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Von Solisten und Teamplayern
Von Annika Senger / Fotos: Kai Bienert / young.euro.classic In China wolle jeder Musiker von Kindesbeinen an ein großer Solist werden, während Deutsche eher einen harmonischen Orchesterklang anstrebten, beschreibt Regierungssprecher und Konzert-Pate Ulrich Wilhelm die unterschiedlichen Mentalitäten beider Völker in punkto Musik. Er erwähnt auch, dass das aus jungen Chinesen und Deutschen zusammengesetzte Orchester nur eine Woche zum gemeinsamen Üben Zeit gehabt habe, doch davon ist wenig zu hören: Dass das Ensemble beim Flammengesang des erst 23-jährigen Komponisten Stefan Johannes Hanke etwas disharmonisch klingt, liegt wohl eher an der musikalischen Vorlage. Das Stück lebt von rasanten Tonleitern, die tatsächlich Assoziationen mit auflodernden Flammen hervorrufen. Die Streicher wirken aufgeregt, trotzdem fällt das Stück immer wieder ins pianissimo zurück, mündet allerdings am Ende in einen bombastischen Abschluss mit Einsatz von Pauken. Hanke ist zur Uraufführung seines Auftragswerks für das Festival persönlich anwesend und erscheint anschließend auf der Bühne. Shengliang Zhang
Gleiches gilt für seinen chinesischen Kollegen Musheng Chen: Auch bei Ein Traum im Pfingstrosengarten handelt es sich um eine Uraufführung. Der 36-jährige Komponist verdeutlicht, dass das Werk die traditionelle chinesische Kultur repräsentiere, insbesondere das ästhetische Prinzip der Linie in der Kalligraphie. Mit Kalligrafie lässt sich die Komposition treffend vergleichen: Es ist ostasiatisch gefärbte musikalische Lautmalerei, die sich weniger durch Motive auszeichnet als europäische Orchesterwerke. Vokalelemente aus der chinesischen Oper laufen dagegen wie ein roter Faden durch das Stück. Dabei ist unklar, ob der modulierte weibliche Sprechgesang aus den Orchesterreihen oder von der Konserve ertönt. Shengliang Zhang Im dritten Teil des Programms treffen schließlich zwei absolute Wunderknaben aufeinander: Mozart und der erst 10-jährige Pianist Shengliang Zhang. Um das auch unter dem Namen Niu Niu (Der kleine Bulle) bekannte Ausnahmetalent zu fördern, hat die dem Konservatorium Shanghai angegliederte Grundschule das erste Mal in ihrer 78-jährigen Geschichte mit ihren Altersregeln für die Aufnahme von Studenten gebrochen. Zhangs großes Vorbild ist Lang Lang, den er am liebsten mit seinem eigenen Klavierspiel übertrumpfen möchte. Wenn man ihm einmal zugehört hat, fragt man sich allerdings, ob er nicht bereits genauso brillant ist. Niu Niu scheint mit dem Instrument verwachsen zu sein. Er tritt auf wie die Ruhe selbst. Während seines Spiels wirkt er hochkonzentriert, verzieht keine Miene, wiegt sich lediglich im Takt der Musik. Seine für sein Alter sehr großen Hände fliegen scheinbar mühelos über die Tasten. Das Publikum feiert diesen genialen kleinen Virtuosen mit Ovationen, die nicht enden wollen. Zhang schüttelt dafür noch zwei Zugaben aus dem Ärmel: ein fernöstliches Klavierstück und Tschaikowskys Schwanensee die Noten hat er genau wie Mozarts Klavierkonzert im Kopf. Dass dieses Wunderkind kein dressierter Affe ist, der womöglich als Erwachsener in der Versenkung verschwindet, sondern am Beginn einer Weltkarriere steht, ist nicht zu leugnen. Festivalorchester Deutschland-Chinaunter der Leitung von Muhai Tang
Nach dem Auftritt des kleinen Bullen fällt es schwer, mit einem größeren Highlight fortzufahren. Brahms' Symphonie in c-moll ist auch nicht so eingängig wie Mozart. Ernsthaft, schwermütig und kraftvoll interpretiert das Orchester das Werk, mit dem sich Brahms mit Unterbrechungen 20 Jahre lang auseinandergesetzt hat. Diese Musik ist anscheinend vom Leben gezeichnet. Unbeschwert dagegen endet das Konzert mit einer schwungvollen Zugabe: ein ungarischer Tanz von Brahms.
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