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Abschlusskonzert Beethoven-Orchester geht baden mit Beethoven
Von Ralf Jochen Ehresmann
Beethovens Neunte, welch ein Begriff an sich, und so ist dies nicht das erste Beethovenfest, das hiermit beendet wird. Vielmehr ist es inzwischen gute Tradition, nicht jedes- aber doch grob jedes zweite oder dritte Mal mit ebendiesem Opus und heimischen Bonner Kräften den Schlussstein eines Beethovenfestes zu setzen, den so ein Festival verdient. Eigentlich, denn diesmal ist es gründlich schief gegangen.
Mochte man anfangs noch gerne glauben, es läge vielleicht nur an der allzu seitlichen Lage des Sitzplatzes, so wuchs allmählich die Gewissheit, dass wohl doch tieferliegende Schwierigkeiten verantwortlich sein müssten...
Der Intendanz ist zunächst uneingeschränkt für die längst nicht mehr neue und doch immer noch ungeheuerliche Werkzusammenstellung zu gratulieren. Die unmittelbare Konfrontation der edelsten Tradition des Humanism, der alle Menschen zu Brüdern (und sicher auch Schwestern) machen wollte mit dem mörderischen Nebenergebnis, das alle Brüder und Schwestern gemeinsam zu Gasleichen gemacht hat, bleibt wohl für alle Zeit eine Ungeheuerlichkeit - und immer noch nur eine bescheidene Andeutung des unfassbaren Horrors, von dem sie berichtet. Genau deswegen ist sie ebenso für alle Zeit ein niemals zu erledigender Auftrag, weil das Grauen nur jemals dann zu bannen sein wird, wenn seine Aneignung nicht spart am Ekel und parallel dazu an Sympathie des Opfers jenseits aller Beileidsrhetorik. Betroffenheit ist heute nur noch authentisch als Gefahr: "Das Opfer ist anders, es ist wie du!"
Schönbergs survivor from Warszaw op.46 entstand 1948 so frisch nach dem mörderischen Geschehen, dass echte Opfersympathie im Land der TäterInnen noch kein Thema sein konnte, so dass primär der Abscheu vor dem Täter und dessen Verwandtschaft zu einem selbst als Motiv zur Einsicht taugen konnte. Dass der Feldwebel, den Schönbergs Gedicht zitiert, so stark berlinert, ist keine Frage des Colorits sondern der Substanz! Auch wenn Maximilian Schell als Rezitator die Ergriffenheit individuell abzuspüren war, so ist seiner einheitsdeutschen Hochsprache in diesem Teilaspekt zu widersprechen: Ohne die kalte Schärfe des Reichshauptstadtjargons fehlt Entscheidendes.
Ansonsten zeigte sich das Beethoven-Orchester mit Beethoven völlig überfordert und in so desolater Verfassung, wie man es ewig nicht mehr erlebt und daher kaum für möglich gehalten hat. Den SolistInnen - darunter explizit hervorzuheben Franziska für ihren glockenhellen klaren Wohlklang - ist jedenfalls nichts anzulasten, vielmehr trugen sie durch ihren Einsatz mit zur engelhaften Rettung dieser Veranstaltung bei, und Reinhard Hagen als Bass sprach sicherlich manchem Zuhörer ausdemherzen, als er eingangs seines Partes anstimmte: "O Freunde, nicht diese Töne! Sondern lasst uns angenehmere anstimmen / und freudenvollere!"
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ProgrammArnold SchönbergEin Überlebender aus Warschau, op.46 Ludwig van Beethoven Symphonie Nr. 9 d-Moll op. 125 Franziska Hirzel, Sopran Susanne Schaeffer, Alt Michael König, Tenor Reinhard Hagen, Bariton Maximilian Schell (Sprecher) Philharmonischer Chor der Stadt Bonn Beethoven Orchester Bonn Leitung: Roman Kofman
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