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Beethoven als Musikdrama
Rhythmisch, scharf akzentuieren die Streicher den Oktavsprung zu Beginn des zweiten Satzes der 9.Sinfonie Beethovens. Zweimal, dann fällt ihnen die Pauke ins Wort. Ein Knalleffekt, mit dem schon Haydn die Konzerthörer belustigte. Später im Satz, wenn das leichte, lockere Holzbläser-Scherzo etwas zu früh von donnernden Fortissimo-Paukenschlägen unterbrochen wird, zuckt auch der heutige Konzertbesucher zusammen, erschrickt. Mit dieser Zeitverschiebung nach vorn wird eine Dramatik erzeugt, die nicht nur die Textur des Satzes, sondern vor allem ihre emotionale Wirkung neu beleuchtet. Kontraste nicht als sich ergänzende Gegensätze, sondern sich widersprechende, ausschließende Grundhaltungen. Kurzlebigkeit, drängende Rastlosigkeit, Zerrissenheit stehen im Vordergrund. Auch der melismenreiche Jubel der Gesangssolisten, - Morenike Fadayomi (Sopran) war kurzfristig für die erkrankte Claudia Rohrbach eingesprungen -, Simone Schröder (Alt), Lawrence Bakst (Tenor) und Thorsten Grümbel (Bass) im letzten Satzes muss schnell, zu schnell verklingen. Rainer Mühlbach, der 2004 als 37-Jähriger sein Amt als Generalmusikdirektor antrat und sich den Werken der Wiener Klassik in besonderer Weise widmen wollte, hat den Blick des Klassikers, die Gestaltung von Kontrasten, auch bei der Interpretation anderer musikalischer Werke in seiner nur drei Spielzeiten dauernden Ära beibehalten. Wie modern auch ein klassisches Werk sein kann, stellte er in seiner Interpretation der 9. Sinfonie Beethovens, ein letztes Mal eindrucksvoll dar. Ganz anders dagegen die Wirkung der Brahms Werke "Nänie" und "Alt-Rhapsodie", die im ersten Teil des Sinfoniekonzertes der seit 30 Jahren an den Städtischen Bühnen Münster tätige Chordirektor Peter Heinrich zu seinem Abschied selbst dirigierte. Bei "Nänie" trauerten Chor und Extrachor der Städtischen Bühnen im Wechselfluss von kunstvoller Polyphonie und eindringlichen, homophonen Abschnitten ohne allzu erregende Dramatik, ganz im Sinne der Lyrik Schillers, die - in Erinnerung an antike Ideale von Dichtkunst und Ästhetik - "die Empfindung nie aus dem Griff des reflektierenden Verstandes entlässt". In der Rhapsodie für Altstimme, Männerchor und Orchester, ein Fragment aus Goethes "Harzreise im Winter", stellte die Altistin Simone Schröder überzeugend die unterschiedlichen emotionalen Ebenen des von der Welt verachteten Menschenverächters durch klangvolle Tiefe, expressive Deklamation und weite, ruhig gespannte Melodiebögen dar. Und wenn im dritten Abschnitt mezza voce und pianissimo der Männerchor einsetzt und sich mit dem hymnisch-verhaltenen Sologesang verbindet, kommt die tröstende versöhnliche Stimmung auf, die im verklärten C-Dur endet! Fazit: Mit seiner Interpretation der 9.Sinfonie hat Rainer Mühlbach die Modernität Beethovens zum Klingen gebracht. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Claudia Rohrbach (10. Juni), Morenike Fadayomi (12. und 13. Juni) Sopran Simone Schröder Alt Lawrence Bakst Tenor Stefan Adam (10. Juni), Thorsten Grümbel (12. und 13. Juni) Bass Chor und Extrachor der Städtischen Bühnen Münster Konzertchor Münster - Chor des Musikvereins der Stadt Münster Studentenkantorei der Universität Münster Großer Chor Gymnasium Paulinum Sinfonieorchester Münster Peter Heinrich Rainer Mühlbach Dirigent Johannes Brahms Nänie, op. 82 für gemischten Chor und Orchester nach Friedrich Schiller (1881) Rhapsodie für Altstimme, Männerchor und Orchester, op. 53 Fragment aus Johann Wolfgang von Goethes "Harzreise im Winter" (1869) Ludwig van Beethoven Sinfonie Nr.9 d-Moll, op.125 (1823/24)
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