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München
Erstes Abonnementkonzert des Chores des Bayrischen Rundfunks
1. November 2003

Alexanders Feast or The Power of Music


Händel-Fieber

Von Rainer v. Hößlin


In München hat sich eine grosse Liebe für Händel breit gemacht. Angestossen von Intendant Sir Peter Jonas hat sich der Liebhaber an aussergewöhnlichen Inszenierungen des Nationaltheaters, an konzertanten Opernaufführungen und an der Oratorienpflege delektiert. Zu den herausragenden Ereignissen der vergangenen Jahre sind die Aufführungen von "Solomon" und "Beshazzar" unter Leitung von Marcus Creed zu zählen.

Nun war er wieder mit der Akademie für Alte Musik Berlin nach München gekommen, um im Rahmen des 1. Abonnementkonzerts des Chores des Bayrischen Rundfunks Händels Ode "Alexanders Feast or The Power of Music" aufzuführen. Vorweg gesagt - es war ein grossartiger, mitreissender Abend. Der dem 16. und 17. Jahrhundert aus Frankreich und England entstammenden Tradition der Cäcilienverehrung, der Verehrung der Musik im allgemeinen, sind die Mitwirkenden in berührender Art und Weise gerecht geworden.

Händel nahm das gleichnamige, 1697 und zu Ehren der heiligen Cäcilia entstandene Gedicht von John Dryden zur Vorlage. Beschrieben wird das Freudenfest, welches Alexander der Grosse 330 v. Chr. in Persepolis im Beisein seines Biographen Plutarch zum Lobe des Sieges über die Perser abhielt. Im Gegensatz zum Bericht Plutarchs hat Dryden seinem Gedicht die Gestalt des Sängers Thimotheus hinzugefügt, der mit seinen Liedern Menschen und Götter zu rühren und zu verführen vermochte. So wird die Verbindung von der heidnischen Antike zur christlichen Cäcilientradition hergestellt. Händel wiederum versieht den Text Drydens mit eindringlich bewegender Musik. Die im griechischen Altertum auf Plato und Aristoteles zurückgehende Einteilung der "Affekte", die Bezeichnung menschlicher Seelenlagen - Erhabenheit, Stolz, Freude, Mitleid, Liebe, Rache, Frömmigkeit - übernimmt Händel und komponiert diese Affekte genialisch aus. Ganz nach dem schwärmerischen, barocken Lebensgefühl wird antike Geschichte und christliches Gedankengut vereint: Thimotheus, dem Sängerverführer und der heiligen Cäcilia, der Beschützerin der Musik, gebührt zuletzt der erste Preis.

In vollkommener Übereinstimmung mit den Händelschen Intuitionen haben Marcus Creed, die Akademie für Alte Musik Berlin, der Chor des Bayrischen Rundfunks und drei Solisten einen denkwürdigen Abend gestaltet. Es ist völlig einerlei, wen man nennt: alle haben mit genauer Hingabe, mit Herz musiziert und so dem Zuhörer manchen von Händel sicherlich so gewollten Gemütsaffekt, manches dankbare Lächeln und donnernden Schlussapplaus entlockt. Deutlich konnte man das auch den Solisten am Gesicht ablesen: die grossartige Arienkunst der mühelos singenden Emma Bell, einer aus England stammenden Sopranistin, die Strahlkraft Finnur Bjarnasons, einem aus Island kommenden Tenor, und die kräftige, aber geschmackvoll geführte Stimme Christopher Purves, eines ebenfalls aus England stammenden Baritons, wurden mit allzeit wachsamer Aufmerksamkeit und begleitender Bewunderung quittiert.

Marcus Creed hatte den Chor und das Orchester bestens vorbereitet und überzeugte vor allem in Bezug auf die Vermittlung der Händelschen Affektmusik. Die Durchsichtigkeit der Stimmenfülle war ebenso wie die weiträumige Dynamik vom kaum hörbaren piano bis zum erbebenden forte stets präsent. Der Chor, besonders präzise, zeigte seine wundervollen Fähigkeiten,sowohl dem barocken Duktus, als auch der dem historischen Aufführungsstil verpflichteten Phrasierung beredten Ausdruck zu verleihen. Wenn überhaupt etwas hervorgehoben werden darf - eigentlich ist es nicht erlaubt - dann sollte dem Orchester ein besonderes Lob zuteil werden. Es wurde in der 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts im Osten Berlins gegründet und hat zwischenzeitlich eine derartig überzeugende Musizierfreude entwickelt, dass dem Publikum die Herzen höher springen. Besonders das vor dem zweiten Teil, nach der Pause gespielte und im Zusammenhang mit der Alexander-Oder komponierte Concerto grosso "Alexanders Feast" hat alle Zuhörer, aber auch die ob solcher Orchesterkunst lachenden Solisten mitgerissen.

Schade, dass die Kunststadt München, welche sich mit der Pflege historischer Aufführunspraxis schon immer sehr schwer getan hat, über ein Ensemble wie die Akademie für Alte Musik Berlin nicht verfügt. Man muss daher dankbar sein, dass solche Künstler und Marcus Creed immer wieder an die Isar kommen und mit ihrer grossen Kunst überzeugen.


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Programm

Georg Friedrich Händel
Alexanders Feast or The Power of Music


Emma Bell, Sopran
Finnur Bjarnason, Tenor
Christopher Purves, Bass


Chor des Bayrischen Rundfunks
Akademie für alte Musik Berlin

Ltg: Marcus Creed







Da capo al Fine

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