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Träume und Traumhaftes
Von Gordon Kampe
Denn Auftakt machte das Werk Im Kopf, des italienischen Komponisten Fabio Nieder: Die Besetzung, bestehend aus fünf Sängern und vier Röhrenglocken, vermochte eine sehr sakrale Stimmung zu schaffen. Das Stück wurde auch für den Kirchenraum geschaffen und hätte dort sicherlich größeren Eindruck hinterlassen. Zum größten Teil besteht die Musik aus statischen Akkordebenen, die sich durch den Schlag auf eine Röhrenglocke in eine andere Position erhebt, nur recht kurz sind aufgewühltere Passagen, die dann aber die stärkste Wirkung zeigen. Sehr interessant sind auch jene Passagen, in denen die Glocken ausschwingen dürfen, wodurch sich wundervolle Schwebungen einstellen können. Der sehr lange Text von Jakob Böhme kann gar nicht verstanden werden - und das ist schade - steht das Stück doch in sehr enger Beziehung zu ihm, so bleibt ein etwas ratloser Eindruck zurück. Charlotte Seithers Waters, Earth and Air ist ein enorm feinsinniges und leises Werk. Die genau abgestimmten Klänge haben zumeist fragilen Charakter und zeugen für ein sehr waches Ohr der jungen Komponistin. Das Werk ist mit Bassflöte, Bassklarinette, Klavier und Schlagzeug besetzt sowie mit einer Frauenstimme, die einen "Text" in einer am Italienischen angelehnten Kunstsprache vorträgt. Trotz aller Feinsinnigkeit wünschte man sich wenigstens manchmal einen deutlicheren Standpunkt, das Ausruhen auf "funktionierenden" Klängen ist etwas zu wenig.
Erst nach der Pause wurde wieder "traumhaftes" gegeben: Olga Neuwirths Nova/Minraud für eine Singstimme und Zuspielband. Letzteres enthielt ein Konglomerat aus Science Fiction Klängen und unheimlich gefärbten Sprechstimmen. Die Solistin hatte neben sehr virtuoser Stimm-Akrobatik noch eine Taschenlampen-Choreographie auszuführen, was im vollkommen vedunkelten Raum eine spukhafte Stimmung erzeugen konnte.
Aus unerklärlichen Gründen immer weiter ging das letzte Stück Schuberts Traum von Johannes Kalitzke, der sein durch das großartige Ensemble VARIANTI und den Neuen Vocalsolisten Stuttgart interpretierte Stück selbst leitete. Der eigentliche Höhepunkt des Abends war aber schon vorbei, als die Vocalsolisten vier Madrigale von Gesualdo (1560-1613) sangen. Dieser fügte sich wunderbar zwischen der Neuen Musik ein und mit seinen irrsinnigen harmonischen Wendungen und Überraschungen, schien er eigentlich viel moderner zu sein, als seine zeitgenössischen Kollegen dies selber glauben.
Fazit: Traumhafte Interpreten, aber sehr realistische Stücke.
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- Fine -