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Klassik-Rezensionen

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Logo: Triennale Montag, 29.05.2000, 20.00 Uhr
Wiederholung: 30.5.2000, 20.00 Uhr
Köln, Philharmonie
Köln-Zyklus der Wiener Philharmoniker 2

Im Rahmen der MusikTriennale Köln

André Previn (*1929): Diversions (1999)
Samuel Barber (1910 - 1981): "Knoxville" Summer of 1915 op.24 (1947)
Dmitrij Schostakowitsch (1906 - 1975): Sinfonie Nr.5 d-Moll op.47 "Das Werden einer Persönlichkeit" (1937)


Barbara Bonney, Sopran
Wiener Philharmoniker

Ltg.: Sir André Previn



Bedrohte Schönheit

Sir André Previn ist ein unscheinbarer, leicht gebeugter älterer Herr. Wenn er am Pult steht, dann dirigiert es wie nebenbei, als ob er beim Hören einer CD die Partitur studiert. Ein bißchen den Takt mitschlagen, ab und zu eine Geste zu dieser oder jener Instrumentengruppe, viel mehr gibt es nicht. Ist das Stück zu Ende, dann klappt er die Partitur zu und geht. So einfach kann dirigieren sein.

Und das tollste daran: Es funktioniert wirklich... So unspektakulär das Dirigat, so spektakulär das Ergebnis. Man hätte, wäre dieses Bild nicht einem Sinfoniekonzert gänzlich unangemessen, die berühmten Stecknadeln fallen hören können, so sehr schlug das Orchester das Publikum in seinen Bann. Nicht nur der vielgerühmte Klang (die Homogenität innerhalb des Orchesters ist sensationell), sondern auch die Präzision, die Souveränität - die "Wiener" sind perfekt aufeinander eingestellt, und Previn hat in den Proben ganz offensichtlich hervorragend gearbeitet.

Natürlich ist Previn alles andere als überflüssig. Seine sparsame Zeichengebung setzt Akzente und strukturiert, und er denkt in großen Bögen: Jedes Detail, jede Entwicklung steht ganz natürlich im Kontext des gesamten Stückes. Alles ist außerordentlich intelligent disponiert und klingt so selbstverständlich, als könne es überhaupt nicht anders sein. Durch diese Stringenz ergibt sich eine außerordentlich fesselnde Form des Musizierens, die auf grelle Effekte (die sich gerade bei Schostakowitsch fast aufdrängen) verzichtet.

Man Schostakowitschs Fünfte schärfer, dramatischer gestalten, aber Previns Interpretation war tief beeindruckend. Die Spannung entwickelt sich von innen, geht von den immer wieder drängenden Nebenstimmen aus. Durch den hinreißenden Klang des Orchesters wird alles veredelt, aber dieser Wohlklang ist durchaus kein Selbstzweck. Auch mit dem großen symphonischen Atem wird man dem heiklen Stück mit der ins groteske überzeichneten Apotheose gerecht: Bei Previn ist das Finale jedenfalls bedrückend, Jubelstimmung (die die Sowjet-Führung bei der Uraufführung begeistert wahrgenommen zu haben glaubte) kommt mitnichten auf.

Begonnen hatte das Orchester mit einer musikalischen Visitenkarte, die der Dirigent persönlich "seinen" Musikern komponiert hat: Die Diversions von 1999, verspielt wie der (neoklassizistische) Strawinsky und freundlich tonal mit gelegentlich eingestreuten Dissonanzen, boten Gelegenheit zu vielen solistischen Kabinettstückchen. Bei Samuel Barbers verträumter "Knoxville"-Fantasie war Barbara Bonney eine ausgezeichnete Solistin: Mit klarer Stimme und fast kindlicher Naivität wurde sie der lyrischen Partitur bestens gerecht. In die Schönheit des amerikanischen Landlebens mischten sich kleine, aber deutliche Zeichen der Bedrohung. Aber so viel Schönheit wie an diesem Abend macht ohnehin wehmütig.

Von Stefan Schmöe



Da capo al Fine

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