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In der Ruhe liegt die KraftWerke von Volker Staub, John Cage und Johannes Fritsch im Forum Neue Musik des Hessischen RundfunksVon Andreas Höflich
Grenzen sehen, sie mit Bestimmtheit überschreiten, oder das Getrennte zu verbinden suchen,
darin liegt – neben vielem anderem – der Reiz sogenannter "Neuer Musik". Im Rahmen des "Forum
Neue Musik" des Hessischen Rundfunks - einer Reihe, die sich ganz der Neuen Musik verschrieben hat -
wurden diese Grenzen immer wieder deutlich und gleichzeitig verwischt. Das "Ensemble Volker Staub",
das sich speziell für dieses Konzert bildete, brachte zuerst eine Komposition des Nahmengebers zu Gehör.
Bei Staubs "Suarogate Version 0601" handelt es sich um ein "work in progress", bei
dem vorher entstandene Werkteile je nach konzertanten oder instrumentalen Bedürfnissen zu einer neuen
Form verwoben werden. Die Besetzung bestand dieses mal aus Blasinstrumenten, Vokalquartett und Perkussion.
Zentrale Instrumente in Staubs Suche nach neuen Klangformen sind unbehandelte Baumstämme und sich
über die ganze Bühne spannende Stahlsaiten, die in unterschiedlichster Weise zum Schwingen gebracht
werden. Die Stahlsaiten werden über Ölfässer geführt, die als Resonanzraum genutzt
werden. Die Saiten werden mit dem Geigenbogen gestrichen oder mit Stöcken angeschlagen. Die
Baumstämme bilden den Hauptpart an perkussiven Elementen. Mit Holzstöcken an verschiedenen
Stellen angeschlagen, entfalten sie die unterschiedlichsten Klangfarben. Ebenso eine Art Flaschenorgel ist zu
hören. Bauchige Flaschen sind nach Tonhöhe an Seilen aufgehängt und werden mit
Schlagzeugstöcken angeschlagen. Völlig emanzipiert hat sich das Geräusch in John Cages "Four6", ebenso wie sich die Indeterminiertheit der Kompositionstechnik Bahn bricht. "Four" gehört zu der Gruppe von Cages Kompositionen, die allein durch die Anzahl der Spieler benannt werden. Diese vier Spieler wählen jeder seine eigenen zwölf Töne mit spezifischer Charakteristik. Die Ausführung ist in sogenannten Zeit-Klammern jedem Interpreten freigestellt. Bei dieser Aufführung wählten die Interpreten Perkussion, Schlagwerk, Posaune, Flöten und diverse Gegenstände. Durch die in der Komposition immanent gewordene Zen-philosophische Unbestimmtheit und Kontemplation ist jedes Detail gleich wichtig. So ist das Zerknüllen und Rascheln von Papier, Erbsen in einer Trommel und das Atmen durch eine Posaune derart intensiv zu hören, dass jedes dieser Geräusche seinen eigenen Klang im Raum entfaltet. Die profansten Geräusche (das Blubbern von Luftblasen in einem Wasserglas) werden zu Klangereignissen erhöht und die Maxime der Neuen Musik - es gibt keine hierarchische Beziehung von Klang und Geräusch - so plastisch dargestellt. Das Ausgeliefertsein des Menschen gegenüber der Technik behandelt "Kernspin"
von Johannes Fritsch. Durch die eigene Grenzerfahrung einer Kernspintomographie angeregt, tritt ein
Schlagzeuger gegen elektronische Spektren an. Wie der unbewegliche Körper in der medizinischen Anwendung
auf die Spektren zu reagieren versucht, so (re)-agiert der Schlagzeuger mit den pulsierenden Klangflächen
und Impulsen des Tonbandes. Mit aberwitzigen Schlagzeug- und Perkussionsfiguren vermittelt er die Reaktion des
Körpers auf die Impulse und lauten Klangspektren des elektronischen Teils der Komposition, die denen der
Kernspintomographie nachempfunden sind, und denen der Mensch in der modernen Medizintechnik ausgesetzt ist. Ihre Meinung ? Schreiben Sie uns einen Leserbrief |
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