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Klezmer Festival
"The best of Klezmer"


Kammermusiksaal der Berliner Philharmonie

16. März 2007


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Spielen mit Stilen

Von Annika Senger

Sänger Karsten Troyke, Klarinettist Jan Hermerschmidt und das Trio "Scho" (Violine, Akkordeon und Kontrabass) verströmen internationales Flair im Kammermusiksaal der Berliner Philharmonie: Das Wort Klezmer (zu Deutsch: Musiker) steht zwar für das gesamte Genre der osteuropäisch-jüdischen Musik, doch die im Programm vertretenen Lieder und deren Texte stammen aus unterschiedlichen Ländern und Zeiten und decken eine große Bandbreite an musikalischen Stilen ab.

Troyke präsentiert jiddisches Liedgut, das er dem Publikum mit charmanten Moderationen zusätzlich erklärt. Er schafft es auch spielend, die Zuschauer zum Mitsingen und Klatschen zu animieren, beispielsweise bei dem Tango "Liebe!" Zunächst verhalten, dann inbrünstig stimmen sie mit dem Sänger das Wort Liebe im Refrain an.

Troyke transportiert mit seiner folkloristisch rauen Stimme das oftmals wehmütige Wesen des jiddischen Liedrepertoires. Er erzählt glaubwürdig von Menschen, die vertrieben wurden und selten ihr ganzes Leben an einem Ort leben konnten. Das Lied "Mein Städtele Belz" greift die damit verbundene Sehnsucht nach Heimat auf, und in "Des Großvaters Melodie" geht es um das Thema Auswandern. Letzteres ist ein bunter Mix an Stilen, der am Ende in Rock'n'Roll mündet und damit verdeutlicht, wie der Einfluss unterschiedlicher Kulturen das jüdische Volk geprägt hat. Wenn man einmal das lustig bewegte Lied "Crazy" und die Refrainzeile "I'm crazy for she, but she's not crazy for me" gehört hat, dann kann man sich lebhaft vorstellen, wie sich die Bewohner jüdischer Gemeinden in den USA nach ihrer Emigration der Sprache "Jinglisch" bedienten. Vor dem Auswandern steht jedoch immer ein Abschied von der Heimat oder gar von einem geliebten Menschen: Um diese Art des Trennungsschmerzes dreht sich das sehr atonal angelegte Lied "Zwischen uns beiden ist ein Wasser" - in dem Fall der atlantische Ozean.

Neben Troyke singt auch der Violinist Gennadi Dessiatnik - nicht in jiddischer, sondern in russischer Sprache. Rock'n'Roll auf Russisch wäre zu Zeiten des Kalten Krieges wohl ein wahres Zeichen für Frieden und Völkerverständigung in der Welt gewesen. Ungewöhnlich erscheint diese Kombination in "Babuschka Rebekka" auch heute noch. Während der Darbietung wechselt Dessiatnik schnell von der Geige zur Gitarre und schließlich zurück zur Geige. Am Ende driftet die Musik ab in den für Klezmer so typischen Offbeat-Rhythmus.

Der langsame Walzer des Liedes "Von einem Stein geboren" oder der "Tango Margarita", der abgesehen vom jiddischen Text alle musikalischen Elemente des argentinischen Tangos aufweist, zeigt, dass Klezmer allerdings mehr ist als nur schnelle Offbeats mit "singenden" Geigen und Klarinetten. Das Instrumental-Stück "Kiewer Bulgar" verleiht dem höchst abwechslungsreichen Programm zusätzlich eine orientalische Note.

Man bekommt bei mehreren Liedern den Eindruck vermittelt, als kommunizierten Violine und Klarinette miteinander und antworteten auf den Part des jeweils anderen Instrumentes - das ganze mit viel Eigenleben angereichert: Beide Instrumente intonieren oft absichtlich nicht tongenau, bringen geschmiert schnarrende Melodiebögen hervor - mit einer Dynamik, die zwischen sensibel zart und energiegeladen alle Facetten umspannt.

Trotz der Melancholie und Wehmut einiger Titel macht das Klezmer Festival gute Laune. Humorvoll spritzig imitieren Troyke, Dessiatnik und der Klarinettist Jan Hermerschmidt bei "Der Rebbe Elimelech und das Grammophon" ein altes Grammophon - Troyke mit Kurbelbewegungen, Dessiatnik und Hermerschmidt instrumental. Beim vorletzten Programmtitel, dem hebräischen "Hava Nagila", gibt es kaum noch jemanden im Publikum, der nicht ekstatisch mitklatscht. Erst nach drei Zugaben verlassen die Musiker die Bühne - die Zuschauer sind hellauf begeistert.


FAZIT

Ein multikultureller Querschnitt der jüdischen Musik, der die Stimmung hebt und Lust auf mehr macht.




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Ausführende

Karsten Troyke
Gesang und Moderation

Jan Hermerschmidt
Klarinette


Trio "Scho"
Violinist und Sänger
Gennadi Dessiatnik

Akkordeon
Valeriy Khoryshman

Kontrabass
Michael Jach



Weitere Informationen

Berliner Philharmonie
www.berliner-philharmoniker.de



Da capo al Fine

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