Zur OMM-Homepage Zur OMM-Homepage Veranstaltungen & Kritiken
Musiktheater
Homepage Musiktheater-Startseite E-mail Impressum



Saul

Oratorium in drei Akten von Georg Friedrich Händel
Libretto von Charles Jennens nach dem Ersten und Zweiten Buch Samuel
Konzertante Aufführung in englischer Sprache

3 Stunden 30 Minuten

Aufführung in Bochum am 04.05.2003



Logo:Ruhrtriennale

Ruhrtriennale
Jahrhunderthalle Bochum
Montagehalle für Kunst
(Homepage)

Gelungener Industriebarock

Viel Harmonie um König Saul


Von Monika Jaeger

Einmal mehr ging das Standort-Kultur-Konzept der Ruhrtriennale auf: Mit Frieder Bernius' Interpretation von Georg Friedrich Händels Saul in der Bochumer Jahrhunderthalle traf der Anspruch authentisch-werktreuer Aufführungspraxis alter Musik auf das authentisch-werksgetreue, inzwischen atmosphärisch verflossene Industrieambiente des früheren Kruppgeländes und führte zu einem ebenso überzeugenden wie zeitlosen Monument des Ringens um die königliche Macht.
Im Mittelpunkt der Handlung steht David, Sieger über Goliath und Retter des Volkes Israel, dem als Dank von Saul die Königstochter versprochen wird. Ein Weg, den er trotz aller Intrigen Sauls in unbeirrbarer Integrität zurücklegt. Dennoch ist das Oratorium nicht nach ihm benannt, sondern trägt den Namen "Saul" - damit tritt die Schattenseite des Geschehens in den Vordergrund: Die Anfechtung der eigenen Persönlichkeit durch Neid, Angst, Misstrauen, der Verlust von Macht und Ansehen und das Klammern daran. Sauls Verstrickungen führen ihn bis ins Hexenreich, wodurch er seinen Untergang und die gefürchtete Gottesferne endgültig besiegelt. So spielt sich das eigentliche Drama in seinem Inneren ab, reflektiert über die Versuche seiner Kinder, ihn zur Raison, zur Ehre und zu Gott zurück zu bringen. Das gute Ende besteht folglich nur am Rande in der Krönung Davids, sondern vor allem in der Vereinigung von Vater Saul und Sohn Jonathan im heilvoll-tragischen Heldentod, wodurch alle Seiten ihre Aussöhnung finden.

In Libretto und Musik geht es weniger um die dramaturgische Ausgestaltung der konfliktträchtigen Handlungsstränge, wichtiger als einzelne Akteure sind die aus ihnen sprechenden Tugenden, Empfindungen und Autoritäten. Der triumphale und festliche Gestus von Händels Oratorien fällt dabei nie in schweres Pathos, sondern behält stets Grazie und Leichtigkeit. Beschauliche bis zündende Dramatik entlädt sich in den affektbeladenen Stimmpartien und äußert sich in semantisch farbenreicher Besetzung, etwa dem Harfenspiel Davids oder dem Carillon, dessen volltönende Glockenklänge sich auf wirkungsvolle Weise mit dem wohlintonierten Orchester reiben.

Vor allem in den virtuosen Passagen zeigte sich die künstlerische Qualität dieser Produktion. Die Transparenz und klangliche Ausgewogenheit des Barockorchesters Stuttgart und der schlanke, homogene Chorklang des ChorWerk Ruhr harmonierten in jeder Hinsicht mit den Solisten. Gilles Cachemaille und Brian Asawa verkörperten die Antagonisten Saul und David, Gradmesser für den Zorn und die Gnade Gottes, stimmlich optimal. Zu Cachemailles deutlich im tiefen Register von den anderen Hauptakteuren abgesetztem sonoren Stimmklang bildete Asawas beweglicher und ausdrucksstarker Alt den idealen Gegenpart. Dessen Duette mit Joanne Lunns strahlender Ausdruckskraft als Michal im zweiten Akt markierten einen musikalischen Höhepunkt. Die atmosphärischen Gegensätze spiegelten sich vor allem in der Persönlichkeit der Merab, die als einzige der Protagonisten wegweisende Charakterwechsel vollzieht. Carolyn Sampson brachte diese mit beeindruckender stimmlicher Wandlungsfähigkeit bei gleichbleibend klangvollem Volumen zum Ausdruck. Arno Raunig verlieh der Hexe von Endor stählernd-schillernde Weisungskraft, als Gegenpol zu Markus Brutscher, der mit großer stimmlicher Klarheit die religiös-moralische Autorität und das gütige Harmoniestreben des Hohepriesters verkörperte. Die Vielzahl der charakterlichen Facetten wurde vom Chor flexibel aufgenommen und in seinen dramaturgischen Part als Sprachrohr des Volkes und als kommentierende moralische Instanz integriert. Auf allen musikalischen Ebenen bestach die glatte Übereinstimmung - ebenso wie die Agierenden um Saul erlaubte sich die Interpretation kein Ausbrechen aus der Harmonie. So wurde die Begegnung zwischen lebendiger Barockmusik und weniger lebendiger Industriehalle zu einem Hörgenuss - und verlief gleichzeitig unspektakulär.


FAZIT



Ihre Meinung
Schreiben Sie uns einen Leserbrief
(Veröffentlichung vorbehalten)


Produktionsteam

Musikalische Leitung
Frieder Bernius

Produktionsleitung
Bojan Budisavljevic



Barockorchester Stuttgart
ChorWerk Ruhr



Saul
Gilles Cachemaille

David
Brian Asawa

Jonathan
Tomislav Muzek

Michal
Joanne Lunn

Merab
Carolyn Sampson

Hexe von Endor
Arno Raunig

Hoher Priester
Markus Brutscher

Samuel
Hans Griepentrog

Amalekiter
Christian Carrasco

Doeg
Tobias Hänschke

Abner
Moshe Haas











Da capo al Fine

Homepage Musiktheater-Startseite E-mail Impressum

©2002 - Online Musik Magazin
http://www.omm.de

- Fine -