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Antrittstournee mit Hindernissen und ein erfolgreicher Saisonauftakt der PRO ARTE KONZERTE in Essen Von Gerhard Menzel / Foto: Pro Arte Konzerte Essen Die erste Tournee der Staatskapelle Dresden unter ihrem neuen Chef Fabio Luisi, der am 9. September in Dresden feierlich in sein Amt als Generalmusikdirektor der Sächsischen Staatsoper und der Staatskapelle Dresden eingeführt worden war, begann im wahrsten Sinne des Wortes äußerst "geschichtsträchtig". Zunächst dirigierte Fabio Luisi zum Tourneeauftakt am 13. September im Rahmen des "musikfest berlin 07" in der Berliner Philharmonie die "Alpensinfonie", die Richard Strauss mit dem - damals noch den Namen Dresdner Hofkapelle tragenden - Orchester am 28. Oktober 1915 in Berlin zur Uraufführung brachte. "Richard Strauss und seine Zeitgenossen" sollen übrigens auch den Schwerpunkt der künftigen Dresdner Konzertprogramme von Fabio Luisi bilden. Nach ihrem Gastspiel in Warschau führte die gemeinsame Europa-Tournee der Staatskapelle Dresden und der Pianistin Hélène Grimaud (weitere Stationen waren Turin, Wien, Essen, Frankfurt und Paris) zu einem Konzert beim Festival "Prager Herbst", wo es zu einem - in der fast 460-jährigen Geschichte des Orchesters noch nie bekannten - äußerst unerfreulichen Zwischenfall kam. Helène Grimaud hatte den dort zur Verfügung stehenden Flügel beanstandet, der sich in einem anscheinend sehr schlechten Gesamtzustand befand. Ihrem persönlichen Klavierstimmer wurde aber - entgegen den getroffenen Vereinbarungen - verweigert, den Flügel für den lange ausverkauften Konzertabend einzurichten. Letztendlich sagte der Direktor zuerst das Klavierkonzert, kurz darauf dann das gesamte Konzert ersatzlos ab. Unglaublich, aber wahr! In der Essener Philharmonie eröffnete Fabio Luisi mit der Staatskapelle Dresden und Hélène Grimaud jetzt die neue Saison der renommierten und für große Qualität bürgenden PRO ARTE KONZERTE. Der erste Teil des Abends gehörte ausschließlich Ludwig van Beethovens Konzert für Klavier und Orchester Nr. 5 Es-Dur op. 73. Zunächst ein Misserfolg, gehört es heute zu seinen meistgespielten Klavierkonzerten, das auch unter dem Namen "Emperor" bekannt wurde. Zu seiner Entstehungszeit befand sich Europa mitten in den Napoleonischen Kriegen und meist überträgt sich der heroische und pathetische Charakter der in derselben Tonart stehenden 3. Sinfonie auch auf dieses Klavierkonzert.
In der Interpretation von Helène Grimaud bleibt von diesem heldenhaften Schlachtengemälde und seinem optimistischen Grundcharakter allerdings nicht mehr viel übrig. Wie Beethoven selbst um jede Note rang (wovon seine Skizzenbücher beredtes Zeugnis ablegen), so hinterfragt Helène Grimaud all die rhythmischen Gegenläufigkeiten, Synkopen und Stauungen im Klavierpart, ja jede einzelne Note. Es ist ein tiefgründig philosophisches Nachspüren von Sinn und Inhalt der Komposition, bei dem das ausgesprochen musikantische und unbekümmerte Musizieren fast gänzlich ausgespart wird. Dadurch entsteht ein zum Teil seltsam distanzierter und nüchterner Eindruck der sonst so pompös und kraftvoll daherkommenden Abschnitte des Konzertes, das sicherlich nicht jeden Zuhörer überzeugt. Letztendlich wird der zweite Satz zum Schlüssel der gesamten Interpretation. So wie Beethoven dieses "Adagio un poco moto" in die weit von der Grundtonart des Konzertes entfernte Tonart H-Dur setzt, so realitätsfern und visionär klang auch dieses Plädoyer für eine friedvollere und bessere Welt bei Helène Grimaud. Dabei kommt Helène Grimaud die stilistische Wandlung Beethovens vom Solistenkonzert zum sinfonisch geprägten Konzerttypus sicherlich entgegen. Fabio Luisi und die Staatskapelle Dresden assistierten ihr aufmerksam und mit tadellosem Spiel, manchmal vielleicht sogar etwas zu klangschön. Aber dem satten, tiefen Streicherklang, den edlen Holzbläsern sowie den traumhaft weich einsetzenden und perfekt intonierenden und phrasierenden Hörnern zu lauschen, machte wirklich große Freude. So war dieses Konzert zwar kein brillantes Feuerwerk, aber ein sehr persönliches und tief nachempfundenes Bekenntnis einer der eigenwilligsten und tiefgründigsten Pianistinnen unserer Zeit. Seinen ganzen Farbreichtum und sein ganzes instrumentales Potenzial präsentierte das von Richard Wagner als "Wunderharfe" bezeichnete Orchester dann in der riesenhaft besetzten "Alpensinfonie" von Richard Strauss, für den die Staatskapelle Dresden quasi zu seinem "Uraufführungsorchester" avancierte und das für seinen speziellen "Straussklang" bis heute weltberühmt ist.
Wie Fabio Luisi diese gigantische Partitur formte und gestaltete war schon recht eindrucksvoll. Trotzdem hatte die Interpretation eher den Charakter einer Bergfilmdokumentation, als den einer haunah erlebten Bergwanderung mit all seinen Naturempfindungen, Schönheiten und Urgewalten. Auf jeden Fall war es ein glanzvoller und eindrucksvoller Saisonauftakt, den die PRO ARTE KONZERTE ihrem Publikum in der Philharmonie Essen boten. Da ist man schon gespannt auf das, was da noch kommt. Weitere PRO ARTE KONZERTE
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Helène Grimaud Klavier Staatskapelle Dresden Fabio Luisi Dirigent Ludwig van Beethoven Konzert für Klavier und Orchester Nr. 5 Es-Dur op. 73 Richard Strauss Eine Alpensinfonie
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