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München, Prinzregententheater
26. Januar 2003

Münchner Rundfunkorchester


Heiterkeit am frühen Abend

Von Rainer v. Hößlin


Dieser Sonntagnachmittag war dem Amusement gewidmet. Zwei Italiener, die zwar nicht gerade zu den tiefschürfendsten Tonsetzern gehören, haben mit ihren beiden vorgestellten Werken die Heiterkeit erweckt, welche Maestro Viotti im Vorfeld in seiner Werkerklärung für Rotas Symphonie mehrmals angesprochen hatte. Schade, dass dem wirklich schönen Konzert so viele Menschen ferngeblieben sind. Sie hätten sich sonst sicherlich darüber freuen können, dass der Trend zu Gesprächskonzerten hier in schönster Weise fortgesetzt wurde.

Gian Carlo Menotti (*1911) ist ein Meister der Orchesterbehandlung. Für seine Opera Buffa The Telephone setzt er ein kleines Kammerorchester mit einfach besetzten Bläsern und wenigen Streichern ein. Mit Hilfe dieses Ensembles kann er jeden Effekt genau kalkulieren. Die Bläser trillern und tremolieren nervig unterbrechendes Telephonläuten, der Continuo-Flügel arpeggiert Wahlvorgänge - natürlich mit der Wählscheibe, Tastentelephone waren zur Entstehungszeit um 1947 noch nicht "in" - und das ganze Orchester illustriert das Lachen und Kichern der Protagonistin. Durch die keineswegs plakative Lautmalerei bleibt der Zuhörer niemals im Unklaren über den Fortgang der "Handlung", die es eigentlich gar nicht gibt. Schließlich will der Mann seiner Frau nur etwas mitteilen, was das Telephon, drittes Wesen in der "amour á trois", penetrant verhindert. Der Informationsfluss gelingt denn auch erst, als "Er" ein Telephonhäuschen zur Hilfe nimmt, um mit "Ihr" zu kommunizieren. Welch ein Glück!

Die dem Neo-Klassizismus zugetane Musik ist eingängig, harmonisch und mit einigen Modernismen durchzogen, ohne wirklich modern zu sein. Menotti ist aber, schon seiner Originalität wegen, keineswegs ein Eklektiker. Derartige Musik ist sicherlich genialer bei Stravinsky (Rakes Progress) oder Prokoffiev (Symphonie Classique) zu hören, dennoch kann Menotti seine Originalität und seine italienische Herkunft kraftvoll durchsetzen. Die beiden Sänger und das Rundfunkorchester bringen das deutlich zum Ausdruck. Garant ist Marcello Viotti, der in seiner südländischen Liebenswürdigkeit die fein ziselierte, niemals aufdringliche, aber deutlich sprechende Musik nicht nur akkurat, sondern auch voller Seele interpretiert. Dazu das Orchester, das sich in den letzten Jahren prächtig entwickelt hat, und dem man den Spaß an der Freud deutlich anmerkte. Schließlich, aber nicht zuletzt die beiden Sänger: Marlis Petersen hat einen wunderschön timbrierten Sopran, der in allen Lagen mühelos anspricht und keine Schärfen erkennen lässt. Ihr Lachen am Telephon macht auch den Zuhörer lachen und traurig kann sie auch schön singen.

Obgleich die Buffa konzertant dargeboten wurde, war Frau Petersen eine überzeugende Darstellerin. Das gilt auch für William Shimell als vom nebenbuhlerischen Telephon völlig genervter Partner. Er überzeugt vollkommen mit seinem präzisen und warmen Bariton, der nur - im Sinne der Dramaturgie - bei völliger Verzweiflung über die Unterbrüche etwas rauher wird. Insgesamt ein vergnüglicher erster Teil des Konzerts.

Dem in der Pause mit dargebotenen Konfiserien gestärkten Publikum wurde nun Nino Rotas 3. Sympho-nie vorgestellt. Alle kennen diesen Komponisten sicherlich nicht, der große Berühmtheit mehr seinen Filmkompositionen - in Zusammenarbeit u.a. mit Fellini, Zefirelli, Visconti und Francis Ford Coppola - zu verdanken hat. Er ist, wie Menotti, 1911 geboren und gehört einer Musikergeneration an, die der wirklichen Moderne des 20. Jahrhunderts eher fern stand. Harmonische und rhythmische Gefälligkeiten werden von Reibungen und Klangbesonderheiten kaum getrübt. Die Thematik ist kleingliedrig, die Melodik eingängig. Das soll keine Abwertung der Musik Nino Rotas sein. Sie ist vielmehr, wie auch bei Menotti, dem Neo-Klassizismus verhaftet und italienisch-originell.
Dies gilt auf jeden Fall für die ganz in der klassischen Sonaten- bzw. Sonatensatzform gehaltene 3. Symphonie, welche Maestro Viotti seinen Zuhörern in klug gesetzten Worten und Tonbeispielen näher brachte. Wichtige historische, thematische und harmonische Querverbindungen wurden dem Publikum eröffnet. Die folgende Gesamtvorstellung der Symphonie konnte auf diese Weise mit größerer Gespanntheit und Konzentration genossen werden.

Daran hatte das Rundfunkorchester enormen Anteil. Es war an diesem späten Nachmittag prächtig aufgelegt und dem italienischen Temperament der Musik und des Dirigenten ganz hingegeben. Das musikantisch-heitere der Ecksätze wurde deutlich herausgearbeitet. Der dem hellen Kontext des Konzerts etwas entfernt stehende 2. Satz wurde in seiner Moll-Tönung durchaus anrührend interpretiert, worauf das Scherzo die alte Freundlickeit wiederherstellte.

Insgesamt eine schöne Soiree mit viel und lang anhaltendem Applaus. Die gelungene Form des Gespächskonzerts hätte allerdings auch einleitende Worte für die Opera Buffa bereit halten sollen. Gleichwohl - derartige Konzertkonzepte haben Zukunft und müssen unbedingt fortgesetzt werden. Der Stoff der Musikliteratur ist unermesslich.


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Programm

Gian Carlo Menotti
The Telephone
or amour a trois

Nino Rota
Symphonie Nr: 3, C-Dur


Marlis Petersen, Sopran
William Shimell, Bariton

Münchner Rundfunkorchester

Leitung: Marcello Viotti







Da capo al Fine

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