Veranstaltungen & Kritiken Konzerte |
|
Titan auf impressionistischen Pfaden
Von Stefan Schmöe
Was tun mit dem Trompetenkonzert von Johann Nepomuk Hummel? Angesichts des schmalen Konzert-Repertoires für dieses Instrument ist es zweifelsfrei eine angenehme Abwechslung, einmal nicht auf das Haydn-Konzert, sondern auf eben jenes von Hummel zurückzugreifen. Interessant ist das Werk weniger wegen seiner relativ konventionellen formalen Struktur als Vielmehr wegen der Einbeziehung der Chromatik als eines der ersten Werke für Klappentrompete überhaupt ist es so etwas wie frühe experimentelle Musik. Dieses heute hörbar zu machen ist allerdings nicht eben einfach. Neben Mahlers 1. Symphonie, ein Klangexperiment ganz anderer Art, droht dem Stück die Gefahr, als leichter Aufgalopp zum ernsthaften Teil des Programms degradiert zu werden. So ganz ernst scheinen auch die Musiker im 10. Sinfoniekonzert des Wuppertaler Sinfoniekonzerts die Komposition genommen zu haben. Zwar wurde unter der Leitung von George Hanson akkurat musiziert und durchaus geschmackvoll phrasiert, aber das in unverbindlich symphonischem Sound, mit dem sich das Repertoire zwischen Vivaldi und Bruckner recht gefahrenlos bewältigen lässt. Solist James Thomson bemühte sich um einen angenehm zurückhaltenden, warmen Ton und vermied weitgehend äußerliche Virtuosität allerdings um den Preis einiger Patzer, und ganz konsequent hielt er diese Linie auch nicht durch. Mehr als ein nettes, aber unbedeutsames Intermezzo zwischen Mozart (mit der Don Giovanni-Ouvertüre, durch allzu dröhnende Pauken aus dem klanglichen Gleichgewicht gebracht, hatte der Abend begonnen) und Mahler kam dann doch nicht heraus. Angekündigt war das Konzert ohnehin unter dem Motto Der Titan, da braucht das Vorprogramm vielleicht nicht zu gehaltvoll zu sein. Dieser Titan (so der Untertitel zu Mahlers 1. Symphonie) kam allerdings auf zunächst recht wackligen Füßen daher. Die schwirrende Einleitung zum ersten Satz war von manchen Intonationsproblemen und etlichen ungenauen Einsätzen getrübt. Im Verlauf des Werkes konnte sich das Orchester dann aber ganz erheblich steigern, reagierte aber oft recht unflexibel auf Tempowechsel. Gerade an den Bruchstellen, an denen Mahlers collagenartige Komposition reich ist, fehlte oft die Geschmeidigkeit und ein gewisses Maß an Selbstverständlichkeit. Dagegen entwickelten sich innerhalb einzelner Abschnitte mitunter sehr schöne Momente, in denen insbesondere die Bläser glänzen konnten. Der Streicherklang war, wie schon zuvor im Hummel-Konzert, besonders in den konventionelleren Passagen recht unverbindlich, und das nivellierte die im Charakter teilweise sehr unterschiedlichen Abschnite der Symphonie. Insgesamt entstand der Eindruck einer soliden, aber ein wenig unbeweglichen Interpretation. Wuppertals Chefdirigent George Hanson baute das Werk von den Klangflächen des Beginns (Wie ein Naturlaut schreibt Mahler vor) her auf und betonte die Nähe zum Impressionismus. Das eigentlich Neue und Aufregende an dieser Musik sind aber weniger diese einzelnen Episoden, sondern das Nebeneinander von divergierenden Elementen: Gegen die Naturlaute hat Mahler ganz handfeste Musik gesetzt. Diese Wechsel konnte Hanson nicht immer plausibel machen; manches milderte er ab, anderes ließ er ziemlich unentschlossen stehen. Die Satzschlüsse der ersten beiden Sätze gestaltete er zwar in äußerst effektvollem Fortissimo, aber diese Ausbrüche waren kaum vorbereitet und auch nicht durch die Gesamtdisposition plausibel gemacht. So lebte Symphonie mehr von einzelnen schönen Stellen als von einer schlüssigen Gesamtanlage. Dem Publikum war's recht so: Es verabschiedete die Musiker mit stürmischem Beifall in die Sommerpause. Ihre Meinung ? Schreiben Sie uns einen Leserbrief |
© 2001 Online Musik Magazin
http://www.omm.de
- Fine -