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Mit Kalkül und Leidenschaft
Von Gerhard Menzel Mit dem 1895 gegründeten Cincinnati Symphony Orchestra war das fünftälteste Sinfonieorchester der Vereinigten Staaten zu Gast in der Tonhalle Düsseldorf. Auf seiner zweiten Europa-Tournee durch fünf Länder gab das Orchester insgesamt 12 Konzerte: in Wien, Amsterdam, Paris, Valencia, Barcelona, Madrid, Hamburg, Frankfurt, Stuttgart, München, Dortmund, und Düsseldorf. Music Director des Orchesters ist seit 2001 Paavo Järvi, der zudem seit 2004 der künstlerische Leiter der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen und künstlerischer Berater des Estnischen Nationalen Sinfonieorchesters ist. Außerdem ist Paavo Järvi seit 2006 Chefdirigent des Sinfonieorchesters des Hessischen Rundfunks, mit dem er im Mai/Juni auf Japan-Tournee geht - gleich nach der Europa-Tournee mit dem Cincinnati Symphony Orchestra. Ab der Saison 2010/2011 übernimmt Paavo Järvi als Musikdirektor das Orchestre de Paris. Die Schwerpunkte des umtriebigen und engagierten Dirigenten sind das wenig gespielte nordische Repertoire, die großen romantischen und spätromantischen Werke sowie die zeitgenössische Musik. Janine Jansen und das Cincinnati Symphony Orchestra Foto: © Gerhard Menzel
Mit Paavo Järvi und dem Cincinnati Symphony Orchestra hatte die Solistin des Abends, Janine Jansen, im November 2005 auch ihr Debüt in den Vereinigten Staaten gegeben. Zusammen mit dem Pianisten Nikolaï Lugansky begleitete Janine Jansen jetzt das Orchester auf seiner Tournee und präsentierte in Düsseldorf das opulent-spektakuläre Violinkonzert von Peter Iljitsch Tschaikowsky.
Schon vor eineinhalb Jahren im Rahmen des Konzertwochenendes Schostakowitsch zum 100. im Dortmunder Konzerthaus riss Janine Jansen durch ihre phantastische Interpretation dieses Konzertes das Publikum von den Sitzen (OMM Rezension: Schostakowitsch zum 100.). In Düsseldorf war das Ergebnis zwar das gleiche, die Interpretation aber eine deutlich andere. Zumindest in Ansätzen machte Janine Jansen dieses Mal deutlich, was Eduard Hanslick mit seinem vernichtenden Urteil über dieses Werk - es werde nicht mehr Violine gespielt, sondern "gezaust, gerissen, gebläut" - meinte. Zwar konnte weniger davon die Rede sein, dass man die Musik stinken hört", aber kräftig gewürzt war sie allemal. Allerdings lag dieses nicht an mangelnden technischen Fähigkeiten (wie zur Zeit der Uraufführung), sondern an dem kompromisslosen Einsatz, mit dem sich Janine Jansen dieses technisch und musikalisch äußerst anspruchsvollen Werkes annahm. Allein auf den größtmöglichen künstlerischen Ausdruck bedacht, nutze Janine Jansen vom gehauchtesten Pianissimo, den zärtlichst gestreichelten Melodiepassagen, bis hin zum energiegeladensten und aggressivten Fortissimo alle dem Instrument zur Verfügung stehenden dynamischen und klanglichen Möglichkeiten aus (dabei blieben auch diverse Haare der Bogenbespannung auf der Strecke). Paavo Järvi und das Cincinnati Symphony Orchestra waren ihr aufmerksame und in rein orchestralen Passagen auch volltönend auftrumpfende Begleiter.
Paavo Järvi und das Während die kurze, zu Beginn des Konzertes gespielte Ouvertüre zu Mozarts "Le nozze di Figaro" (mit dem riesig besetzten Orchester wie eine Hommage an Karajan wirkend) ein eher überflüssiger Beitrag war, den Abend unnötig verlängerte und durch den folgenden Umbau nur für nochmalige Unruhe sorgte, geriet Schuberts "Große" C-Dur Sinfonie zu einem architektonisch gewaltigen Klanggebäude. Bis ins kleinste Detail ausgearbeitet, doch immer mit dem Blick auf die gewaltigen Ausmaße des Werkes, gestaltete Paavo Järvi unspektakulär, aber ganz den Intentionen Schuberts folgend diese noch heute beeindruckende und berührende Komposition. Das Cincinnati Symphony Orchestra folgte ihrem Chef aufmerksam, mit großer Klangkultur und wohlgestalteten Instrumentalsoli. Allerdings zeugte ihre Präsentation durch große Konzentration und mit zum Teil angespannt wirkendem Spiel von großem Respekt vor dieser gewaltigen Komposition Schuberts. Dieser Eindruck bestätigte sich dann auch bei den vom Publikum mit Nachdruck geforderten Zugaben, bei denen das Orchester vor Spielfreude und musikantischem Drive nur so strotztend wie von einer großen Last befreit völlig gelöst aufspielte. Mit Brahms' Ungarischem Tanz Nr. 6 und dem Valse triste von Jean Sibelius verabschiedete sich das Cincinnati Symphony Orchestra von einem restlos begeisterten Publikum.
Ein gefeiertes Gastspiel eines der großen ambitionierten Orchester aus der neuen Welt mit einem umsichtig gestaltenden Paavo Järvi und einer glühend leidenschaftlichen Janine Jansen. Das nächste Konzert im Abo: 6. Heinersdorff Konzert Mi, 21.05.2008, 20:00 Uhr Tonhalle Düsseldorf POLISH CHAMBER ORCHESTRA NIGEL KENNEDY, Violine Mozart: Violinkonzert Nr. 4 D-dur KV 218 Beethoven: Violinkonzert D-dur op.61 Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Cincinnati Symphony Orchestra Janine Jansen Violine Paavo Järvi Dirigent Wolfgang A. Mozart Ouverture zu "Le nozze di Figaro" KV 492 Peter Tschaikowsky Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 35 Franz Schubert Symphonie Nr. 8 C-Dur D 944 "Große"
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