3. Konzert: Freitag, 8. Mai 1998
Russisches Nationalorchester Ltg.: Mikhail Pletnev
Überraschend sein Eingang in das Hauptthema des ersten Satzes. Beiläufig, fast verhalten stellte er diese Melodie vor. Doch welche Gestaltungsmöglichkeiten dieser 'unbestimmte' Beginn zulassen sollte, demonstrierte Berezovsky im weiteren Verlauf des Satzes. Immer nachdrücklicher wußte er diese Melodie als Hauptthema des ersten Satzes zu entwickeln. Überhaupt setzte der Solist andere Akzente, stellte gerade nicht nur die Virtuosität in den Vordergrund. Für den Hörer bedeutete dies, sich von standardisierten Interpretationen zu befreien. Das Publikum goutierte Berezovskys Ausführung mit wahren Begeisterungsstürmen. Als einziger Wehmutstropfen muß jedoch das über weite Strecken gegen die Pianisten-Auffassung anspielende Orchester genannt werden, die Berezovskys Sicht auf dies Klavierkonzert teilweise unterliefen. Auftrumpfen konnten die Orchestermusiker immer dann, wenn Sie die Möglichkeit hatten, eine Richtung vorzugeben - so z.B. den quasi choralhaften Beginn des Intermezzo. Dieses gegeneinander Musizieren führte nicht selten zur 'bloßen' Blockhaftigkeit, da Berezovsky auch dann nicht von seinem verhaltenen, sich immer erst entwickelnden Spiel abbringen ließ.
Spielfreude und Kompetenz vereinigten sich dann beim Orchester in den drei programmusikalischen Orchesterminiaturen Baba Jaga, Der verzauberte See und Kikimora des Rimskij-Korsakow Schülers Anatol Liadow. In Liadows Miniaturen versammeln sich für den westeuropäischen Hörer die als typisch russisch etikettierten Klangfarben und Tonsprache. Vor allem die Ausführung des zweiten Stücks Der verzauberte See hatte fast eine magische Wirkung auf das Publikum. Mikhail Pletnev zeigte sich als konsequenter Streiter für Liadows Orchesterkompositionen. Gestik und Mimik waren äußerst sprechend, nicht mehr das verhaltene Dirigat des ersten Konzerts.
Den Schlußpunkt setzte dann eine gleichfalls mehr den einzelnen Bildern des Balletts nachspürende Interpretation von Strawinskys dritter Feuervogel-Suite aus dem Jahr 1945. Hierbei demonstrierten die Musiker wie schon in den ersten zwei Konzerten ihre hohen solistischen Fähigkeiten. Das Kölner Publikum war mehr als nur zufrieden, doch Pletnev ließ sein Orchester ohne Zugabe sehr schnell vom Podium.
Will man ein abschließendes Fazit aus diesem Konzertzyklus mit dem Russischen Nationalorchester ziehen, dann muß konstatiert werden, daß das Orchester und sein Dirigent Mikhail Pletnev nicht ganz den hohen Erwartungen genügten. Denn zu unterschiedlich waren die Leistungen bei den Konzerten, von denen nur der erste völlig zu überzeugen wußte.
Unsere Besprechung der ersten beiden Konzerte des Zyklus Russisches Nationalorchester