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Dienstag, 12.01.1999, 20.00 Uhr, Stadthalle Wuppertal
5.Sinfoniekonzert


Peter I. Tschaikowsky: Violinkonzert D-Dur op. 35
Ludwig van Beethoven: Symphonie Nr. 3 Es-Dur op.55 "Eroica"

Sinfonieorchester Wuppertal
Carl St. Clair, Leitung



Alte Meister in der Stadthalle

Von Michael Gutmann - Wuppertal, 22.01.1999

Es ist schon etwas Besonderes und noch Ungewohntes, wenn der Wuppertaler Konzertgänger, für den vor noch nicht allzu langer Zeit spärlich gefüllte Säle ein alltäglicher Anblick waren, ein Konzert mit einem der "Amerikaner" erleben darf. Der erste Eindruck wurde geprägt durch die vielen traurigen Gesichter vor und im Foyer der Stadthalle, die Zettel mit der Aufschrift "Karten dringend gesucht" anstatt des gewohnten Textes "Verkaufe ..." dem Eintretenden entgegenhielten. Und ein bis auf den letzten Platz gefüllter großer Saal erzeugte eine ganz eigene Spannung vor dem Beginn des Konzerts.

Die Aufführung berühmter Stücke alter Meister ist eine heikle Angelegenheit in Zeiten, in denen man sich nach eigenem Geschmack unter einer Vielzahl von CD-Einspielungen die perfekte Interpretation für den "heimischen Konzertsaal" zulegen und so oft hören kann, wie es einem gefällt. Gerade das Violinkonzert D-Dur op. 35 von Peter I. Tschaikowsky, das zu den schwierigsten Stücken für Solo-Violine zählt, stellt besondere Ansprüche an den Live-Auftritt, da hier im Gegensatz zur CD-Aufnahme, deren Perfektion nicht selten das Resultat mehrfacher Wiederholungen oder geschickt zusammengestellter Teilaufnahmen ist, die Interpretation auf Anhieb stimmen muß.

Umso mehr wunderte es dann doch, mit welcher (Nach-)Lässigkeit sich der Routinier Igor Oistrakh der Aufgabe widmete. Über das gesamte Stück hinweg wirkte die Darbietung lieblos, die cantabilen Teile wurden zu schwülstig interpretiert und die virtuosen mit einer Tendenz zur Unsauberkeit abgespult. Ein Lob gebührt jedoch dem Orchester und dem Dirigenten. Die vom Solisten teilweise diktatorisch gesetzten Tempi wurden vom Orchester mit Flexibilität und Anpassungsfähigkeit aufgenommen, wobei Carl St. Clair die hier und da entstehenden Verwirrungen souverän löste.

Im zweiten Teil hatte dann das Orchester die Möglichkeit zu zeigen, was es als "Solist" zu leisten imstande war. Beethovens dritte Sinfonie stellt hohe Anforderungen an die musikalische Gestaltung, vor allem im ersten und zweiten Satz, wo die Hauptthemen in stetiger Wiederholung mit nuancierten Veränderungen entwickelt werden. Hier konnte jedoch St. Clair mit weiten Spannungsbögen die Monumentalität des Werkes überzeugend herausarbeiten, ohne daß das Stück auch nur eine Sekunde ermüdend oder langweilig wirkte. Das Orchester lieferte eine bewundernswerte Leistung, vor allem die Streicher glänzten durch perfektes und diszipliniertes Zusammenspiel. Ich habe selten eine so mitreißende Aufführung der Eroica erlebt, die in vielen Bereichen an meine geliebte Karajan/Berliner Philharmoniker - Aufnahme heranreichen und sie durch die Live-Erfahrung sogar übertreffen konnte. Es ist halt doch etwas anderes, wenn man selbst dabei gewesen ist ...



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