Online Klassik - Rezensionen
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Sonntag, 26. Oktober 1997, 20.00 Uhr, Kölner Philharmonie
Sonntagabendkonzerte 2

Charles Ives Country Band March
The Indians
At the River
Ragtime Nr.4

Aaron Copland Music for the Theatre für Kammerorchester

Astor Piazolla Tango >>La Mufa<< bearbeitet für Violine und Kammerorchester von John Adams

Philip Glass Facades für Orchester

John Adams Konzert für Violine und Orchester

Gidon Kremer, Violine
Deutsche Kammerphilharmonie Bremen

Ltg.: John Adams


Von Silke Gömann

Ein Konzert zum Wohl fühlen - John Adams ‘Happening’ in der Kölner Philharmonie Ach wie schön unbeschwert und fern allen klischeehaften Ernstes und der Tiefe deutscher Kunstmusik kann ein reiner Konzertabend mit amerikanischer Musik des 20. Jahrhunderts sein...!

Daß es im Kölner Publikum eine nicht gerade kleine Fangemeinde des Amerikaners John Adams gibt, zeigte sich schon bei einem Konzert im Rahmen der Musiktriennale im Mai dieses Jahres. Damals sahen Schostakowitschs 15. Sinfonie sowie das 2. Klavierkonzert von Béla Bartók gegenüber Adams Komposition ‘Lollapalooza’ in der Publikumsgunst ganz alt aus. Welch ein Freudentag war deshalb der vergangene Sonntag für die treuen Anhänger: John Adams leitete höchstpersönlich die kongenial spielende Deutsche Kammerphilharmonie Bremen sowie den Solisten Gidon Kremer durch seine Kompositionen. Vervollständigt wurde das Programm mit liebgewonnenen Kompositionen exemplarischer Komponisten einer ‘amerikanische Musik’ im 20. Jahrhundert.

Schon die Interpretation der vier kleinen Stücke von Charles Ives zeigte deutlich, daß Orchester und Dirigent ihren Spaß hatten. Der Funke sprang dann auch sofort auf die recht jungen Zuhörer über. Wer bitte schön erlaubt sich denn nach einem Satz spontan zu klatschen oder zu lachen?! Dies geschah schon nach dem ersten Stück, dem witzig ausgeführten ‘Country Band March’. Wer so überzeugend den Charakter einer Komposition trifft, darf sich nicht wundern, wenn das Publikum zu ‘ungewohnten’ Rezeptionsformen findet. Dennoch Dirigent und Orchester waren leicht irritiert. Auch das fulminante Spiel des Klarinettisten - typische Spieltechnik und Klangfarbe einer Jazzklarinette umsetzend - führte zu Szenenapplaus bei der Music for Theatre von Aaron Copland. Die einzelnen MusikerInnen des Orchesters spielten auf höchstem Niveau, das mancher Solisten nicht erreicht. Nur den zwei Sopransaxophonisten in Philip Glass’ ‘Facades’ hätte etwas mehr innere Ruhe für die Melodielinie dieser Komposition gutgetan.

Den John Adams Enthusiasten zum Trotz sei erwähnt, daß die Stücke Astor Piazollas in ihrer angestammten Besetzung mehr Furore machen. Zu brav wirkte vor allem die Adamsche Bearbeitung von ‘La Mufa’, da konnte sich Gidon Kremer noch so sehr um spezifischen ‘Tango-Charakter’ bemühen. Unwidersprochener Höhepunkt des Abends war natürlich John Adams Violinkonzert. Mit Gidon Kremer stand der Solist der europäischen Erstaufführung von 1994 auf dem Podium. Vom künstlerischen und musikalischen Niveau hätte man sich keine eindrucksvollere Interpretation vorstellen können, insbesondere die Toccata wurde mitreißend gestaltet. John Adams, Komponist und Dirigent in Personalunion, sowie Solist und Orchester durften sich zurecht feiern lassen.

Eine ketzerische Bemerkung kann sich die Rezensentin abschließend jedoch nicht verkneifen: So ganz ohne ‘deutsche’ Traditionen bzw. Rezeptionshaltungen kommt auch das heutige junge Publikum nicht aus, denn hinter der Verehrung John Adams und enthusiastischen Aufnahme seines Dirigats eigener Kompositionen tauchen in der Wissenschaftlerin doch wieder die Begriffe vom schöpferischem Genie, Heldenverehrung und einer originalen, höchste Authentizität beanspruchenden Werkinterpretation auf.



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