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München, Max-Joseph-Saal der Residenz
2. November 2003

2. Kammerkonzert mit Solisten des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks


Perfektionisten

Von Rainer v. Hößlin


Der Abend war, wie üblich, in zwei Teile aufgegliedert. Vor der Pause Musik aus vier Jahrhunderten, danach Musik aus dem 20. Jahrhundert. Der erste Teil brachte noch nicht die Begeisterung, welche der zweite Teil eindrucksvoll herstellte. Vielleicht lag das an der Zusammenstellung des Programms, für das der Posaunist des Abends Thomas Horch verantwortlich zeichnete.
Zugegeben, es ist wohl sehr schwierig, Literatur für ein Blechbläserquintett zu finden und in musikalisch sinnvoller Weise zusammenzustellen. Horch, der mit heiteren bis witzigen, aber auch informativen Zwischentexten durchs Programm führte, legte - auch im Programmheft - dar, dass Werke für ein Blechbläserensemble eher rar gesät sind. Man behilft sich mit Arrangements und weitgehend Unbekanntem. Die Qualität bewegt sich dem zu Folge nicht immer auf gleichem Niveau.

Begonnen wurde mit Samuel Scheidt und seiner aus dem Jahre 1621 stammenden Canzona Bergamasca; ein wundervolles Werk mit viel barockem Glanz, heiter und ein wenig italienisch, wie es die Volkstanzgrundlage in sich birgt. Ein irritierender Kontrast dazu wurde Witold Lutoslawskis Mini Ouverture aus dem Jahre 1982. Zwar ist auch dieses Werk dem heiteren Genre zuzuordnen, aber eben doch ganz anders. Es rhythmisiert den musikalischen Duktus wesentlich deutlicher als die andere Komposition, letztlich formuliert Lutoslawski witzig und spritzig.

Es folgte der enttäuschendere Teil des Abends: Grieg und seine Symphonische Suite aus dem 19. Jahrhundert. Für Blechbläserquintett wurde sie von Alan Civil, einem der berühmtesten Hornisten der Vergangenheit, arrangiert. Danach Johann Sebastian Bachs Präludium und Fuge b-moll aus dem Wohltemperierten Klavier, bearbeitet ebenfalls von Thomas Horch. Vor der Pause dann noch einmal ein Werk aus dem 20. Jahrhundert: Axel Jörgensens Quintet für Blechbläser. Der Komponist, weitestgehend unbekannt, war Geiger und hat für einen Posaunistenkollegen auch Musik für Blechbläser geschrieben.

Zunächst Grieg: man bewegte sich in den "schwülen" Norden, wie es Thomas Horch treffend formulierte. Die Musik ist schwermütig, beladen mit dunklen Sehnsüchten und Erinnerungen. Die Bearbeitung der Orchestersuite für Blechbläser verstärkt diesen Eindruck, wirft aber auch die Frage auf, ob ein solches Arrangement legitim ist. Für Puristen sicherlich nicht, über Geschmacksfragen soll hier aber nicht disputiert werden. Gleiches gilt für die Bearbeitung des Stücks aus dem Wohltemperierten Klavier. Sie verdeckt fast gänzlich die genialische, kontrapunktische Stimmführung Bachs und schwimmt eher in einem auch bei genauem Hinhören undifferenzierten Sostenutoklang. Zuletzt Axel Jörgensen: Vielleicht ist er als Komponist zu Recht vergessen. In gebräuchlichen Musiklexika ist er jedenfalls nicht erwähnt. Seine Musik, so schwierig und anstrengend sie auch für die Solisten des Abends zu bewältigen war, erinnert eher an Kurhausmusik - eingängig, aber nicht ganz in die Tiefe gehend.

Der zweite Teil des Abends, ausschließlich mit Musik des 20. Jahrhunderts bestritten, entschädigte dann voll und ganz. John Cheethams Brass Menagerie von 1985 erinnert an Schostakowitsch und Bartok, ohne diese zu kopieren oder gar eklektisch zu wirken. Der Komponist führt die Blechblasinstrumente in ihre weit gefächerten Charaktere. Er kontrastiert dabei in völlig souveräner und einfallsreicher Weise Lyrisches und Dramatisches. Noch genialer wirkt die folgende Dance Suite von Leonard Bernstein, die er kurz vor seinem Tod 1990 geschrieben hat. Die fünf Stücke sind kurz, treffend und humorvoll-witzig. Sie sind Aphorismen eines großartigen Komponisten, der in wenig Musik unendlichen Gehalt stecken kann. Es folgten die erst in jüngster Zeit komponierten Gospel-Arrangements von Enrique Crespo, einem südamerikanischen Posaunisten, sowie drei Tangos - Estampas de Palermo - des Argentiniers José Carli. Hier wurde der Musizierfreude freier Lauf gewährt. Es machte schlichtweg Spaß zuzuhören.

Deutlichen Verdienst daran haben selbstverständlich die fünf Protagonisten des Konzerts. Sie sind vollkommene Meister ihres Fachs und absolute Perfektionisten. Das allein würde ihren Verdienst aber noch nicht begründen. Hinzu kommt ihre offensichtliche Freude am Musizieren, am Spiel wie an der Überraschung. Dies hat sich vor allem nach der Pause verdichtet. Die Zuhörer waren dafür sehr dankbar, applaudierten den Künstlern herzlich und wurden mit zwei Bravourstücken belohnt, die das BRass Quintett München mit münchnerischem Spaß an der Freude darbot. Der Sinn und Zweck des Abends, dem Publikum die Blechbläserkultur näher zu bringen, wurde voll und ganz erfüllt.


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BRass Quintett München

Hannes Läubin (Trompete)
Thomas Kiechle (Trompete)
Luiz Garcia (Horn)
Thomas Horch (Posaune)
Alexander von Puttkammer (Tuba)


Moderation: Thomas Horch







Da capo al Fine

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