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2. Sinfoniekonzert in der Stadthalle Wuppertal am Dienstag, 30. September 1997

Georges Bizet: L'Arlesienne Suite Nr.2
Jean Guillou: Concerto Heroique für Orgel uund großes Orchester
Camille Saint-Saens: Sinfonie Nr. 3 c-moll op. 78 "Orgelsinfonie"

Jean Guillou, Orgel
Sinfonieorchester Wuppertal
Manfred Mayrhofer, Leitung


Orgel vom Feinsten - leider nicht für jedermanns Ohren

Beim zweiten Wuppertaler Sinfoniekonzert bewies allein das Publikum Provinzcharakter

Von Tobias Burgsmüller

Zum ersten "richtigen" Orgelkonzert lud das Sinfonieorchester Wuppertal an diesem Dienstag Abend. "Richtig" in sofern , als daß das Prachtinstrument im großen Saal der Stadthalle nach Wasserschaden und Einweihungskonzert nun zum ersten Mal im laufenden Betrieb der Sinfoniekonzerte zum Einsatz kam. Dem Anlaß einer solchen Premiere entsprechend stand mit dem Franzosen Jean Guillou dann auch ein Solist von Weltruhm auf dem Programm. Nach diversen Schelten, die sich die Wuppertaler Sinfoniker in der näheren Vergangenheit (auch von uns) anläßlich wechselhafter Qualität hatten anhören müssen, durfte man gespannt sein, ob und wie weit das Orchester hinter der Leistung des Solisten zurückstehen würde.

Um es mit einem Wort vorwegzunehmen: Sie taten es nicht im Geringsten ! Geschlossen wie lange nicht mehr präsentierten sich die Wuppertaler das gesamte Konzert über in Höchstform. Sieht man von minimalen Intonationsschwächen der Holzbläser gleich zu Beginn von Bizets Arlesienne-Suite ab, so muß die Leistung der Musiker als technisch wie musikalisch einwandfrei gelobt werden. Und spätestens im Menuett der Suite machten die Bläser ihre anfänglichen Unsicherheiten mit überaus einfühlsamem und brillant aufeinander abgestimmtem kammermusikalischem Zusammenspiel vergessen. Besonders hervorzuheben ist die Transparenz, die das Orchester trotz extrem großer Besetzung an diesem Abend ausmachte. Selbst in Saint Saens Orgelsinfonie, deren klangliche Ausmaße wohl am ehesten mit dem Wort monumental beschrieben werden können, gelang es den Musikern unter dem engagierten Dirigat Manfred Mayrhofers stets, den Saal mit einer klaren, differenzierten und keineswegs schwülstigen Musik zu füllen. Offensichtlich gewöhnen die Wuppertaler sich immer besser an die zwar hochgelobte, in der Vergangenheit aber doch immer wieder als eigenwillig aufgefallene Akustik "ihres" Konzertsaals.

Absoluter Höhepunkt des Abends (zumindest aus der Sicht des Rezensenten) war das an zweiter Stelle im Programm stehende Concerto Heroique aus der Feder des Solisten selber. Das 1953 komponierte und 1988 überarbeitete einsätzige Werk ist nicht nur fern jeder Harmonik, sondern in weiten Teilen auch fern jeglicher Melodik, besteht es doch über lange Phasen allein aus faszinierenden Klang-Clustern, effektvollen Schlagzeug-Einwürfen, verbunden mit zeitweise improvisationsartig wirkenden hochvirtuosen Orgel-Läufen. Guillou ist mit diesem Werk ein unglaublich packendes und vom ersten bis zum letzten Ton spannendes Stück zeitgenössischer Musik gelungen. Verbunden mit der überragenden Leistung von beiden, Solist und Orchester, wurde die Aufführung somit zum Erlebnis und lies die nach der Pause aufgeführte Orgelsinfonie regelrecht verblassen. Schade nur, daß neben dem Verfasser dieser Rezension offensichtlich nur Wenige im Publikum Gefallen an dem Werk fanden. Schade in sofern, als daß der Genuß der Wenigen, die bereit waren, sich auf die Musik einzulassen, empfindlich von der zunehmenden Unruhe im Publikum gestört wurde, schade insbesondere aber auch für Herrn Guillou, dessen Applaus nach der Aufführung unverdient schwach ausfiel. Gefeiert wurde er erst nach seinem vergleichsweise anspruchslosen Part in der Orgelsinfonie, eine Tatsache, die seine Leistung an diesem Abend in ein völlig falsches Licht setzt.

Bleibt zu hoffen, daß derart offen bekundeter Mißmut im Publikum die Veranstalter zukünftig nicht davor zurückschrecken läßt, auch weiterhin zeitgenössische Musik ins Programm aufzunehmen. Die Gefahr, den Programmen mehr und mehr Wunschkonzertcharakter zu geben, ist in Zeiten häufig schlecht besuchter Konzerte groß. Mit diversen alternativen Konzertsälen in der näheren Umgebung würde Wuppertal dann aber endgültig in einer provinziellen Bedeutungslosigkeit verschwinden !



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