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Montag, 08.02.1999, 20.00 Uhr, Wuppertal - Hauptkirche Unterbarmen
Petr Eben zum 70. Geburtstag

Petr Eben:
Aus "Sonntagsmusik" für Orgel (1958): Fantasie I, II
Vier Choräle und Choralimprovisationen für Orgel (1998, UA)
De nomine Caeciliae für mittlere Stimme und Orgel (1994)
Aus "Sonntagsmusik" für Orgel: Moto ostinato, Finale

Aus "Okna" (Fenster) nach Marc Chagall: Blaues Fenster (Con moto persisitente), Grünes Fenster (Andantino pastorale)
Aus "Vier Biblische Tänze" (1992): Tanz von Jephtas Tochter
Lied der Ruth für mittlere Stimme und Orgel (1970)
Aus "Faust" (1976): Studentenlieder
Aus "Okna" für Trompete und Orgel (1970): Rotes Fenster (Risoluto e dramatico), Goldenes Fenster (Festivo)

Stefan Kordes, Orgel
Elisabeth Graf, Alt
Karel Jokusch, Trompete
Petr Eben, Einführung



"Offene Fenster des Himmels"

Konzert zum 70. Geburtstag von Petr Eben in Wuppertal

Von Oliver Kautny - Wuppertal, 8.02.1999

Der Literat und Theologe Albrecht Goes schrieb 1980: "Die Veränderungen der Welt, so groß sie auch sind, haben ihre Grundfesten nicht berührt".

Ein Fall ästhetischen Anachronismus?

Auch in der Musik hat sich ungeachtet aller moderner, säkularisierter oder modereligiöser Tendenzen eine ganz besondere musikalische Welt in der Welt erhalten: bis heute schreibt die christliche Kirchenmusik eine Geschichte weiter, in der sie ihre Wurzeln mittelalterlicher 'musica sacra' in ästhetische Formen der Moderne tradiert.

Wie man sich nun in der Unterbarmener Kantorei versichern konnte, gibt Petr Eben beredtes und klingendes Zeugnis für diese Tradition.
Anläßlich seines 70. Geburtstages standen eine Auswahl seiner Werke aus den letzten 40 Jahren auf dem Programm des Konzertes, das vom WDR mitgeschnitten wurde.

Ebens Musik werden kaum Schlagworte gerecht. Noch weniger scheint es angemessen, ihr mit Kategorien wie modern oder klassizistisch beizukommen. Bereits in "Sonntagsmusik" für Orgel wurden Ebens Formwille zur motivischen Verarbeitung und sein Bezug zu tonalen Mustern deutlich, auch wenn die Grenzen zur klassischen Tonalität klar überschritten werden. Kantor Stefan Kordes eröffnete übereugend das Programm mit den ersten beiden Fantasiesätzen aus der Sonntagsmusik.

Die anschließende Uraufführung der "Choräle und Choralimprovisationen für Orgel" machten deutlich, was Ebens Musik u.a. vom Gros der profanen Zeitgenossen unterscheidet.
Bei ihrem künstlerischem Anspruch kann sie - wie nur in diesem einen Falle ausdrücklich von Eben betont - funktionalen Charakter haben. Eben komponierte diese Stücke für den Gottesdienst. Sie ist im besten Sinne Gebrauchsmusik. Sicher undenkbar für viele Komponisten außerhalb dieser kirchlichen Welt.

Schließlich beeindruckt Ebens Musik durch eine von ihm lebhaft illustrierte Symbolik, wie sie man in dieser geschlossenen Bedeutungshaftigkeit selten findet. Für christliche Komponisten wie Eben öffnen sich in ihrer Kunst noch buchstäblich Fenster (Okna) zu einem unzerbrochenen Sinnkosmos, der avantgardistischen Kunstwissenschaftlern eine hermeneutische Gänsehaut bereiten würde.

Hier scheint noch klar, was gut und böse, wie Eben im Kampf des baßostinaten Weltgetümmels im Moto ostinato (Sonntagsmusik, 3. Satz) gegen die Melodie des Guten aufzeigte.

In der Wirkung besticht Ebens Musik gerade in ihrer perkussiven Anlage. Wie in den Schlußsätzen seiner Sonntagsmusik entfaltet sie vor allem durch zwingende, repetitive Rhythmik große Emotionalität und Expressivkraft.

Auch in der Gestaltung von Klangfarben hat der Tscheche ein feines Gespür: - wie in seinen "Chagall-Vertonungen" zu hören. Und zu sehen!, denn neben einführenden Worten Ebens sorgten Dias von Chagalls Glasfenstern ( Jerusalemer Krankenhaus) für ein synästhetisches Erlebnis.

Es gibt aber auch Anfragen an Ebens Kompositionen. Wie vertägt sich der Anspruch der uraufgeführten Werke als liturgische Musik und ihrem - angesichts eher konservativer Gottesdienstbesucher - sehr modernen Duktus? Manches schien zudem sehr gewollt - ich denke dabei an das apotheotische Finale aus der Sonntagsmusik, die mir nicht so zwingend und konsequent aus der Durchführung zu folgen schien, wie man aus Ebens Vortrag hätte erwarten können.

Getragen war dieses vorzügliche Konzert von einer packenden künstlerischen Leistung von Elisabeth Graf, Karel Jokusch und Kantor Sefan Kordes - und natürlich: vom bezaubernd bescheidenen Charme Petr Ebens.



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