Online Klassik - Rezensionen
Homepage zurück e-mail Impressum



Dienstag, 26.01.1999, 20.00 Uhr, Stadthalle Wuppertal
Kleine Dienstagsreihe: Klangraum Stadthalle (2)


Arvo Pärt: Cantus in memoriam Benjamin Britten
Giacinto Scelsi: das 4. der "Quatro pezzi per orchestra"
Johann Sebastian Bach: Contrapunctus XVIII aus der Kunst der Fuge BWV 1080 für Orchester gesetzt von Jochen Neurath
Jochen Neurath: 3 Stücke
György Ligeti: Poème symphonique für 99 Metronome
Charles Ives: The Unanswered Question

Sinfonieorchester Wuppertal
Johannes Harneit, Leitung



Experiment Stadthalle

Von Oliver Kautny - Wuppertal, 3.02.1999

Es dürfte sich von der Konzeption dieses Konzerts um das vorläufig interessanteste Ereignis der Wuppertaler Spielzeit gehandelt haben. Harneit trat mit dem Anspruch an, aus Stücken des Barock, der klassischen Moderne und 'Avantgarde' eine 'Symphonie' zu konzipieren und den Klangraum der historischen Stadthalle "mit den Ohren faßbar zu machen". Daß dieses Programm mit explizit Neuer Musik perzipierbar war, lag sicherlich an Harneits stringentem Konzept: Wie verbindet man Pärt, Scelsi und Bach miteinander? Scelsis Werk (fast nur die Variante eines Tons)nahm den Glockenton aus dem (hervorragend dargebotenen) Cantus auf. Bachs Fuge lag wiederum in der Dominantspannung zum Italiener etc...Harneit konnte dies in einer Einführung pädagogisch geschickt vermitteln.

Außerdem wußte das Konzert durch eine vollig neue Raumakustik zu überzeugen und machte sicherlich viele eher konservative Hörer neugierig: Pärts Glocke ertönte z.B. aus dem Saalende oder Ives unbeabtwortete Frage war quadrophon angelegt.

Schließlich wurde man mit völlig neuen Stücken konfrontiert. Der junge Komponist Jochen Neurath hatte den letzten Kontrapunkt aus Bachs Kunst der Fuge orchestriert und auch eigene Orchesterwerke vorgestellt. Leider war die spannende Bachuraufführung ein riskantes Unternehmen. An manchen Stellen wünschte man sich nur noch, daß alle unbeschadet das Ziel erreichen würden. Harneit konnte hier ausnahmsweise keinen souveränen Eindruck vermitteln. Fazit: Endlich bewies das Wuppertaler Sinfonieorchester Mut zum Risiko, ganz andere Wege zu gehen. Überzeugend wie selten wurde hier der Anspruch auf Musikkultur jenseits von Abonentenerwartungen eingelöst. Ein gelungenes Konzept, eine angemessene künstlerische Leistung. Leider holte einen das z.T. provokant biedere Publikum wieder auf den provenziellen Boden der Tatsachen. Es stimmt schon traurig, daß Ligeti nach 30 Jahren von einigen immer noch wie ein Ufo bestaunt und von nicht wenigen verständnislos abgetan wird.



impressum zurück e-mail Impressum
©1998 - Online Musik Magazin
http://www.omm.de