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Mittwoch, 9. Mai 2001

Greifswald
Festival Nordischer Klang 2001

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Ásbjörn "Bubbi" Morthens mit "Strið og Friður" (Krieg und Frieden)


Schattenlose Größe

Perlen der Musik beim Nordischen Klang in Greifswald

Von Claudia Koestler Cover

Manchmal werden einem Momente purer Schönheit geschenkt, wo man sie überhaupt nicht vermutet. In einem rappelvollem Club etwa, aus dem sich das letzte Sauerstoffmolekül längst verabschiedet hat oder gar in klangvollen Kleinstädten nahe der polnischen Grenze. Greifswald bot einen solchen Moment im Mai. Kostbare 7 Tage lang fand dort der "Nordische Klang" statt und bot unter dem Motto "bunter denn je" in Konzerten, Ausstellungen, Lesungen und Filmen einen spannenden Überblick über die nordeuropäische Kulturszene. Weltgrößen wie Karin Krog und John Surman fanden sich ein, Palle Mikkelborg und Ale Möller, M.A. Numminen oder Vanja Santos etwa, auch Piirpauke und die NRD Big Band gaben sich die Ehre, um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Das Motto in Greifswald hätte aber auch aus Mozarts Oper "Entführung aus dem Serail" stammen können: "Auf zum Kampfe, auf zum Streite, nur ein feiger Tropf versagt". Feige waren sie nun wirklich nicht, die Veranstalter des Nordischen Klangs, luden sie doch auch zur erstmalig eingeführten Nordischen Rocknacht den Grandsigneur der isländischen Musik ein, Ásbjörn "Bubbi" Morthens, in Begleitung seiner neuen Band "Strið og Friður" (Krieg und Frieden). Diese Mischung hätte auch schief gehen können, doch was sich an diesem Abend dem zahlreich erschienen Publikum bot, war das seltene Erlebnis eines mitreißenden, naturgewaltigen Auftritts eines eigensinnigen Musiker auf höchstem musikalischen Niveau, an dem alles gestimmt hat.

Da steht er also vor einem, ein Phönix, klar und kraftvoll, voll überschäumender Präsenz und Selbstverständlichkeit im Sturm des Gitarrenspiels. Seine großartige Stimme trägt den satten Sound der Band wie ein Fels in der Brandung, stemmt dann den Körper gegen die fesselnden Akkorde, springt auf, geht mit, geht auf in seiner Musik und den sehr eigenen, aber stimmigen Bewegungen eines Kraftpaketes. Die fulminante Dynamik des Abends zeigte sich in einer ausgewogenen Mischung aus alten Klassikern und brandneuem Material, darunter so explosive und erstrangige Rocknummern wie "Sitjandi á hörðum stól", "Módel" oder "Goðar stelpur fara til himna", die in musikalischer, aber auch textlicher Spannung nie in die Harmlosigkeit abrutschten. Er zeigte Reibungsfläche, bezog Stellung mit "Ísland fyrir Íslendingar" oder "Hvítir Sloppar" und schafft so das Kunststück, eine Symbiose aus Aussage und Rock zu entwickeln, die vollends funktionierte und der sich trotz allem Anspruch nie dem Spaß an Rhythmus und Tanz verweigerte - mit ein Grund, warum es an diesem Abend kaum sprachliche Barrieren gab, zumal seine englischen Ansagen jedem einen Eindruck von der Thematik seiner Songs gaben.

In Balladen wie "Þú mát kalla", einer wunderschön unpretentiösen Ode an die unterschiedlichen Seiten der Liebe, oder "Alltaf einn", einem Song über die Einsamkeit, öffnet er den Blick in den Mikrokosmos im Kopf, während er mit "Það ert þú" und "Ég get flaugið" den Blick freigibt in unendliche Weiten. Klassiker wie "Lili Marlene" oder "Hiroshima" ließ er in den Raum explodieren, wie eine überwältigende Nachricht eines längst verloren geglaubten Freundes. Keine Spur also von Routine oder Beliebigkeit in diesem Ausnahme-Konzert. Mit urgewaltiger Kraft, stimmlichen Phänomen und mit jener sichtbaren Freude am Spiel, die nur auf höchstem musikalischem Niveau zu finden ist, sprühte er und seine Band Funken.

Niemand, der nicht von innen gestrahlt hätte an diesem kompromißlosen Abend. Bubbi Morthens war da, verdammt jung, verdammt groß.



Bitte beachten Sie auch
unser Interview mit Ásbjörn "Bubbi" Morthens in unserem Feuilleton



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