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7. Sinfoniekonzert / Frühlingskonzert

So. 12. März 2006, 11 Uhr
Mo. 13. März 2006, 20 Uhr

Historische Stadthalle Wuppertal, Großer Saal
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Sinfonieorchester Wuppertal
(Homepage)
Frühlingshafte Musik bei winterlichem Wetter

Von Gerhard Menzel

Bei eisigen Minustemperaturen und zugefrorenen Autofenstern und -türen sorgte zunächst die Sonne und ein strahlend blauer Himmel für eine gute, frühsonntägliche Gemütslage, aber auch das "Frühlingskonzert" des Sinfonieorchesters Wuppertal, bei dem Gastdirigentin Anu Tali ein stimmungsvolles und sehr atmosphärisches Programm präsentierte.

Anu Tali wurde am 18. Juni 1972 in Estland geboren, studierte zunächst an der finnischen Sibelius-Akademie (zu deren Studenten auch Esa-Pekka Salonen, Jukka-Pekka Saraste, Sakari Oramo, Osmo Vänskä und Mikko Franck gehörten) und anschließend bis zu ihrem Abschlussdiplom (1995) an der Estnischen Musik Akademie.

1997 gründete Anu Tali zusammen mit ihrer Zwillingsschwester Kadri das Estnisch-Finnische Symphonieorchester mit dem Ziel, kulturelle Kontakte der zwei nordischen Nachbarländer zu fördern. Während Kadri die organisatorischen Belange des einzigartigen Ensembles im Blick behält, erweist sich Anu als überaus talentierte und zielstrebige Dirigentin, die aus den heterogenen Gegebenheiten ein frisch und dynamisch kommunizierendes Orchester schuf, das zu den bemerkenswertesten internationalen Ensembles gehört. Für das Debüt-Album des Orchesters erhielt Anu Tali 2003 sogar den renommierten ECHO Klassik als "Young Artist of the Year". Inzwischen gehören Musiker aus allen Ländern des nördlichen Europas zur Besetzung des Orchesters, das nun folgerichtig Nordic Symphony Orchestra heißt und vornehmlich aus Spendengeldern finanziert wird.

Neben der Arbeit mit dem Nordic Symphony Orchestra tritt die Echo-Preisträgerin auch mit europäischen und amerikanischen Orchestern auf. Eine Japan-Tournee führte sie im September 2005 zu den Orchestern von Kyoto, Sapporo und zum Hiroshima Symphony Orchestra.

Nun beehrte Anu Tali die Stadt Wuppertal, um das "Frühlingskonzert" des Sinfonieorchesters Wuppertal zu leiten. Die kleine, zierliche Person besitzt eine ungeheure Ausstrahlungs- und Faszinationskraft und hat ganz klare Vorstellungen von dem, wie die Musik klingen soll. Das Sinfonieorchester Wuppertal folgte ihrer eleganten und geschmeidigen Zeichengebung - je nach Ausdrucksgehalt der Komposition mit oder ohne Taktstock - scheinbar ohne Vorbehalte.

Das Programm begann ganz stimmungsvoll mit dem "Cantus arcticus", einem Konzert für Vögel (Vogelstimmen) und Orchester, das Einojuhani Rautavaara im Jahre 1972 komponierte. In seinen drei Sätzen verschmilzt es - in Kongruenz zur klirrend kalten Außentemperatur - den atmosphärischen und an sich schlichten Orchestersatz mit den (elektronisch eingespielten) Gesängen arktischer Vögel.

Die darauf folgende Komposition "Der Schwan von Tuonela" von Jean Sibelius weist zwar thematische und kompositorische Ähnlichkeiten auf, beschwört als "Totengesang" aber - trotz seiner Melodiosität - mit seinen dunklen Klangfarben eine eher gespenstige Stimmung. Anu Tali und das Sinfonieorchester Wuppertal gestalteten (mit berückend schwelgendem Englischhorn) diese Atmosphäre sehr intensiv und eindrucksvoll.

Auch die Sätze "Morgenstimmung", "Ases Tod" und der leicht dahinschwebende "Aniitras Tanz" aus der Peer Gynt Suite Nr. 1 verströmten uneingeschränkten Wohlklang. Beim finalen Satz der Suite, "In der Halle des Bergkönigs", wurde dann allerdings wieder die gar nicht so gute Akustik der Stadthalle deutlich hörbar. Was bis zu einer gewissen Lautstärke herrlich klingt und trägt, verwandelt sich bei vollem Einsatz von Blechbläsern und Schlagwerk in ein fürchterliches Rumpeln und Dröhnen. Damit werden sich übrigens auch die Berliner Philharmoniker und Simon Rattle auseinandersetzen müssen, die am 28. September 2006 ein von der Deutschen Bank initiiertes Gastspiel in der optisch wirklich reizvollen Historischen Stadthalle geben werden (vorgesehenes Programm: Igor Strawinsky, Agon / Hector Berlioz, Auszüge aus "Roméo et Juliette" / Ludwig van Beethoven, Symphonie Nr. 5 c-Moll).

Unter den diffizilen akustischen Gegebenheiten hatte dann nach der Pause auch die "Italienische Sinfonie" von Felix Mendelssohn Bartholdy zu leiden, deren erster Satz so richtig temperamentvoll und sprühend dahinfegt. Obwohl Anu Tali wahrlich kein extrem schnelles Tempo gewählt hatte, klang das Orchester mit seinen verhuschten Geigenläufen und unpräzisen Tuttipassagen eher gehetzt als spritzig (wie Mendelssohn klingen kann, beweist z.B. Christoph Spering mit seinem Neuen Orchester gerade beim Beethoven-Zyklus in der Philharmonie Essen. Dort steht die "Italienische Sinfonie" am Sonntag, den 04. Juni 2006 / 18:00 Uhr auf dem Programm, zusammen mit Mendelssohns Hebriden-Ouvertüre und Beethovens 7. Sinfonie). Besser gelang dem Sinfonieorchester Wuppertal dann wieder der langsame Satz und auch die Hörner zeigten sich im dritten Satz von ihrer besseren Seite. Insgesamt überzeugen konnten aber vor allem die Bassgruppe der Streicher und die bisweilen edlen Holzbläser. Der letzte Satz ("Saltarello") sorgte dann schließlich für einen schwungvollen und versöhnlichen Abschluss des Programms.

Dem begeisterten Publikum bescherte Anu Tali dann noch eine zu Herzen gehende Zugabe: Ravels "La Valse". Es war - wie das gesamte Konzert - ein beeindruckender Tanz zwischen Himmel und Hölle.

Mit diesem Gastspiel in Wuppertal bewies Anu Tali sehr eindrücklich, dass sie in absehbarer Zeit zu den ganz Großen ihrer Zunft gehören wird!




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Sinfonieorchester Wuppertal

Anu Tali
Leitung



Einojuhani Rautavaara
Cantus arcticus -
concerto for birds
and orchestra

Jean Sibelius
Lemminkäinen-Legende
op. 22 Nr. 2
'Der Schwan von Tuonela'

Edvard Grieg
Peer Gynt Suite Nr. 1, op. 46

Felix Mendelssohn Bartholdy
Sinfonie Nr. 4 A-Dur op. 90
"Italienische Sinfonie"



Weitere Informationen
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Sinfonieorchester Wuppertal
(Homepage)




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Anu Tali
(Finlandia/Warner Classics)






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