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Sternstunde -
Thomas Hampson mit Mahlers Wunderhorn-Liedern
Die Wiener Virtuosen begleiten ihn und spielen ohne Dirigenten noch Mozart und Wagner Von Christoph Wurzel; Foto: Simon Fowler
Mahler dürfte in den in romantischer Zeit (1806-08) von Achim von Arnim und Clemens Brentano herausgegebenen "Alten deutschen Liedern" einen Spiegel gesehen haben, in dem er seine Sicht des "Weltgetümmels", aber auch seine Vorstellung einer diesem unheimlichen Treiben entrückten Gegenwelt reflektieren konnte.
Thomas Hampson, sozusagen der Erbe dieser Inspirationsquelle des Komponisten, präsentierte die Lieder in drei thematischen Blöcken. An den Anfang stellte er drei "Satiren auf das Menschenvolk", wie Mahler die "Fischpredigt" selbst bezeichnet hat. Und mit unnachahmlicher Vortragkunst ließ Hampson Mahlers Sarkasmus aufblitzen:
Durch die Pause und Wagners "Siegfried - Idyll" nicht gerade glücklich getrennt, bildete die dritte Gruppe der Wunderhorn Lieder den Schluss des Konzerts. Diese Lieder führten auf eine Reise durch Lebenssituationen der Gefangenschaft, des Abschieds und des Entbehrens, bis schließlich zur Transzendenz und erhofften Erlösung. Hier konnte sich nach dem beißenden Humor des Anfangs ("Lob des hohen Verstandes" - des Esels nämlich!) heitere Gelassenheit ausbreiten. Hampsons Mimik zur Zeile "Sankt Martha die Köchin muss sein!" bei der Schilderung der "eng´lischen" Tafelfreuden in "Das himmlische Leben" sprach Bände. Mit dem schon in höhere Sphären weisenden "Urlicht" wollte Hampson das Publikum in jene Vision von einer Jenseitswelt entlassen, die in allen Mahlerschen Adagiosätzen aufscheint,...
Natürlich war der Sänger der "Star des Abends", konnte aber dem Orchester dennoch nicht die Schau stehlen - und wollte dieses sichtlich auch nicht. Begleitet wurde Hampson von den Wiener Virtuosen, einer Formation von Musikern der Wiener Philharmoniker. Es handelt sich bei diesen Instrumentalisten um führende Solisten ihres Fachs. So erlauben sie sich, ohne Dirigenten zu spielen - und das in einer Stärke von rund zwanzig (Mozart und Wagner) bis zu nahezu vierzig Musikern (Mahler). Es ist reizvoll, Werke, die man gewohnt ist, in wesentlich größeren Formationen zu hören, einmal in dieser kammermusikalisch entschlackten Form zu erleben. Der Klang dieses Ensembles ist weniger brillant und prächtig als der eines großen Orchesters, aber viel transparenter, prägnanter, leichter, natürlicher. Dies kam allen Werken sehr zugute und besonders der sparsam instrumentierten Mozart-Sinfonie in g-Moll mit den berühmten schüchtern-unruhigen Achtelbewegungen im ersten Satz. Gerade weil dieses Motiv so bis zur Unkenntlichkeit ins Triviale hinein abgedroschen ist, war es erholsam und tröstlich, es so seriös musiziert zu hören - fast eine Neuentdeckung dieses Werks aus Mozarts schwerster Zeit. Förmlich auf dieses Ensemble zugeschnitten erwies sich das Siegfried - Idyll, mit dem Wagner 1870 seiner Frau Cosima ein Ständchen zum Geburtstag bereitet hat, ihrem ersten Geburtstagsfest als seine Ehefrau. Dieses anmutige Werk dürfte von den Wiener Virtuosen in einer Art historischer Aufführungspraxis dargeboten worden sein, denn die Uraufführung fand in der Villa des frisch vermählten Ehepaares in Triebschen statt, was eine große Besetzung damals nicht zuließ. Cosimas Töchter sollen es daher auch respektlos als "Treppenmusik" bezeichnet haben. Dennoch - oder gerade wegen ihrer solistischen Besetzung - entfalteten die Wiener Virtuosen alle dem Werk innewohnenden Klangdimensionen mit eleganter Leichtigkeit.
Auch von den Wunderhorn - Liedern ist verbürgt, dass der Komponist sie eigentlich in kleinformatiger Orchesterbesetzung gedacht hat. Mahler hat selbst vom "Kammermusikton" seiner Lieder gesprochen. Nicht, dass sie sparsam instrumentiert seien, soll das heißen, sondern, dass der Ton kammermusikalisch klar und durchsichtig sein soll. Mahlers außerordentlich reicher und farbiger Instrumentation kommt eine Verschlankung des Orchesterapparats sehr entgegen und die Reduktion auf weniger, aber ganz solistisch spielende Musiker ist ein Gewinn. Zudem hat Mahler in allen Werken die Singstimme als integralen Bestandteil des Gesamtklanges angesehen, nicht als gesondert oder abgehoben. In diesem Sinne kam es in den Wunderhorn-Liedern zumeist zu einem idealen Dialog zwischen Singstimme und Instrumenten. Ihre Meinung ? Schreiben Sie uns einen Leserbrief |
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