.

Vergrößerung in neuem Fenster "Engelskonzert" (in "Geburt Christi")
(aus dem Isenheimer Altar von Mathis Grünewald)

1934 von Furtwängler in Berlin uraufgeführt, bezieht sich die Sinfonie in der Satzfolge "Engelskonzert", "Grablegung", "Versuchung des heiligen Antonius" auf Tafelbilder der zweiten und dritten Schauseite und die Predella des Isenheimer Altars von Mathis Grünewald. Hindemiths gleichnamige Oper dagegen thematisiert eher Fragen des Künstlerdaseins in der Gesellschaft des 16.Jahrhunderts (Reformation, Bauernkriege, Fragen der künstlerischen, inneren Emigration). Sie wurde 1938 in Zürich uraufgeführt, nachdem in Deutschland 1936 ein absolutes Aufführungsverbot der Musik Hindemiths verhängt worden war.

Vergrößerung in neuem Fenster

"Grablegung" (= "Beweinung Christi")
(aus dem Isenheimer Altar von Mathis Grünewald)



Vergrößerung in neuem Fenster "Die Versuchung des heiligen Antonius"
(aus dem Isenheimer Altar von Mathis Grünewald)

Ob Streicherakkorde und melodische Linien der Holzbläser in der langsamen Einleitung, ob die von der Posaune eingeführte, orchestral gesteigerte und dreimal zitierte Choralmelodie, ob der schwingende, bewegte Hauptteil mit den drei deutlich voneinander abgesetzten Themen oder das kontrapunktische sinfonische Geflecht, das Orchester entwickelte eine beeindruckende, vor allem in Aufbau und Symbolik an die Grünewaldsche Darstellung erinnernde Klangarchitektur.

Venturas musikalische Interpretation lebt vertikal von der Verschiedenartigkeit der Satzelemente und horizontal von einem sich kontinuierlich steigernden Klangraum. Und das Orchester folgte ihm in ausgesprochen homogener Beweglichkeit. Beeindruckend war vor allem die hochemotionale, energiegeladene, rhythmisch-dynamisch geschärfte Interpretation des 3. Satzes ("Versuchung des heiligen Antonius"). Wie eine Art musikalische Offenbarungstheologie, die gefühlte Anteilnahme aller Beteiligten spürbar werden lässt!


Welch ein Unterschied dazu der erste Teil des Abends! Brahms 1882 komponierter "Gesang der Parzen" ist ein sehr persönlich gefärbter, manchmal fast religiös anmutender Kommentar des Komponisten zum Gesang der Schicksalsgötter aus Goethes "Iphigenie". Diese "weltliche Kantate" (Einstudierung Thomas Mayr) schien eine zu große Herausforderung für den seit 1816 existierenden Chor des Musikvereins der Stadt Münster, den momentan etwa 40 SängerInnen umfassenden "Konzertchor Münster"- ein Laienchor, dessen musikalische Leitung seit 1919 dem jeweiligen Generalmusikdirektor obliegt. Hätte man nicht durch zahlenmäßige Unterstützung den Eindruck wackeliger Einsätze und eines wenig homogenen Chorklangs vermeiden können?

Publikumsliebling des Abends war das Violinkonzert des zeit seines Lebens an versteckter Homosexualität leidenden Tschaikowsky. Seine unendlich schönen, kraftvollen, vor Lebensfreude, Selbstmitleid und Melancholie strotzenden Melodieeinfälle haben ihm oft den Vorwurf übertriebener Sentimentalität eingebracht. Davon konnte in der virtuosen, geradezu wilden, im ersten Satz ein wenig an Abstimmungsproblemen von Solist und Orchester leidenden Interpretation des 1944 geborenen, italienischen Maestro Uto Ughi keine Rede sein! Er ließ sein Instrument virtuos "brüllen, heulen, kratzen" vor allem im finalen Rondo (und in der Paganini-Zugabe) ganz im Sinne einer historischen, an den russischen Realismus angelehnten Interpretation, ganz im Sinne des damals abfällig gemeinten, berühmten Hanslick-Kommentars: "Aber es (das Adagio, der zweite Satz) bricht schnell ab, um einem Finale Platz zu machen, das uns in die brutale, traurige Lustigkeit eines Kirchweihfestes versetzt. Wir sehen lauter wüste, gemeine Gesichter, hören rohe Flüche und riechen Fusel. Friedrich Vischer behauptet einmal bei der Besprechung lasziver Schildereien, es gebe Bilder, ‚die man stinken sieht'. Tschaikowskys Violinkonzert bringt uns zum ersten Mal auf die schauerliche Idee, ob es nicht auch Musikstücke geben könnte, die man stinken hört." (zitiert nach E.Helm, Tschaikowsky)



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(Veröffentlichung vorbehalten)
Uto Ughi
Violine

Sinfonieorchester Münster

Konzertchor Münster
(Einstudierung Thomas Mayr)

Fabrizio Ventura
Dirigent



Johannes Brahms
Gesang der Parzen, op.89
für sechsstimmigen Chor
und Orchester

Pjotr Iljitsch Tschaikowsky
Konzert für Violine und Orchester
D-Dur op. 35

Paul Hindemith
Sinfonie "Mathis der Maler"



Weitere Informationen

Sinfonieorchester Münster
www.sinfonieorchester-muenster.de






Da capo al Fine

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