Von Ingo Negwer

Vor 50 Jahren wurde die Liebfrauenkirche in Frankfurt am Main - unweit des Römerbergs gelegen und wie die gesamte Innenstadt im Krieg stark verwüstet - wiederaufgebaut. Die Gemeinde gedachte dieses Jubiläums in der vor einem halben Jahrhundert aus den Trümmern errichteten Kirche, in deren Innenraum ursprünglich gotische Bauteile und moderne Stilelemente eine eigenwillige Synthese eingegangen sind, mit zwei Aufführungen (8./9.Oktober.) des "Messias" von Georg Friedrich Händel.

Die umfangreiche Chorpartie des dreiteiligen Oratoriums, in dessen Mittelpunkt Betrachtungen über Leben, Leiden und Auferstehung Jesu Christi stehen, wurden von dem an der Liebfrauenkirche beheimateten Vocalensemble bestritten. Der circa fünfzigköpfige Chor bildete eine homogene Einheit und sang unter dem engagierten Dirigat seines Leiters Peter Reulein mit deutlicher (englischer) Textdeklamation und akzentuierter Phrasierung.

Andrea Reuter spürte mit brillantem Sopran dem affektgeladenen Gestus der Arien des Musidramatikers Händels nach. "Rejoice greatly", den Jubelgesang über die Geburt Christi, gestaltete sie zu einem funkelnden Edelstein, der durch gelegentlich unscharfe Kolloraturen allerdings einige matte Stellen erhielt. Als in barocker Gesangstechnik und Stilistik überaus versiert erwies sich die Altistin Ute von Genat. Mit lyrisch warmer Tongebung gestaltete sie ihre Arien, etwa das innig andachtsvolle "He was despised". Christian Dietz beeindruckte mit leichtem, auch in den Höhen nie angestrengtem Tenor und einer exzellenten Textverständlichkeit. Johannes D. Schendel, schließlich, sang seine Partie mit würdevoll tragendem Bass.

Für den Orchesterpart zeichnete La Beata Olanda Consort aus Freiburg im Breisgau verantwortlich. Das auf "Originalinstrumenten" musizierende Ensemble unter der Leitung seiner Konzertmeisterin Claudia Hoffmann überzeugte durch ein transparentes, dennoch akzentuiert zupackendes Spiel. Eine gut besetzte Continuo-Gruppe mit Orgel, Cembalo und Erzlaute versetze das Ensemble in die Lage, die Rezitative und Arien mit einer großen Palette an Klangfarben zu beleben.

Das Publikum im nahezu ausverkauften Kirchenraum (Vorstellung vom 8. Oktober) feierte die Aufführung mit begeistertem Applaus und entließ die Akteure erst nach einer Zugabe: dem "Hallelujah"...