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2. Sinfoniekonzert

16.,17.,21. Oktober 2007

Großes Haus der Städtischen Bühnen Münster
Homepage Sinfonieorchester Münster
(Homepage)
Einstand mit Mahler und Battistelli

Von Ursula Decker-Bönniger

Normalerweise sind gerade die Sinfoniekonzerte in Münster gut besucht. Daher war der Schock beim Anblick der nur spärlich besetzten ersten Reihen im Parkett umso größer! Und das beim ersten, vom neuen Generalmusikdirektor Fabrizio Ventura dirigierten Sinfoniekonzert, bei einem Programm mit Malers Neunter, seiner letzten vollendeten Sinfonie, der Abschiedssinfonie, dem Neubeginn nach der Sinfonie der Tausend.

Es war eine grandiose, an die Zeiten von Alfred Walter erinnernde Aufführung von Dirigent und Orchester. Aber Fußball-Länderspiel und eine Veranstaltung zum lokalen Kulturdauerbrenner „Musikhalle“ fesselten offenbar das Interesse der münsterschen BürgerInnen mehr. Oder sollten Mahler-Sinfonien in Münster immer noch „Weltanschauungsmusik“ (Dahlhaus) sein?

Erst seit Gustav Mahlers 100. Geburtstag, seit Beginn der 60er Jahre, haben sein Ruhm, seine Popularität zugenommen, scheinen jedoch auch heutzutage nicht selbstverständlich zu sein. Die Einen lieben seine zynischen, gebrochenen, aber auch pathetisch sentimentalen musikalischen Botschaften, Andere empfinden Unbehagen.
Malers Musik berührt, setzt Emotionen frei und erschlägt. Mal aufbrausendes, hektisches Durcheinander, mal beschwingt, tänzerisch einschmeichelnd, mal marschartig plakativ, mal ein sich entwickelnder, orchestraler Klangstrom, mal durchsichtiges Kammerspiel.
Thema der 1909 komponierten und nach seinem Tode 1912 in Wien uraufgeführten Sinfonie ist das Abschiednehmen, eine mitunter verklärte Todessehnsucht, die sich zum Beispiel in Chromatik, abwärtsgerichteten Sekundschritten und immer wieder auflösenden musikalischen Klangkomplexen spiegelt.

Venturas Interpretation lebte von dem widersprüchlichen Pathos dieser Sehnsucht. Mit eindrucksvollem Spannungsbogen mittels Tempo- und Dynamik-Gestaltung wurden vor allem im Adagio-Satz Generalpausen, das Abbrechen und Neuansetzen melodischer Phrasen geradezu inszeniert wie ein Abschied, der nicht enden will, Wehmut auslöst, weil irgendwann unweigerlich die Schwelle der Stille, der Leblosigkeit erreicht ist.

Zu dieser ausdrucksstarken Inszenierung gehörten aber auch eine fast animalische Sinnlichkeit der Rondo-Burleske sowie das Ausleben, Auskosten des Moments der Entfremdung, der „leidenschaftslosen Schönheit“ (Schönberg), wenn in zartem Pianissimo und Spiel in extremer Lage der Klangfarbenwechsel verzögert, „schattenhaft“ (Spielanweisung Mahlers) einsetzt.

Musik und Malerei
Zwischen Spätromantik und Atonalität, bruchlos zwischen U- und E-Musik pendelnd gilt Mahlers Neunte als Tor zur Moderne und wirkte in Venturas Interpretation in seiner Aussagekraft moderner als die deutsche Erstaufführung des Orchesterwerkes „Lettera a Francis Bacon“ für großes und unsichtbares Orchester von Giorgio Battistelli, mit dem das Sinfoniekonzert eingeleitet wurde. Als Komponist, der vor allem mit Werken für Musiktheater bekannt wurde, interessiert ihn weniger die Entwicklung des musikalischen Materials, als die dramatisch emotionale Wirkung der Musik. Dabei durchdringen sich die Instrumentalstimmen nicht, sondern bleiben als sich abwechselnde oder addierende, kontrastierende Blöcke bestehen.

Klangfarbliche Experimente wie in der Oper „Experimentum mundi“ mit 16 Handwerkern und deren verschiedenen Aktionen auf der Bühne bleiben bei „Lettera a Francis Bacon“ aus. Das „unsichtbare Orchester“, dessen Klang symbiotisch mit dem Orchester verschmilzt, erscheint als nicht hörbare Tonbandeinspielung. Stattdessen beben und brummen bekannte, effektvolle Tonwechsel, Tremoli und Glissandi, türmen sich, Holz- und Blechbläser miteinbeziehend, schichtweise zu einem Klangtumult auf, der hochdramatisch mit Paukenwirbeln, scheppernden Becken- oder Gongschlägen abgeschnitten wird, eine Ausweitung des Klanges zum Schrei.

Battistelli ließ sich bei dieser Komposition vor allem von den Papstbildern Francis Bacons inspirieren. Während Bacon durch Zerfallstechniken mit scharfem Blick die elementare Seite der menschlichen Natur offenlegt, bleiben Battistellis musikalische Kommentare illustrativ oberflächlich.
Fabrizio Ventura, der auch in zukünftigen Sinfoniekonzerten Kompositionen, die die Verbindung von Musik und Malerei ansprechen, aufführen will, macht Lust auf Mehr!




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Sinfonieorchester Münster

Fabrizio Ventura
Dirigent



Giorgio Battistelli
Lettera a Francis Bacon
für großes und
unsichtbares Orchester
(deutsche Erstaufführung)

Gustav Mahler
Sinfonie Nr.9
für großes Orchester



Weitere Informationen

Sinfonieorchester Münster
www.sinfonieorchester-muenster.de






Da capo al Fine

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