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2. „Pro Arte“-Konzert

7. November 2005

Philharmonie Essen
Alfried Krupp Saal
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Philharmonie Essen (Homepage)
Zwischen Taumel und Bedächtigkeit

Von Markus Bruderreck

Neben den Wiener Philharmonikern zählen die Musiker der Wiener Symphoniker zu den herausragenden Botschaftern des Musiklandes Österreich. In den letzten zwei Wochen führte sie unter der Leitung ihres ersten Gastdirigenten Yakov Kreizberg eine Tournee durch Spanien und Deutschland. Als letzte Station stand die Essener Philharmonie auf dem Programm. Erschöpfungszustände? Mitnichten. Ihr Gastspiel hatte geradezu beängstigend viel Energie und Klasse.

Man muss sich vor Augen halten, welche Größen diesen im Jahr 1900 gegründeten Klangkörper bereits geleitet haben: Bruno Walter etwa, Herbert von Karajan, Wolfgang Sawallisch oder, noch bis Ende der letzten Saison, der geniale Vladimir Fedosejev. Chef der Wiener Symphoniker ist zurzeit Fabio Luisi. Auch Richard Strauss stand am Pult des Orchesters. Dass seine Werke im Bewusstsein dieses ehrwürdigen Klangkörpers verankert sind, ist spürbar, wenn man Kreizbergs „Don Juan“-Deutung und „Till Eulenspiegels lustigen Streichen“ begegnet. Der schwierige Auftakt von „Don Juan“ allerdings misslingt, was der einzige Fauxpas des Abends bleibt. Yakov Kreizberg fährt den hervorragend geölten Wiener Orchesterapparat, hier wie auch das gesamte Konzert hindurch, auf höchste Leistungebene hoch. Das Tempo ist stets frisch bis forsch, die Nerven der Musiker scheinen stets angespannt, die Energie wächst oftmals zu fast lärmenden Höhepunkten (die Pauken und die große Trommel wirken manchmal etwas zu präsent). All diese Energien bedeuten jedoch keine Hektik. Der ruhige Mittelteil des „Don Juan“ hat genügend Zeit sich auszuschwingen. Dem ekstatischen Höhepunkt des jungen Liebhabers folgt eine spannungsreiche Pause, und auch die Erschlaffung des Helden hat Kreizberg überzeugend in Szene gesetzt. Erstaunlich ist die Wandlungsfähigkeit der Streicher. Ihr Ton reicht von glühend und spitz über elegant und samtweich. Auch im „Till Eulenspiegel“ versteht es Kreizberg, Höhepunkte zu setzen.

Im zweiten Teil des Abends widmeten sich die Wiener Symphoniker der Musik Antonín Dvoráks. Der Beiname seiner 1889 vollendeten achten Sinfonie op. 88 führt in die Irre: Sie heißt die „Englische“, weil sie ausnahmsweise einen englischen Verleger fand (Novello). Aus diesem Werk spricht nicht die englische Landschaft, sondern die Musik Böhmens. Gelöste Atmosphäre, Poesie und Naturlaute bestimmen das Klangbild. Man kennt sanftere Interpretationen des Werkes als die von Yakov Kreizberg. Das feurige „Con brio“ des ersten Satzes nimmt er wahrlich beim Wort, sorgt für flammende Akzente, weiß aber auch hier um die klanglich zarteren Passagen. Insbesondere im zweiten Satz lotet er Extreme aus. Die brütende Atmosphäre, die hier zu Anfang und gegen Schluss herrscht, kommt nur ansatzweise zum Ausdruck. Der forcierte Temperamentsausbruch wirkt in diesem Kontext etwas deplaziert und überzeugt im Ganzen nicht. Eine Passage in diesem Satz ist jedoch besonderer Erwähnung wert: die statischen, geheimnisvollen Pianissimo-Akkorde zur Mitte. Fast unhörbar werden hier die Symphoniker, die Zeit steht gleichsam still. Solche Momente kann man nur mit Spitzenensembles entwerfen. Eleganz und Zurückhaltung strahlt der „Allegretto“-Walzer aus, an dessen Ende ein Decrescendo der Streicher steht, das man schon beinahe als „Fade-Out“ bezeichnen kann. Und der vierte Satz wiederum bringt das Werk zu einem Ende, das wieder zwischen Glanz, Raserei, Bedächtigkeit und Introspektion pendelt. Jubel war der Dank des Essener Publikums, der sich nach den bereitwillig gewährten Zugaben noch verstärkte. Ein eigenwilliger, aber großer Konzertabend.




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Wiener Symphoniker

Ltg. Yakov Kreizberg




Richard Strauss
„Don Juan” op. 20
„Till Eulenspiegels
lustige Streiche“ op. 28

Antonin Dvorák
Sinfonie Nr. 8 G-Dur op. 88
„Englische“

Zugaben:

Antonín Antonin Dvorák
Slawischer Tanz op. 42 Nr. 1

Bedøich Smetana
„Skoèná“
aus „Die verkaufte Braut“

Johann Strauß Sohn
„Unter Donner und Blitz“,
Polka schnell op. 324



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