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4.12.2001
Großes Haus der Städtischen Bühnen Münster


Mauricio Kagel

Variationen ohne Fuge für großes Orchester über die "Variationen und Fuge über ein Thema von Händel" für Klavier op. 24 von Johannes Brahms (1971/72)

Krzysztof Penderecki

Konzert für Klarinette und Kammerorchester (1992-1995)

Leos Janacek

Sinfonietta für großes Orchester (1926)

Symphonieorchester der Stadt Münster
Jörg Widmann, Klarinette
Will Humburg

Viel Neues in Münster
4. Symphoniekonzert

Von Monika Jäger



In seinem diesjährigen Dezemberkonzert verzichtete das Symphonieorchester Münster erfreulicherweise auf jegliche vorweihnachtliche Anklänge und blieb außerdem dem selbstgewählten Schwerpunkt zeitgenössischer Musik treu.
Mit seinem für diese Saison angekündigten "durchaus nicht systematischen Streifzug durch das eben vergangene 20. Jahrhundert" kommt Generalmusikdirektor Will Humburg einmal mehr das Verdienst zu, diese Musik aus ihrer Alibi-Funktion als Ouvertüre zu den Werken bewährter Klassik zu befreien.
In umsichtiger Programmauswahl wurde an diesem Abend ein Querschnitt gegensätzlicher Kontexte und Epochen vorgestellt, von der Bearbeitung historischer Vorlagen über das zeitgenössische Solokonzert bis zur Symphonik der Nationalen Schulen zu Beginn des Jahrhunderts - und dennoch wurden die Hörer in keiner Weise überfordert, da die Materialbehandlung in den Kompositionen durchaus vergleichbar war. Die ausgewählten Werke verbindet die Orientierung an melodischen Linien und deren verschiedenartiger Entwicklung und vor allem Brechung.

In Mauricio Kagels Variationen ohne Fuge für großes Orchester über die "Variationen und Fuge über ein Thema von Händel" für Klavier op.24 von Johannes Brahms ist die Melodik durch die Themenvorlage am greifbarsten und gleichzeitig am stärksten verfremdet. Rhythmisch ganz originalgetreu geschieht der Bruch vor allem in der durch moderne Techniken gefärbten Klanggestaltung und der Harmonik: "Es wimmelt plötzlich von Dissonanzen", teilt Kagel seinem Kollegen Brahms in einem fiktiven Brief mit.
Dass Kagel zum Schluss den bereits von Händel über Brahms gespannten Bogen auch im szenischen Dialog in Erscheinung treten lässt (Jürgen Wink als Johannes Brahms und Matthias Klesy als Georg Friedrich Händel), mag sich als Ausdrucksform schlüssig in Kagels Schaffensbereich des "musikalischen Theaters" einordnen, ist aber nicht unbedingt ein Gewinn für die Komposition.

Krzysztof Pendereckis 1995 fertiggestelltes Konzert für Klarinette und Orchester vermittelt eine Klanglichkeit von ruhiger Expressivität. Im Wechsel zwischen lebhaft-virtuosen, sehr fasslichen Figuren und lyrisch-ausgespielten Passagen entspinnt sich ein Dialog zwischen Soloinstrument und Orchester, der auf Ausgewogenheit der Klangkörper und der formalen Proportionen angelegt ist. Rückbezüge zum Tonalen sind durchaus vorhanden und Ausdruck der Stilwende Pendereckis nach seinen früheren Werken der experimentellen Avantgarde. Prägend bleiben jedoch die für Penderecki typischen markanten Perkussions-Einlagen als kontrastives Element. Mit seinem warmen Ton harmonierte Solist Jörg Widmann auf beeindruckende Weise mit der kompositorischen Idee und zeigte faszinierende Übereinstimmung im Zusammenspiel mit den Solisten des Orchesters.

Mit der Sinfonietta für großes Orchester von Leos Janacek machte das Programm einen Sprung an die Anfänge der musikalischen Moderne. Dieses Spätwerk, in dem Janacek endgültig zu seiner individuellen Ausdrucksweise gefunden hat, ist in seiner patriotischen Grundhaltung eine Hommage an die Stadt Brünn, in der Janacek den größten Teil seines Lebens verbracht und auch die meisten Werke geschrieben und uraufgeführt hat. Nicht zuletzt die programmatischen Satztitel verweisen auf konkrete Schauplätze, die das Leben des Komponisten geprägt haben. Um so deutlicher treten nationale Idiome in Melodik, Harmonik und Rhythmik zu Tage, die das Werk eindeutig dem Kontext der Nationalen Schulen zugehörig zeigen.
Die große Suggestivkraft der Musik erwächst aus einer Ästhetik, die sich am Verständnis für dramatische Prozesse orientiert. Kleine melodische Einheiten mit teilweise semantisch eindeutigem Material wie die Fanfaren zu Beginn und am Ende des Werkes bilden die Grundlage der Komposition. Das karge und harte Klangideal, das so typisch ist für Janaceks Spätwerk, wird verwirklicht durch die trotz großen Orchesters sparsame, geradezu geizige Instrumentation. Diesem Anliegen entsprach die auf Schärfe und Deutlichkeit konzentrierte Interpretation Will Humburgs auf ideale Weise.
Leider ließ in diesem anspruchsvollen Konzert das Symphonieorchester einiges an Präzision vermissen. Es vermittelte den Eindruck, als befände es sich nach den Neubesetzungen zu Beginn der Spielzeit immer noch auf der Suche nach einem homogenen Klangkörper. Trotz dieser Abstriche in der Ausführung hatte das Konzert in dieser Zusammenstellung selten gehörter Stücke Neues und Interessantes zu bieten.


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