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17.09.2001
Stadttheater Dortmund


Gustav Mahler: Symphonie Nr. 2 c-moll
für Soli, Chor und Orchester
"Auferstehungssymphonie"


Alexandra von der Weth, Sopran
Hanna Schwarz, Alt

Philharmonischer Chor des Dortmunder Musikvereins
Monteverdi-Junior-Chor Dortmund

Hans Wallat, Dirigent

Allzu viele Kompromisse!
Das Philharmonische Orchester Dortmund eröffnet die Konzertsaison 2001/2002 mit Gustav Mahlers "Auferstehungssymphonie".

Von Martin Rohr



Mit einem monumentalen Werk eröffnete das Philharmonische Orchester Dortmund eine sehr ambitionierte Konzertsaison, für die namenhafte Solisten und Dirigenten verpflichtet werden konnten. Doch was als feierliche Eröffnung geplant war, erschien im Rahmen der aktuellen Ereignisse in einem gänzlich neuen Licht.
Der thematische Kontext in der 2. Symphonie in C-moll für Soli, Chor und Großes Orchester (1888-1894) von Gustav Mahler ist eine monumentale Totenfeier, in deren Verlauf der Hörer mit traumartigen Erinnerungen aus dem Leben des Verstorbenen konfrontiert wird, bevor in der großen Schlussapotheose der Choral "Auferstehn wirst du" nach Worten des Dichters Klopstock und des Komponisten erklingt. Ein Bezug zu den Opfern von Terroranschlägen in den USA drängte sich geradezu auf.

In seiner Interpretation der Symphonie agierte der kommisarische Generalmusikdirektor Hans Wallat mit größter Sensibilität für Klangkultur und Gesanglichkeit. Entsprechend zeigte sich das Orchester als homogener Klangkörper mit großem spieltechnischen Potenzial. Vor allem die Holzbläser überzeugten durch herausragende solistische Leistungen und eigenständige Expressivität.

Was in diesem Sinne als höchste Spielkultur bei Brahms oder Bruckner nur willkommen ist, erschien allerdings in einer Musik, die sich explizit von der idealistischen Vorstellung der Einheit von Form und Inhalt trennt, zeitweise als Verlust. Denn bei aller Suche nach dem "Erhabenen" in der Musik gehören doch gerade Diskontinuitäten, Brüche, Härten und die Verbindung von Gegensätzlichem zu den konstitutiven Elementen der Musik Gustav Mahlers. Der erhabene Trauermarsch-Gestus des Kopfsatzes trifft unvermittelt auf die Naivität des Ländlers im zweiten Satz. Das berühmte "Fischerpredigt"-Scherzo liefert ein nahezu groteskes Bild des "grausamen weltlichen Getriebes".
Allzuoft glättete Hans Wallat eben diese Brüche und Diskontinuitäten. Im Orchesterklang vermisste man dementsprechend scharfe Konturen vor allem in Trompeten und Posaunen sowie im Schlagwerk.

Eine deutliche Verfremdung erfuhr das Werk durch einen sehr willkürlichen Umgang mit den minutiösen Ausführungsanweisungen des Komponisten. So wurden die Angaben zur räumlichen Anordnung des Fernorchesters nur teilweise beachtet, wodurch die vom Komponisten intendierte Raum- und Klangwirkung verfehlt wurde. Dies galt insbesondere beim großen Hornruf im Finale, den Hans Wallat von Musikern auf der Bühne ausführen lies.
Dass im großen Schlusschoral die Orgel schlicht weggelassen wurde, mag man unter den gegebenen Umständen des Stadttheaters fast noch verstehen, auch wenn dies im großartigen Klangbild der Mahlerschen Apotheose eine deutliche Lücke hinterlässt.

Was jedoch die Eingriffe die solistischen Gesangspartien angeht, so sind hier die Beweggründe nur schwer nachvollziebar: Die vom Komponisten ausdrücklich geforderten Koppelungen von Sopran- und Altsolo mit Chorsopran und -alt wurden ohne ersichtlichen Grund und scheinbar willkürlich ausgelassen bzw. verkürzt.
Entsprechend hatten die beiden Solistinnen Alexandra von der Weth (Sopran) und Hanna Schwarz (Alt) wenig Gelegenheit, ihr großes stimmliches Potenzial zur Geltung zu bringen. So blieb auch in den solistischen Passagen wie dem vierten Satz "Urlicht" nach dem Text aus der Sammlung "Des Knaben Wunderhorn" immer der Eindruck einer objektiven Distanz zur Musik. Nie zeigten die beiden Solistinnen völlige und rückhaltlose Hingabe an den expressiven Gehalt von Dichtung und Komposition - eine Haltung, die das gesamte Erscheinungsbild auch des Dirigenten Hans Wallat prägte.

Deutliche Mängel innerhalb des ansonsten sehr guten Klangkörpers zeigte der Philharmonische Chor des Dortmunder Musikvereins, der in Klangkultur und Volumen dem großen Schlußchoral nicht gewachsen war. Allzu oft verlor er in den zurückhaltenden a-Capella-Passagen die musikalische Spannung - Schwächen in der Intonation waren die mehr als deutliche Folge.

Insgesamt bleibt der Eindruck einer handwerklich sehr guten Aufführung des Orchesters und der Solistinnen, die jedoch in ihrer Glätte, Kultiviertheit und Weichheit wenig von der oftmals schroffen Charakteristik der Musik Gustav Mahlers erkennen lies.


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