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15. September 2002
Alte Oper, Frankfurt am Main


Finalrunde Dirigentenwettbewerb Sir Georg Solti

Auf der Suche nach den Pultstars von morgen

Bericht vom ersten Internationalen Dirigentenwettbewerb Sir Georg Solti

Von Ingo Negwer

Vom 1. bis 15. September wurde erstmals der Internationale Dirigentenwettbewerb Sir Georg Solti ausgetragen. 173 Anmeldungen aus 39 Ländern waren bei der Frankfurter Museums-Gesellschaft eingegangen, aus denen die Jury eine Vorauswahl von 24 Kanditatinnen und Kandidaten getroffen und zum Wettbewerb eingeladen hatte. Die Vorrunden fanden vom 1. bis 4. September in Ludwigshafen statt, wo die Teilnehmer zunächst am Pult der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz ihr Können unter Beweis stellen mussten.

Der Name Sir Georg Soltis gibt gleichsam den Maßstab vor: Den Ausrichtern ging es nicht um ein Forum der Talent- und Nachwuchsförderung im weiteren Sinne. Hier sollen die Pultstars von morgen entdeckt werden. Die Juroren Michael Gielen (Vorsitz), Gary Bertini, Sylvain Cambreling und Paolo Carignani entschieden sich für drei Kandidaten, die die Finalrunde am 14./15. September in Frankfurt am Main mit dem dort ansässigen Museumsorchester bestreiten sollten.

Die drei jungen Dirigenten, dies sei bei aller folgenden Differenzierung vorweg gesagt, gestalteten am Sonntagmorgen im großen Saal der Alten Oper ein Finalrundenkonzert von ausgezeichneter Qualität. Zu Beginn bot der 27-jährige Tscheche Tomas Netopil einen leidenschaftlich frischen "Don Juan". Sein pulsierendes Dirigat trug das Orchester quasi auf Händen und ließ Richard Strauss' Tondichtung in großen Wellen schwingen. Mit bemerkenswert sicherer Souveränität entwickelte er die Spannungsbögen dieser Musik. Netopil präsentierte sich als leitender Partner des Orchesters, der von seinem erhöhten Standpunkt den Weg wies, dem alle offensichtlich gerne folgten.

Der in Armenien geborene Rouben Gazarian, 31 Jahre alt und heute deutscher Staatsbürger, ist ein mit präziser Gestik das Orchester führender und fordernder Dirigent, ein Perfektionist mit genauer Vorstellung von Igor Strawinskys Suite "Der Feuervogel" (Version von 1919). Er gestaltete eine atmosphärisch dichte Satzfolge mit klugem dramaturgischen Aufbau. Trotz heftiger Kontrate und wuchtiger Akzente gab er nie die Fäden des musikalischen Ablaufs aus den Händen und führte so Strawinskys Komposition in gleichsam gebändigter Extase zu ihrem abschließenden Höhepunkt.

Chin-Po Chiang, der 32-jährige Dirigent aus Taiwan, setzte mit Maurice Ravels zweiter "Daphnis et Chloe"-Suite den Schlusspunkt unter die Finalrunde. Mit eher sparsamem, rhythmisch federndem Dirigat führte er Regie in Ravels farbenprächtiger Komposition. Chiang pflegte, wo immer es nahe lag, einen opulenten (Streicher-)Klang, ließ aber in den nahezu kammermusikalischen Abschnitten auch die filigrane Detailarbeit nicht außer Acht, ehe das Werk mit dem hier wirklich rauschhaft überschäumenden Finalsatz zuende ging.

Nach der Pause verkündete Michael Gielen als Vorsitzender der Jury das mit Spannung erwartete Ergenbis. Gielen wies nochmals darauf hin, dass man angesichts der Bedeutung dieses Wettberbs (mit Unterstützung der Kultur-Stiftung der Deutschen Bank standen Preisgelder in Höhe von 30.000 Euro zur Verfügung) besonders hohe Maßstäbe angelegt hatte. Neben dem Eindruck im Finalrundenkonzert wurden auch die Entwicklungsmöglichkeiten der Kandidaten sowie ihre Probenarbeit mit dem Orchester in die Gesamtbewertung mit einbezogen. Daher kam die Jury überein, den ersten Preis in diesem Jahr nicht zu vergeben. Den zweiten Preis gewann Tomas Netopil. Gemeinsame dritte wurden Rouben Gazarian und Ching-Po Chiang.

Lady Valerie Solti

Lady Valerie Solti, die Witwe des bedeutenden Dirigenten und Namenspatrons des Dirigentenwettbewerbs, sprach der Stadt Frankfurt, wo ihr Mann von 1952-61 als Generalmusikdirektor der Oper wirkte, ihren Dank für die vorbildliche Kulturpflege aus und hob die Bedeutung von Musik und Kunst gerade in unserer heutigen Zeit hervor. Zum Abschluss spielte das Museumsorchester unter der Leitung des frisch gekürten Preisträgers Tomas Netopil die Ouvertüre zu Carl Maria von Webers Oper "Der Freischütz". Mit geradezu mitreißendem, aber nie das ganze aus den Augen verlierendem Dirigat (Parallelen zu dem großen Leonard Bernstein drängen sich in gewissem Maße auf) mag Netopil nun auch einige Skeptiker im Publikum überzeugt haben, die vielleicht mit einem anderen Juryurteil gerechnet haben!


Der zweite Internationale Dirigentenwettbewerb Sir Georg Solti wird 2004 ausgetragen. Das Finalrundenkonzert des ersten wurde von Hörfunk und Fernsehen aufgezeichnet und am 6. Januar 2003 um 20:30 Uhr von hr2 und hr-klassik gesendet; der Termin für die Dokumentation und die Konzertaufzeichnung im hessen fernsehen standen bei Redaktionsschluss noch nicht fest.


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