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Samstag, 30. Januar 1999, 20.00 Uhr, Kölner Philharmonie
Deutschlandfunk Extra (5)

Carl Maria von Weber: Ouvertüre zu 'Oberon'
Béla Bartók: Konzert für Klavier und Orchester Nr. 3, Sz. 119
Johannes Brahms: Sinfonie Nr. 4, op. 98


Gerhard Oppitz, Klavier
SWR Radio-Sinfonieorchester Stuttgart
Ltg.: Heinrich Schiff


Gerhard Oppitz überzeugt mit Bartóks 3. Klavierkonzert

Von Silke Gömann

Die etablierte Konzertreihe Deutschlandfunk Extra in der Kölner Philharmonie trifft generell auf ein reges Publikumsinteresse. Beim fünften Konzert dieser Saison spielte das SWR Radio-Sinfonieorchester Stuttgart unter seinem Gastdirigenten Heinrich Schiff vor ausverkauftem Hause ein zwar gängiges Programm, bei dem jedoch die künstlerische Interpretation aufhorchen ließ.

Zu Beginn legte das Orchester eine blitzsaubere, vor Musizierfreude nur so sprühende Oberon-Ouvertüre von Carl Maria von Weber hin. Romantische Stimmungszeichnung gelang aufs vortrefflichste. Heinrich Schiff spornte vor allem seine Streicher ordentlich an. Schon in dieser über ein bloßes Einspielstück hinausgehenden Ausführung zeigten die Radio-Sinfoniker Stuttgart ihre Fähigkeiten als homogener Klangkörper, bei dem sich vor allem die Bläser (Hörnergruppe und erster Flötist) auszeichnen konnten.

Ob man Zuhörer eines sehr guten oder nur soliden Konzerts ist, erweist sich häufig bei den Instrumentalkonzerten. Denn dort zeigt sich, ob die Kombination eines ‚berühmten' Solisten mit einem gutem Orchester auch ohne Bruchstellen zu einer gelungenen Gesamtinterpretation aufgeht. An diesem Abend paßte tatsächlich alles zusammen. Nun verleitet die Partitur des dritten Klavierkonzerts von Béla Bartók einen Orchestermusiker auch gerade nicht dazu, seine Stimme eben mal so herunterzuspielen. Höchste Konzentration und Aufmerksamkeit ist Pflicht, will man nicht den Anschluß, die Takt- und Tempiwechsel verpassen. Heinrich Schiff hatte sein Orchester bestens instruiert und dirigierte selbst äußerst genau, wohingegen er beim Weber und später beim Brahms eher nur die größeren Linien vorgab.

Als in sich ruhender Pol erwies sich, wie man es von ihm gewohnt ist, der Pianist Gerhard Oppitz. Fern jeglicher Tastendonnerattitüde präsentierte Oppitz seine außergewöhnlichen Fähigkeiten einer kontrollierten aber immer inspirierten musikalischen Auseinandersetzung mit der Partitur. Fast spielerisch und vom Tempo zunächst gemäßigt ging Oppitz an den Rahmensätze heran. Auf technische Brillanz verstehen sich alle Konzertpianisten, aber nur wenige vermögen aus dem langsamen Satz des Bartók-Konzerts wirklich etwas zu machen. Welch unterschiedliche Intensität und klangliche Nuancen Oppitz den Choraleinsätzen sowie dessen Umspielungen einzuschreiben verstand, wäre allein schon den Konzertbesuch wert gewesen. Orchestermusiker und Pianist hörten sich gegenseitig zu, so daß nie ein Bruch zwischen den einzelnen Teilen des Satzes auftrat. Die Bläser brillierten dann im Mittelteil des Satzes. Die Interpretationsleistung hätte wahrlich mehr Beifall verdient gehabt, aber das Publikum blieb recht emotionslos.

Anders verhielt es sich dann bei der vierten Sinfonie von Johannes Brahms. Der Wiedererkennungseffekt ist dabei ja auch um vieles größer als beim manchmal recht spröden Bartók. Bis auf den dritten Satz, der leider etwas plakativ und übermotiviert (Triangel) erschien, gestaltete Heinrich Schiff diese letzte Brahms-Sinfonie sehr überlegt. Den ersten Satz ließ er sukzessiv aus den Terzenketten zu einem großen Spannungsbogen heranwachsen. Wer mit der Architektonik der Partitur vertraut war, hatte Gelegenheit die einzelnen Details genau nachvollziehen zu können. Der langsame Satz wurde dann wie beim Bartók am eindruckvollsten interpretiert. Der weitausladende letzte Satz mit der Passacaglia hätte jedoch überzeugender aufgebaut werden können. Die Höhepunkte in den einzelnen Variationen wurden manchmal verschenkt. Erst in der Coda erlaubte Schiff seinen Musikern ein befreites Ausmusizieren.

Zu den Besprechungen der früheren Konzerte Deutschlandfunk Extra (1), Deutschlandfunk Extra (2), Deutschlandfunk Extra (3) und Deutschlandfunk Extra (4),



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