Mit dem Hilliard Ensemble konnte der Bayerische Rundfunk ein hochkarätiges Ensemble nach München holen, um an der Gestaltung von Arvo Pärts 1995 entstandener Litanei mitzuwirken. Klanglich konnten die vier hoch artifiziell agierenden Künstler auch in bewährter Art überzeugen, dennoch gelang ihnen genauso wenig wie dem üppig instrumentierten Orchester und dem Chor des BR (übrigens bestens in Form), das Stück den Zuhörern näher zu bringen. Die 24 Stundengebete des 344 in Antiochia geborenen Johannes Chrysostomos verklangen in englischer Sprache ohne bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Und das lag weder daran, dass Pärt nach eigenen Aussagen zum Minimalismus neigt noch dass der künstlerische Leiter des Abends Marcello Viotti an dem Stück keinen Anteil genommen hätte; als Hauptproblem der "Paradisi Gloria"-Reihe kristallisiert sich der Veranstaltungsort heraus.
Einerseits gibt es - auch in München - nur wenige Kirchen, die allein von den Platzverhältnissen in der Apsis für die großen geistlichen Werke des 20. Jahrhunderts geeignet sind, andererseits wird genau dies der St. Gabriel-Kirche zum Verhängnis: ein Kontakt zwischen Musizierenden und dem auch am Samstag wieder zahlreich erschienenen Publikum ist nicht gegeben. Verstärkt wird dies durch ein hoch aufgebautes Podest, so dass schon das Orchester fast drei Meter über den Zuhörern agiert. Eine Klangtrichterkonstruktion im hinteren Chorraumbereich soll Einiges vom sich verschluckenden Chorklang in das Kirchenschiff retten, erfüllt aber ihre Aufgabe offensichtlich nicht zur Genüge.
Dies alles sind Probleme, mit denen die auf das ganze Jahr 2000 angelegte Reihe wohl weiter leben muss. Vielleicht kann ein wenig Experimentieren bei der Aufstellung doch noch Einiges verbessern.
Das zweite Werk, das erklang, war Bohuslav Martinus Feldmesse von 1939. Das Stück besticht durch seine ungewohnte Besetzung: jeglicher Verzicht auf Streicher, dafür neben den Bläsern neun verschiedene Schlaginstrumente sowie Klavier und Harmonium. Gesanglich korrespondiert ein Solobariton mit dem Männerchor. Martinu wollte die Messe "auf dem Feld" aufführen lassen. Sie war eine Hommage an die Befreiungsbewegung der tschechischen Exilkolonie in Südfrankreich und hätte von den Soldaten selbst aufgeführt werden sollen. Dazu ist es wohl nicht gekommen. Am Samstag trug Ivan Kusnjer die Baritonpassagen nach sehr patriotischer Lyrik des Tschechen Jirí Mucha voller Klang und Inbrunst vor, und die Männerstimmen des Bayerischen Rundfunkchors korrespondierten damit sehr intensiv - gerade in den leisen a capella-Passagen der Schlusstakte lief der Chor zu klanglicher Höchstleistung auf.