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20 Jahre Universitäts-Chor


5. Januar 2007

Philharmonie Essen
Alfried Krupp Saal
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Philharmonie Essen (Homepage)
Außergewöhnliches Festkonzert
in der Essener Philharmonie

Von Peter Bilsing

Mit einem ganz außergewöhnlich anspruchsvollen und höchst schwierigen Programm feierte der Chor der Universität Duisburg-Essen, sein 20-jähriges Jubiläum in der randvoll ausverkauften Philharmonie Essen. Es ist von einem bemerkenswerten Abend mit einem tollen Programm zu berichten.

Schon der Auftakt mit Leonard Bernsteins "3 Stücken für Chor und Klavier" aus seiner "sofistizierten Operetten-Revue" CANDIDE (von manchen leider immer wieder fälschlich als "Musical" tituliert), sind ein Schmankerl der besonderen Art. Diese reizenden und witzigen Lieder sind hierzulande (anders als in Amerika, wo sie fast zum Standart aller Amateurgesangsgruppen zählen) kaum bekannt. Unabhängig vom etwas spröden Original-Werk klingt die Sache (intoniert mit über hundert Sängern) in dieser Formatvergrößerung einfach großartig; hinzu kam die exzellente Textverständlichkeit des Chores, welche nicht nur die hohe Musikalität Bernsteins, sondern auch seinen enormen Sprachwitz und stellenweise skurrilen Humor, voll zur Geltung brachte. Christian Nagel am Klavier war ein stilvoller Begleiter; die superbe Akkustik der Philharmonie tat ihr übriges: eine perfekte Einleitung in einen hochanspruchsvollen musikalischen Abend.

Nach den bei solchen Anlässen natürlich unvermeidbaren Ansprachen der lokalen Uni-Eminenzen (Prof. Dr. L. Zechlin/Rektor und Prof. Dr. E. Passarge/Musikbeauftragter) ging es recht flott und außergewöhnlich weiter, diesmal mit dem Universitätsorchester: Janaceks SINFONIETTA stand auf dem Programmzettel für den zweiten Teil des Abends.

Wie bitte?? Die SINFONIETTA von einem Laienorchester gespielt??? Welcher Teufel mag wohl den rührigen Orchesterchef Oliver Leo Schmidt geritten haben, ausgerechnet jenes höllisch schwere Werk einzustudieren, mit dem gut bezahlte A-Orchester schon ihre Probleme haben?

Vielleicht sind es diese wirklich vertrackten Noten, die es in sich haben und über die der geniale Komponist selbst einmal folgendes sagte: "Sie sind nun mal meine Familie - diese Noten. Haben Köpfchen und Füßchen, verstehen sich aufs Laufen, Herumtollen, verstehen es, Tränen und Freude zu entlocken. Es fällt schwer, sie einzufangen, sich auf sie zu verstehen - das hat lange Zeit gebraucht. Und was für eine Menge auf einer einzigen Zeile! Die wenigsten vergessen mich nicht; die verleugnen mich nicht: wir sind Janáceks. Ist es nicht Freude genug?"

Und was für eine vielfältige musikalische Freude boten die jungen Musiker den Zuhörern in den folgenden knapp fünfundzwanzig Minuten. Das Stück - es gilt als eines der originellsten Werke sinfonischen Komponiergeistes des 20.Jahrhunderts - ist geradezu durchwoben von Janaceks ungeheuer persönlich gefärbter hochexpressiver Klangwelt. Es ist das musikalisch orchestrale Opus Summum seiner letzten Opern. Insbesondere die Naturmotive des "schlauen Füchslein" werden in vielfältiger Art und Weise gespiegelt; dazu kommt der festliche Charakter der diese kleine Sinfonie einrahmenden Bläserfanfaren (gespielt von nicht weniger als 13 Trompeten und Tuben!); die Herren der Brass-Akademie-NRW ergänzten nicht nur die normale Orchesterbesetzung, sondern spielten mit Hingabe und äußerster Konzentration - perfekt platziert oben auf der Chorempore.

Oliver Leo Schmidt gelang es mit seinen Musici nicht nur den musikalischen Optimismus des Werks (der trotz eindeutiger Widmung des Komponisten doch fern alles Militärischem liegt) hörbar werden zu lassen, sondern auch die stellenweisen Grenzen zur Atonalität und die ungeheure emotionale Wucht dieser Komposition bis ins Feinste auszuloten. Die vitale Einfallsfülle der Musik beschäftigt alle Orchestergruppen bis an die Grenze ihrer technischen Fertigkeiten (pars pro toto: die Bratschenstimme im dritten Satz, sie gilt auch heute noch bei manchem Profi-Musiker als unspielbar). Das Orchester reüssierte Janaceks flirrende Begleitfiguren genauso klangschön, wie die schneidend scharfen Blechattacken, die Schmidts Dirigat sauber und transparent aufgefächert auf den Punkt brachte. Insgesamt eine mehr als respektable Orchesterleistung. Das durchaus fachkundige, meist junge, Publikum zeigte sich beeindruckt.

Vergrößerung in neuem Fenster Hermann Kruse

Nach der Pause stand mit Orffs populärer CARMINA BURANA geradezu Überdimensionales auf dem Programm, was nicht nur die auf der Empore und Orchesterpodium mittlerweile zu Bataillonsstärke angewachsene Künstlerschar (ergänzt noch durch den Duisburger Uni-Chor), sondern auch die höchst komplexe Orchesterbesetzung signalisierte. Hinzugewonnen hatte man mit Antje Bitterlich (Sopran), Joaquin Asiain (Tenor) und Thomas Peter (Bariton) ein erfolgreiches junges Sänger-Team, das die Höchstschwierigkeiten und Grenzformen, die in allen drei Partien liegen, brillant ausfüllte. Chorleiter (und gleichzeitig bravouröser Dirigent) Hermann Kruse hatte die jungen Damen und Herren bestens vorbereitet, so daß auch die Idiomatik der lateinischen und stellenweise französischen bzw. mittelhochdeutschen Texte sauber herüberkam; oh, welch eine Freude, nicht nur für Lateinlehrer!

Das Publikum raste (da verzeiht man gnädig den anfangs unpassenden Zwischenapplaus). Der finale Jubel - inklusive aller Choristen - erreichte Orkanstärke; selbstredend hielt es dann schließlich niemanden mehr auf den Sitzen und die unausweichlichen "standing ovations" waren für diese mutige und stellenweise wirklich tollkühne Gesamtleistung schon angebracht. Nur mal zum Abschluss eine rhetorische Anfrage, liebe Freunde des Gesangs! Was bringt Ihr dann eigentlich zum 25.Jährigen?




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(Veröffentlichung vorbehalten)
Antje Bitterlich (Sopran)
Joaquin Asiain (Tenor)
Thomas Peter (Bariton)

Universitätschor Essen
Dirigent
Hermann Kruse

Kammerchor "Salto Chorale" Duisburg

Universitätsorchester Duisburg/Essen
Dirigent
Oliver Leo Schmidt




Leonard Bernstein
3 Stücke für Chor und Klavier

Leoš Janácek
Sinfonietta

Carl Orff
Carmina Burana



Weitere Informationen

Philharmonie Essen
www.philharmonie-essen.de



Da capo al Fine

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