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Johannisberg International
Philharmonische Gastkonzerte (5)


15. Mai 2007
Historische Stadthalle Wuppertal
Großer Saal
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Historische Stadthalle Wuppertal
(Homepage)
Hoher Besuch aus Finnland

Von Gerhard Menzel / Fotos: Konzert Theater Kontor Heinersdorff GmbH

Vergrößerung in neuem Fenster Helsinki Philharmonic Orchestra

Im Rahmen der Konzertreihe "Johannisberg International - Philharmonische Gastkonzerte" gastierte im fünften Konzert mit dem Helsinki Philharmonic Orchestra das älteste professionelle Sinfonieorchester Skandinaviens in Wuppertal, das dieses Jahr sein 125-jähriges Jubiläum feiert. Es führte fast alle sinfonischen Werke von Jean Sibelius auf, wobei der Komponist selbst auch oft am Pult des Orchesters stand. Chefdirigent des 1882 gegründeten Orchesters ist seit 1995 Leif Segerstam, ein Unikum unter den Dirigenten und auch als Erscheinung unverwechselbar.

Der 1944 geborene Leif Segerstam begann seine Karriere als Operndirigent in Helsinki, Stockholm und Berlin sowie als Gast an der Metropolitan Opera New York, dem Teatro alla Scala Milano, dem Royal Opera House Covent Garden London und dem Teatro Colon Buenos Aires. Weitere Engagements führten ihn an die Opernhäuser von Köln, Hamburg, München und Geneve sowie zu den Salzburger Festspielen und zum Savonlinna Festival.

Leif Segerstam war außerdem Chefdirigent des Rundfunk-Sinfonieorchesters Wien (von 1975-82) und des Finnischen Radio-Sinfonieorchesters Helsinki (von 1977-87). Ferner war Segerstam 1983-89 Generalmusikdirektor der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, bevor er im Dezember 1988 (bis 1995) in gleicher Position zum Dänischen Radio-Sinfonieorchesters wechselte. Ab 1995 war er Chefdirigent der Königlichen Stockholm Oper (bis 2001) und des Helsinki Philharmonic Orchestra.

Als Dirigent reicht sein umfangreiches Repertoire über die "Romantik" bis in die "Moderne". Seine ungeheure kompositorische Produktivität dokumentiert sich durch sein riesiges Oeuvre, das 150 Symphonien, 30 Streichquartetten, 11 Violin- und 4 Klavierkonzerten sowie zahlreichen anderen Instrumentalkonzerten, Kammer- und Vokalmusik umfasst.

Auf der aktuellen, durch Österreich und Deutschland führenden Tournee von Leif Segerstam und dem Helsinki Philharmonic Orchestra gastierten sie u.a. in Wien Hannover, Freiburg, Hamburg und Dresden. Ihre Visitenkarte gaben sie in Wuppertal mit dem "Cantus Arcticus" - "Concerto for birds and orchestra" von Einojuhani Rautavaara ab. Das wahrscheinlich populärste, mit Sicherheit aber das am meisten aufgeführte Werk eines noch lebenden finnischen Komponisten entstand 1972 für eine Feier der Universität von Oulu.

Mit diesem dreisätzigen "Konzert für Vogelstimmen und Orchester" komponierte Rautavaara einen Dialog zwischen Vogelstimmen und Orchester, dessen tonal gebundene Tonsprache später als postmoderner Romantizismus auch von anderen Komponisten aufgenommen wurde. Neben einem groß besetzten Sinfonieorchester erfordert es die Koordination mit Vogelstimmen, die Rautavaara am Polarkreis, im Liminka-Moor nahe der nordfinnischen Stadt Oulu, auf Band aufgenommen hatte.

Der erste Satz, "Suo" (Sumpf), beginnt mit zwei Soloflöten, zu denen sich die konservierten Vogelstimmen und weitere Holzbläser hinzugesellen. Einen Kontrast dazu bilden ausgiebige Streicherpassagen.
Im Mittelsatz - "Melankolia" - hat Rautavaara den Gesang der Küstenlerche so verlangsamt, dass sie zwei Oktaven tiefer klingt und dadurch den Charakter eines "Geistervogels" erhält.
Im dritten Satz, "Joutsenet muutavat" (ziehende Schwäne) ist das Orchester zunächst in vier Gruppen unterteilt. Auf seinem Höhepunkt wird dann der Eindruck eines gewaltigen Vogelzugs erweckt. Die Stimmen der Schwäne verwandeln sich schließlich in unglaubliche Glissandi, die Rautavaara so beschrieb: "Mein Gefühl war, dass sie geradewegs in die brennende Sonne flögen" - und im Nichts verklingen.

In diesem Tryptichon vereinigen sich somit Natur(laute) und Kunst(klänge), die tierische und die menschliche Sphäre. Es verklanglicht die Sehnsucht, die - mit wohligen Harmonien durchströmt - vom ungetrennten Natürlichen schwärmt.

Vor gut einem Jahr war dieses Werk übrigens schon einmal in der Stadthalle zu hören. Im März 2006 dirigierte die lettische Dirigentin Anu Tali diese atmosphärische Komposition von Einojuhani Rautavaara mit dem Sinfonieorchester Wuppertal (OMM-Kritik).

Hatte Anu Tali damals "Frühlingshafte Musik bei winterlichem Wetter" in die Stadthalle gezaubert, so durchströmte bei Leif Segerstam und dem Helsinki Philharmonic Orchestra - bei frühlingshaften äußeren Temperaturen - eher polare Kühle den Raum. Dieses Gefühl stellte sich auch bei dem Konzert für Violine und Orchester von Jean Sibelius ein, in dem die Geigerin Baiba Skride - im Gegensatz zum einige Tage zuvor in Dormund gespielten zweiten Violinkonzert von Schostakowitsch (OMM-Kritik) - mit ihrer Interpretation nur bedingt zur Geltung kam.

Vergrößerung

Baiba Skride

Sicherlich besitzt das Konzert von Sibelius in seiner klaren, klassischen Form (Sonatenhauptsatz, dreiteilige Liedform, Sonaten-Rondo etc), die nötige virtuose Anlage und reichlich Passagen, die mit Gefühl und Ekstase gefüllt werden können, aber in diesem Fall schien die klangliche Balance nicht recht aufzugehen. Ob es an der Akustik lag, oder an einer ungenügenden Abstimmung zwischen Solistin und Orchester, war so nicht auszumachen (bei der Bach-Zugabe klang die Violine alleine dann allerdings sehr wohlklingend und präsent).

Als etwas gewöhnungsbedürftig stellte sich vor allem die Interpretation der Sinfonie Nr. 3 in F-Dur von Johannes Brahms heraus. Leif Segerstam und das Helsinki Philharmonic Orchestra wussten zwar die herrlichen Melodien und den pastoralen Charakter der Sinfonie voll auszukosten, die dynamisch vorwärtsstrebenden und kraftvoll zupackenden Passagen ließen sie allerdings weitestgehend im allgemeinen Schönklang eingebunden. Diese Interpretation hatte auf jeden Fall etwas Außergewöhnliches und ist vielleicht auch charakteristisch für einen Bestandteil des finnischen Temperaments.

Dass es allerdings auch leidenschaftlicher geht, bewies Leif Segerstam und das dunkel timbrierte und klangschön musizierende Helsinki Philharmonic Orchestra beim farbig spritzigen Sibelius-Marsch als Zugabe.

So erwies sich dieses auf einem hohen technischen Niveau stehende fünfte Philharmonische Gastkonzert insgesamtals interpretatorisch etwas ungewöhnlich und nicht alltäglich.



Auch in der Saison 2007/2008 sind wieder fünf "Philharmonische Gastkonzerte"
in der Historische Stadthalle Wuppertal geplant, Neginn jeweils 20 Uhr:

Dienstag 23. Oktober 2007
Orquesta Sinfonica de Galicia
Victor Pablo Perez o Arcadi Voiodos (Klavier)
Werke von Bernstein, Rachmaninoff, de Falla und Strawinsky

Dienstag 20. November 2007
Orchestre Phüharmonique de Strasbourg
Marc Albrecht o Helene Grimaud (Klavier)
Werke von Dutilleux, Beethoven und Ravel

Mittwoch 9. Januar 2008
Dresdner Kapellsolisten o Helmut Branny
Ulrich Meining (Klavier) o Damian Zydek (Klavier)
Norbert Blüm (Erzähler)
Werke von Haydn, Bach, Eisler und
Saint-Saens: "Karneval der Tiere" als Berliner Polit-Satire

Donnerstag 28. Februar 2008
The English Concert o Laurence Cummings (Cembalo und Leitung)
Maurice Steger (Blockflöte) o Alison McGillivray (Violoncello)
Werke von Bach, Vivaldi, Telemann und Sammartini

Donnerstag 24. April 2008
Bamberger Symphoniker
Jonathan Nott o Truls Mork (Violoncello)
Werke von Dvorak und Brahms



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Baiba Skride
Violine

Helsinki Philharmonic Orchestra

Leif Segerstam
Leitung



Einojuhani Rautavaara
Cantus Arcticus op. 61
"Concerto for birds and orchestra" (1972)

Jean Sibelius
Konzert für Violine
und Orchester d-Moll op. 47

Johannes Brahms
Sinfonie Nr. 3 F-Dur op. 90



Weitere Informationen

Historische Stadthalle Wuppertal
www.stadthalle.de



Helsinki Philharmonic Orchestra
www.hel.fi/filharmonia


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Baiba Skride
www.sonyclassical.de/baibaskride/








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